242 - Im Fadenkreuz
seine Sinne waren wieder auf das Fleisch gerichtet, das er dort im Eistunnel zu finden hoffte. Mit angespannten Muskeln schlüpfte er hinein. Während sein geschmeidiger Körper vorwärts glitt, waren weder sein Knurren, noch seine scharrenden Krallen zu hören. Die Eiswände verschluckten jedes Geräusch.
Tatzentritt um Tatzentritt näherte er sich der Quelle des Geruchs. Und schließlich hatte er sie fast erreicht: einen leblosen Schuppenschleicherkörper, dessen Hinterteil quer über dem Pfad lag. Sein vorderer Teil war verschwunden in einem Loch, das aus einer Seitenwand des Eistunnels klaffte.
Aus ihm vernahm Sables feines Gehör jetzt ein Scharren und Zischen, ein Schnaufen und Kreischen. Es klang nach Kampf und es roch nach Zorn, nach Feuer und nach dem fleischlosen Wesen. Wütend legte der Sebezaan seine Ohren an. In ihm tobte der Hunger. Diesmal würde er sich von nichts und niemanden vom Fressen abhalten lassen!
Er machte einen gewaltigen Satz und landete hinter dem Tierkadaver. Dort brach er mit Pranken und Säbelzähnen den schuppigen Leib auf und schlug seine Reißzähne in das blutige, dampfende Fleisch. Während er Stück um Stück heraus riss und gierig verschlang, spähte er in das Loch, aus dem immer noch der Kampflärm dröhnte.
Er sah in eine Felsenhöhle, deren Boden mit blutigen Schuppenkadavern bedeckt war. Dazwischen entdeckte er den zerrissenen Körper eines fleischlosen Wesens. Vier andere dieser merkwürdigen Geschöpfe umringten den letzten lebenden Schuppenschleicher. Sable machte zwei Weibchen und zwei Männchen aus. Letztere glichen dem, mit dem er in den Eisspalt gestürzt war. Nur hatten diese hier keinen Fellschopf auf ihren blanken Schädeln. Anders die Weibchen. Eines hatte einen Schwarzschopf, das andere einen Weißschopf.
Gemeinsam attackierten sie den Schuppenschleicher mit Feuer und Eisenkugeln aus ihren gestreckten Fingergliedern. Wütend bäumte der Schuppenschleicher sich auf. Während sein fischartiger Schädel über die Köpfe seiner Angreifer zuckte, drang ein ohrenbetäubendes Kreischen aus seinem geöffneten Rachen. Erst als ein Feuerstrahl ihm die Kehle aufschlitzte, verebbte es zu einem Gurgeln. Und als der nächste Strahl sich in sein Auge bohrte, krachte der Schuppenschleicher ächzend zu Boden.
Sable duckte sich schnell hinter den angefressenen Fleischhaufen. Er war satt und müde und hatte keine Lust auf einen Kampf mit diesen lebenden Dingern und ihren Feuerfingern.
Für eine Weile wurde es still in der Felsenhöhle. Dann hörte der Sebezaan eine Stimme schnarren. »Penthesilea ist zerstört. Sonst gibt es keine Verluste.« Die ausgestoßenen Laute kamen von einem Weibchen der Fleischlosen. Danach vernahm der Sebezaan nur noch ein Rascheln und Scharren.
Vorsichtig hob er seinen pelzigen Schädel. Die Dinger hatten sich allesamt an eine glatt geschliffene Felsenwand zurückgezogen. Irgendetwas an dem Stein hatte wohl ihre Aufmerksamkeit geweckt. Was es war, konnte Sable nicht sehen. Ihre dunklen Körper versperrten ihm die Sicht. Nach einer Weile hörte er wieder die Stimme des Weibchens. »Der Zugangscode ist noch aktiviert. Wir müssen nur die Entertaste drücken, um das Schott zu Öffnen!«
***
Dicht beieinander knieten Aruula und Chacho auf der anderen Seite des Schotts. Der Kampflärm in der Schleusenvorhöhle hatte aufgehört. Das Kreischen der Barschbeißer war verstummt. Jetzt glaubten sie eine menschliche Stimme zu hören. Verwundert schauten sich die beiden an.
»Das kann nur bedeuten, dass dieser General Crow nicht alleine gekommen ist«, flüsterte der Einsiedler der Barbarin zu. »Mich wundert nur, dass sie erst jetzt auftauchen.«
Wie auf ein stilles Kommando hin erhoben sie sich und zogen sich hinter das Barschbeißerskelett in die Mitte der Schleuse zurück, das ihnen die einzige Deckung bot. Angespannt beobachteten sie das Schott.
»Wir müssen damit rechnen, dass sie das Tor öffnen können«, raunte Chacho. Kaum hatte er die letzten Worte ausgesprochen, als die hydritischen Zeichen auf dem Metall zu leuchten begannen und das Tor, wie von Geisterhand bewegt, aufschwang. Der Einsiedler legte seine Harpune an und Aruula hob ihr Schwert.
Doch statt der erwarteten schwer bewaffneten Soldaten betraten zwei Männer und zwei Frauen die Schleuse. Sie trugen weder Waffen, noch Uniformen. Allesamt waren sie in schwarze oder rotbraune, eng anliegende Lederanzüge gekleidet. Obwohl sie nicht gerade einen gefährlichen Eindruck machten,
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