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244 - Der dunkle Traum

244 - Der dunkle Traum

Titel: 244 - Der dunkle Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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Brust. »Eine gute Idee«, entgegnete Aldous. Er stand auf. »Ich bin bald zurück.« Er nickte und verließ den Speiseraum.
    Kaum war die Tür ins Schloss gefallen, setzte sich Victorius an den Tisch. Rulfan war verblüfft. »Ich dachte, wir –«
    »Mein Vater ist tatsächlich in der Nacht heimgekehrt, aber er schläft noch und weiß nichts von deiner Anwesenheit«, gab der Prinz zu. »Verzeih die kleine Lüge. Ich wollte mit dir allein sprechen, ohne diesen Aldous.«
    »Ah.« Auch Rulfan setzte sich wieder hin. Er mochte es nicht, wenn Victorius abfällig über seinen Meister sprach. »Und warum?«, fragte er mit Schärfe in der Stimme.
    »Folgendes: Ich mache mir Sorgen um dich, mon ami«, kam Victorius gleich zur Sache. »Du bist nicht mehr derselbe Rulfan, den ich kannte. Etwas ist mit dir geschehen. Ich kann es nicht genau erklären, aber ich spüre…« Er machte eine Bewegung, als rinne ihm Wasser durch die Finger. »… ich spüre, dass du verzweifelt bist.«
    »Ich bin einfach etwas älter geworden. Zufriedener. Milder.«
    Victorius lachte. »Ich bitte dich, weißer Mann! Vor einem Jahr hast du Matt in keiner Hinsicht nachgestanden und nun habe ich den Eindruck, einen verschüchterten kleinen Jungen vor mir zu haben, der Wut und Angst mit sich rumschleppt.«
    Rulfan fuhr sich mit der Hand über die Haare, eine laszive Geste, welche Victorius erneut veranlasste, die Stirn zu runzeln. »Incroyable! Du müsstest dich mal erleben. Nervös, unsicher, konzentriert auf irgendetwas, das dich im tiefsten Inneren beunruhigt… Hat es etwas mit Daa’tan zu tun?«
    »Unsinn!«, wehrte Rulfan an.
    »Und warum nennst du diesen alten Mann ›Meister‹? Der Rulfan, den ich kannte, würde niemals leichtfertig jemanden seinen Meister nennen.«
    »Wer sagt dir, dass ich es leichtfertig tue?«
    Victorius schnaufte. »Du hast recht… ich kenne deine Beweggründe nicht, und zu nahe treten möchte ich dir selbstverständlich auch nicht…«
    Rulfan lächelte und legte Victorius eine Hand auf den Arm. »Er hat mir das Leben gerettet, Victorius.«
    »Was ist geschehen?«
    Rulfan berichtete von dem Absturz im Gebirge, und Victorius zog die Augenbrauen hoch. »Der Alte hatte eine… Vision? Deshalb wusste er so genau, wo man dich nach deinem Unfall finden würde?«
    Rulfan bejahte.
    »Und das findest du ganz normal?«
    Rulfan lachte heiser. »Du weißt doch selbst, dass in dieser Zeit und Welt nichts normal ist. Vielleicht hat er hellseherische Fähigkeiten. Wie du gestern Abend schon meintest: Die Welt ist voller Überraschungen, und Aldous ist eine davon.«
    »D’accord! Also bringe ich dich jetzt zu Daa’tan. Du wirst aber nicht mit ihm reden können, dafür ist das Glas zu dick.«
    »Das Glas?«, echote Rulfan.
    Victorius grinste. »Ich sehe, ich muss dir zuerst einiges über die Geheimnisse des Kerkers erzählen, mein Freund.« Ihm schwoll die Brust vor Stolz. »Der Kerker ist eine bauliche Meisterleistung, absolut ausbruchsicher. Ich bin schon gespannt, was Matt dazu sagen wird, wenn er zurückkehrt.«
    Erst einmal kehrte aber ein anderer zurück: Aldous. Er blickte misstrauisch von einem zum anderen. »Die Audienz beim Kaiser ist schon beendet?«
    »Er hatte nur wenig Zeit«, entgegnete Victorius. »Wichtige Staatsgeschäfte… Ich war gerade dabei, Rulfan über den Kerker zu berichten, in dem Daa’tan und Grao eingesperrt sind.«
    Aldous Miene hellte sich auf. »Interessant – erzählt weiter!«
    Victorius ließ sich nicht lange bitten. »Ein Großteil der Pläne wurde von mir entworfen. Ich habe sie noch irgendwo. Wartet…« Er verschwand nach nebenan und kam eine halbe Minute später mit mehreren Rollen unter dem Arm zurück. »Glaubt mir, das war keine einfache Sache.« Victorius klatschte die Rollen auf einen Tisch und wischte sie mit den Handflächen auseinander. »Nur wenige glaubten daran, dass es möglich sei, einen Pflanzenmagier und einen Gestaltwandler einzusperren. Doch uns blieb keine Wahl, denn wir konnten die Gefangenen ja nicht die ganze Zeit unter Betäubung halten. Und immerhin hatten wir Matt und Aruula versprochen, ihren Sohn bis zu ihrer Rückkehr unbeschadet sicherzustellen.«
    »Interessant«, flüsterte Aldous, in die Zeichnungen vertieft. »Sehr interessant!«
    Einen irritierenden Moment lang warf Victorius einen Blick auf den Alten, dann fuhr er fort: »Der Boden um den Kerker herum wurde im Umkreis und bis in eine Tiefe von zehn Metern keimfrei gemacht. Die zum Bau verwendeten Materialien

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