242 - Im Fadenkreuz
behielten die beiden Gefährten ihre Waffen im Anschlag.
Während Chacho abwechselnd von den toten Barschbeißern im Hintergrund zu den vermeintlichen Menschen in der Schleuse blickte, beobachtete Aruula die beiden Männer der Gruppe aus schmalen Augen. Sie traute ihren Augen nicht: Diese Männer glichen einander wie Brüder, und sie wiesen eine nicht zu übersehende Ähnlichkeit mit General Crow auf! Der Ärmel des einen war über der Schulter zerfetzt. Tiefe Striemen zogen sich durch die nackte Haut darunter. Doch von Blut keine Spur! Die Gedankenbilder, die sie von den Kahlköpfen beim flüchtigen Lauschen empfing, waren zu verstümmelt, um etwas aus ihnen lesen zu können.
Doch ihr Instinkt sagte ihr, dass es sich bei den beiden keineswegs um Verwandte des Generals handelte. Eher um die Ausgeburten irgendeiner bösartigen Zauberei. Ihr Blick glitt hinüber zu den Frauen. Nur ihre Haartracht unterschied die beiden voneinander. Eine hatte einen blonden Lockenkopf. Die andere trug ihre langen schwarzen Haare zu einem Zopf gebunden. Knapp über den Augenbrauen waren sie gerade abgeschnitten.
Die Schwarzhaarige schien die Anführerin der Gruppe zu sein. Jedenfalls wandte sie sich jetzt an einen der kahlköpfigen Männer. »Kümmert euch um das männliche Subjekt«, befahl sie mit harter Stimme.
Neben Aruula sog der Einsiedler hörbar die Luft ein. Ein grimmiger Ausdruck lag auf seinem Gesicht. »Bleibt, wo ihr seid!«, rief er. Seine Stimme klang drohend und seine Harpune zielte abwechselnd auf jeden der Eindringlinge. Doch weder seine Harpune, noch seine Worte machten Eindruck auf Crows Leute. Mit ausdruckslosen Gesichtern verteilten sie sich auf einer imaginären Linie und näherten sich den Gefährten. Ihre Bewegungen wirkten dabei langsam und steif.
Als wären sie gerade aus einem langen Schlaf in der Kälte erwacht, dachte Aruula und rückte näher an Chacho heran. Haben sie deswegen so lange gebraucht, um hier aufzutauchen? Haben sie geschlafen?
Die Angreifer zogen ihre Umzingelung enger. »Wo, verflucht noch mal, sind ihre Waffen?«, raunte der Einsiedler ihr zu. »Ich kann doch nicht auf wehrlose Menschen schießen.«
»Sie sind nicht wehrlos«, behauptete Aruula. Sie deutete auf die schwarzhaarige Frau, in deren erhobener Hand eine Stichwaffe glänzte. Außerdem sah sie, wie der Kerl mit dem aufgerissenen Ärmel seinen Finger in einer eindeutigen Geste auf den Einsiedler richtete. Instinktiv packte die Barbarin Chacho an der Schulter und drückte ihn nach unten. Kaum waren sie hinter den Überresten des Barschbeißers in Deckung gegangen, flirrten schon glänzende Geschosse über ihre Köpfe hinweg und schlugen in die Wand hinter ihnen.
Fluchend brachte der Einsiedler seine Harpune in Position. Doch als er Kopf und Waffe über die löchrige Deckung hob, peitschte ein dünner Strang heran und wickelte sich gedankenschnell um seine Harpune. Fast wurde sie ihm aus den Fäusten gerissen, als sich der Strang abrupt spannte.
Gleichzeitig hörte Aruula ein pfeifendes Geräusch über sich. Im nächsten Moment traf ein zweiter Strang ihren Schwertarm. Sie keuchte vor Schmerz, als er sich wie ein Eisendraht um ihren Oberarm legte. Mit ihrer Linken bekam sie das dünne Seil zu fassen und zog es mit einem heftigen Ruck zu sich heran. Doch die Fessel gab keinen Millimeter nach.
Plötzlich stand die Schwarzbezopfte breitbeinig vor ihr, und ihr kalter Blick fixierte die Barbarin. Aruula bekam große Augen, als sie sah, dass das vermeintliche Seil das ausgefahrene Fingerglied der Frau war. Ihr Herz schlug schneller: Das hier waren keine Menschen, sondern Maschinen!
Killermaschinen!
Doch kampflos würde sie nicht aufgeben. Wütend griff ihre Linke nach dem Knauf des Schwertes. Während die Schwarzhaarige sie mit ihrem künstlichen Finger zu sich zerrte, nutzte Aruula die Zugkraft und stürzte sich schreiend auf ihre Angreiferin. Die machte einen Satz nach hinten. Gleichzeitig landete mit einem weiten Sprung ihre blonde Kampfschwester neben ihr. Mit einer einzigen Bewegung warf sie ihren Tentakelfinger nach der Barbarin aus. Aruula sprang zur Seite und hieb mit ihrem Schwert danach. Mit einem ratschenden Geräusch durchtrennte die Klinge den Strang.
Doch die blonde Frau zuckte nicht einmal mit der Wimper. Stattdessen benutzte sie ihre andere Hand und umschlang blitzschnell Aruulas Handgelenk. Klirrend fiel ihr Schwert zu Boden. In der nächsten Sekunde landete sie, von unmenschlichen Kräften ausgehebelt,
Weitere Kostenlose Bücher