243 - Das namenlose Grauen
herbekommen?« Alexandra Cross hob ratlos die Augenbrauen.
»Oder wir graben’s einfach ein«, meinte Trashcan. »Ohne Sprengstoff. Bloß mit Erde, Sand und Salz.«
»Das Ding gehört in die Luft gejagt!«, ereiferte sich Louis Stock. »Wenn es in die Stadt eindringen will, bleibt uns nur diese Chance!«
»Wir könnten zumindest mit einer kleinen Ladung eine Probesprengung machen, ehe wir uns in die Nesseln setzen«, schlug der grauhaarige Diego Garrett vor.
»Probesprengung!«, echote Stock. »Die beweist doch gar nichts! Zerfetzen wir das Ding mit allem Sprengstoff, den wir haben! Das überlebt nichts und niemand!«
Black kürzte die Diskussion ab: »Wer ist für einen Sprengtest?« Alle hoben die Hand außer Stock – und den beiden Novizen. Sie kamen mit einem eigenen Vorschlag:
»Und wenn wir es mit Heiligem Wasser übergießen? Mit Weihwasser?« Bruder Mercy richtete sich wichtigtuerisch auf. Er verschränkte seine Arme vor dem Lederponcho mit dem Kreuz.
»Es hat in einem See gebadet«, meinte Loola spitz. »Fahrt doch auf den Motorrädern raus und segnet ihn. Vielleicht wirkt das ja nachträglich.«
Wieder sah sich Black genötigt, einen Streit abzublocken. »Die Mehrheit ist also für eine Probesprengung«, sagte er in energischem Ton. »Der Vorschlag ist hiermit angenommen.«
Stock setzte sich wütend wieder hin und sprach während der weiteren Diskussionen überhaupt nicht mehr. Irgendwann stand er auf und verschwand einfach.
»Da ist aber jemand angepisst«, merkte Loola an.
Am Ende der Konferenz fasste Mr. Black die Beschlüsse zusammen. »Wir werden dem Ding also zunächst mit einem Nixon entgegenfahren und sehen, wie es auf den Sprengstoff reagiert. Ist die Aktion erfolgreich, wird weiter verfahren wie geplant. Wird es ein Fehlschlag, muss der Sprengstoff schnellstmöglich aus der Grube entfernt werden; wir lagern ihn dann nahe des Ford-Theaters in der allein stehenden Ruine. Anschließend versuchen wir das Ding in die Grube zu locken, um es mit Salz und Erde zu begraben. So weit ich weiß, haben wir noch zwei restaurierte alkoholbetriebene Bagger, die wir dafür einsetzen können.«
»Gut.« Auch Alexandra Cross erhob sich. »Falls das alles nichts bringt, sollten wir eine Evakuierung Waashtons in Erwägung ziehen. Die Bevölkerung muss frühzeitig gewarnt werden, damit die Bürger die Möglichkeit haben, ins Umland zu fliehen. Im Pentagon-Bunker können wir nicht alle Menschen unterbringen.«
Mr. Black nickte. »Das wäre der letzte Schritt. Hoffen wir, dass es so weit nicht kommt.«
***
Der Hohe Richter persönlich führte die Probesprengung durch, die klären sollte, wie der Angreifer auf Explosivstoffe reagierte. Mit einem Nixon und drei Mann Besatzung fuhr er der Kreatur entgegen. Nach vierzig Minuten tauchte sie vor den Linsen seines Binokulars auf. Sie durchpflügte unbeirrt die Ebene und hielt geraden Kurs auf Waashton.
Das erleichterte es, die Sprengkapsel auszulegen. Black ließ, als das Ding noch einen halben Kilometer entfernt war, den Panzer an einer Stelle stoppen, wo Felsen eine natürliche Passage bildeten. Er vergrub die gut tellergroße Kapsel im Erdreich und verwischte die Spuren. Dann ließ er den Panzer wenden und wieder einen Kilometer in Richtung der Stadt rollen. In der Linken hielt er den Auslöser für die Sprengkapsel, in der Rechten das Binokular. Mit Maximalzoom konnte er die Felspassage im Blick behalten, als stünde er unmittelbar davor.
Über Funk hielt Black Verbindung zu Präsidentin Cross. Er schilderte ihr und den bei ihr Wartenden, was weiter geschah.
»Jetzt sind es noch zwanzig Meter bis zur Kapsel… noch zehn … Wenn sich sein vorderer Rand über der Ladung befindet, löse ich aus. Jetzt!«
Er presste den roten Knopf der Funkfernbedienung und schloss gleichzeitig die Augen, um nicht geblendet zu werden.
Ein Lichtblitz blühte zwischen den Felsen auf. Als eine halbe Sekunde später der Detonationsdonner heran rollte, öffnete Black die Augen wieder.
Zuerst sah er nichts als aufgewirbelten Dreck. Er schwenkte das Binokular nach links und rechts – und tatsächlich: Das Umfeld der Felsen war von giftgrün leuchtenden Fragmenten übersät!
»Treffer!«, gab Mr. Black durch, noch ohne Emotion in der Stimme. Nicht die Sprengung selbst, sondern die nächsten Sekunden waren entscheidend.
Und dann… bewegten sich die Einzelteile! Wie die Kids es vorausgesagt hatten, krochen sie schon nach wenigen Augenblicken autark weiter, glitten zurück
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