2448 - Tage der Angst
fühlte sich schon jetzt leer und ausgebrannt. Diese Last war zu groß für ihn. Ihm fehlte Kamukos Wissen ebenso wie ihre praktische Erfahrung, die sie im INTAZO und während ihrer Einsätze in Tare-Scharm gewonnen hatte.
Unmöglich!, protestierte Ki-Myo lautlos. Ich kann diese Erwartungen nicht erfüllen! Du musst einen der Schohaaken an meiner Stelle wählen, ARCHETIM!
Die Superintelligenz schwieg.
Du musst mich verstehen, ARCHETIM! Ich bin darauf nicht vorbereitet; ich werde versagen, weil ich zu langsam reagiere, weil ...
Sein gedanklicher Aufschrei brach ab, denn seine Spiegelbilder drängten heran. Vergeblich sein Versuch, sie auf Distanz zu halten, seine Fäuste drangen durch sie hindurch wie durch fahlen Nebel, und dann bäumte er sich auf, als sie mit ihm verschmolzen, eins mit ihm wurden – und wieder schwanden ihm die Sinne.
ARCHETIM schwieg.
*
Erster Geschützoffizier Karkkuum blickte aus seinen vier übergroßen Facettenaugen auf ihn herab, und seine beiden meterlangen Antennenfühler pendelten dicht über Ki-Myo. Aber noch wagte der Habbanuu nicht, ARCHETIMS Gesandten tatsächlich zu berühren. Im allerletzten Moment schreckte er vor seiner eigenen Courage zurück.
„Er ist es ... und er ist es nicht ...", verstand Ki-Myo die raschelnde Sprache des Insektoiden.
Ein schwarzgelbes Fleckenmuster versperrte ihm danach die Sicht. Khou Aggouh hatte sich zwischen ihn und die Gaffer geschoben. Der Haryni gehörte zu den größten der Zentralebesatzung. Seine hauteng anliegende Kombination war allzu leicht wirklich mit seiner Haut zu verwechseln. Das beste Unterscheidungsmerkmal, fand Ki-Myo, war die dem Kleidungsstück fehlende typische dünne Schleimschicht.
„Wo du gewesen bist?", zischelte Aggouh.
„Hier!"
Falsche Antwort. Ki-Myo erkannte das an der aufgeregt vorschnellen Fangzunge des Haryni.
„Du fort warst, Kommandant-Gesandter", zischte der Ortungsoffizier stockend. „Wir fürchteten ..."
„Wie lange war ich weg?", unterbrach Ki-Myo.
General Ki-Myo, hallte es in ihm nach. Eben noch war er versucht gewesen, den Schwächeanfall seiner Überanstrengung zuzuschreiben, schließlich hatte er während der letzten Tage wenig Schlaf gefunden, von zusätzlichen Erholungspausen gar nicht zu reden.
Aber schon erschien es ihm, als hätte er nicht nur fantasiert.
„Wenige Minuten. Drei oder vier", antwortete der Erste Offizier, ein Schohaake. Die gemischte Besatzung des Flaggschiffs bestand überwiegend aus Schohaaken. Ki-Myo hatte Mühe, sich die Namen aller zu merken, mit denen er zwangsläufig zu tun hatte, seit er Kamukos Vertretung in der Schiffsführung übernommen hatte.
„Mir geht es gut." Eine Lüge? Nein, er fühlte sich in der Tat besser als eben.
Aber das würde sich genauso rasch wieder ändern, fürchtete er.
Mit einer nachdrücklichen Handbewegung schob Ki-Myo das lästig pendelnde Fühlerpaar des Habbanuu zur Seite. Da der Haryni Aggouh gleichzeitig zurückwich, konnte er ungehindert auf das große Holo der Außenbeobachtung sehen.
Brodelnde Helligkeit beherrschte die Wiedergabe. Der Sonnenball der Superintelligenz hatte sich der TAROSHI offenbar weit angenähert.
„Ich war bei ARCHETIM", sagte Ki-Myo wie beiläufig. „Die Finale Schlacht wird in Kürze beginnen."
„Was ist mit Generalin Kamuko?", rief jemand aus dem Funkbereich.
Beinahe gleichzeitig erklang ARCHETIMS mentale Stimme. Ki-Myo hörte die Superintelligenz ungewöhnlich laut. Er zweifelte nicht daran, dass die Botschaft auf allen Schiffen deutlich zu vernehmen war.
Generalin Kamuko wird vorerst nicht zur Flotte zurückkehren. Aber die Finale Schlacht steht bevor. Also wird Ki-Myo, mein Gesandter, unsere Schiffe zum Sieg führen. General Ki-Myo genießt meine Wertschätzung in jeder Hinsicht.
Jetzt wäre der Zeitpunkt gewesen, seine Bedenken zu artikulieren. Danach, fürchtete der Aeganer, würde es zu spät sein. Trotzdem zögerte er. Weil er keine andere Wahl hatte, als sich zu fügen. Seine Sicht der Dinge erlaubte es nicht, ARCHETIMS Entscheidungen zu kritisieren.
Tief in seinen Gedanken vermischten sich Versagensängste und eine neue Zuversicht. Ki-Myo meinte eine flüsternde Stimme zu hören, die ihn anspornte, ihn vorwärts trieb. Es war seine eigene Stimme.
Die Flotte wird in den nächsten Stunden an ihre Ausgangsbasis für die Schlacht verlegt, fuhr ARCHETIM fort.
Der letzte Hyperknoten des KORRIDORS ist stabilisiert und bereit, alle Schiffe und die GESETZ-Geber
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