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245 - Geisterstadt Washington

245 - Geisterstadt Washington

Titel: 245 - Geisterstadt Washington Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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weiter verwunderlich war: Er aß nur noch wenig und trank keinen Tropfen Alkohol mehr. Seine Frau hätte die Hände vor dem Gesicht zusammengeschlagen, wenn sie ihn in diesem abgespeckten Zustand sehen würde.
    Würde sie aber nicht! Stock griff gedankenverloren nach seiner Lederjacke. Seine Elli lag im Koma. Zwar standen die Chancen gut, dass sie wieder erwachen würde, doch ob sie sich jemals von den Verletzungen erholte, die das Schleimmonster ihr zugefügt hatte, bezweifelte der Bürgermeister. Jedenfalls würde sie nie wieder die Alte sein.
    Mit einem noch tieferen Seufzer zog er vorsichtig die Tür auf und lugte durch den entstandenen Spalt. Ein paar ältere Ladies schlurften schnatternd durch den Flur. Auf den Lagern gegenüber saßen Kinder und schauten sich Bücher an. Etwas abseits unterhielten sich zwei Männer über das Beben von gestern.
    Was machten all die Leute hier? Sie sollten doch längst beim Essenschöpfen sein. Louis Stock nagte an seiner Unterlippe. Also gut, würde er eben später seinen täglichen Besuch in der Krankenstation machen.
    Er wollte schon wieder die Tür schließen, als sich ein massiger Körper in den Türspalt schob. »Bürgermeister, alles in Ordnung?« Es war Reynolds, der Einzige seiner vier Schutzgardisten, den er nicht entlassen hatte. Ein kräftiger Kerl mit blondem Bürstenschnitt und Vollbart. Ein Mann von einfachem Gemüt, dessen Sache es nicht war, große Worte zu machen. Jetzt warf er ihm einen besorgten Blick zu.
    »Alles okee«, erwiderte Stock knapp. Er versuchte erneut die Tür zu schließen.
    Doch Reynolds wich keinen Millimeter zur Seite. »Mr. Black war hier. Er möchte Sie sprechen.«
    »Später, Reynolds. Nicht jetzt!«
    »Okee.« Ob nun begriffsstutzig oder einfach nur hartnäckig, der Schutzgardist blieb weiter im Türspalt stehen. Fast liebevoll erwiderte er Stocks grimmigen Blick. Nach einer Weile erst machte er einen Schritt zur Seite und deutete in den Flur. »Dann geh’n wir jetzt zur Krankenstation?«
    Entnervt gab der Bürgermeister nach. Er war nicht in der Verfassung, sich diesem Mann zu erklären. Außerdem, was spielte es für eine Rolle, ob er jetzt oder später aufbrach. Jeder Zeitpunkt war der Falsche.
    Mürrisch drängte er sich an Reynolds vorbei, blieb kurz stehen, bis dieser die Tür geschlossen hatte und ihn dann vorneweg durch den Flur geleitete. Mit ausholenden Schritten folgte er ihm. Sie passierten geöffnete Räume und unzählige Abzweigungen. Nur dumpf drangen die Geräusche von klapperndem Geschirr, jammernden Stimmen und weinenden Kindern an Stocks Ohren.
    Viel zu sehr war er mit Selbstvorwürfen beschäftigt. Du bist schuld! Du bist schuld an ihrer aussichtslosen Lage, brüllte es in ihm. Hastig warf er sich die Jacke über seine breiten Schultern. Obwohl es mit jedem Tag im Bunker heißer zu werden schien, fror Stock unaufhörlich. Eine Kälte, die von innen kam! Mit gesenktem Kopf und im Schutze des breiten Rückens von Reynolds gelang es ihm, sich den neugierigen Blicken Vorbeilaufender zu entziehen. Das änderte sich, als sie nach einer Biegung die Krankenstation erreichten: Im Nu wurden er und sein Begleiter von beunruhigten Bürgern belagert. Sie wollten von ihm wissen, wann die Verantwortlichen Waashtons endlich etwas unternehmen würden.
    »Gestern hieß es noch, das Schleimmonster würde sich zurückziehen. Heute heißt es, das Ding sei dabei, das gesamte Gebäude mit Mensch und Maus in sich einzusaugen und zu verdauen!«, rief eine aufgebrachte Frauenstimme.
    Stock machte eine vage Handbewegung. »Wilde Gerüchte«, erwiderte er matt. Hilfe suchend blickte er zu Reynolds. Der Mann tat sein Bestes, um vor ihnen den Weg frei zu machen. Doch von hinten drängten sich die Menschen an die Seite des Bürgermeisters. Ein alter Mann zerrte an seiner Jacke, bis diese zu Boden glitt. »Wozu haben wir denn diese Androiden? Die sollen einen Schacht zum Potomac graben. Dann fliehen wir über den Fluss«, schimpfte er.
    Louis Stock bückte sich nach seiner Jacke und schwieg. Als er sich wieder aufrichtete, begegneten ihm unzählige fragende Blicke. Sein Herz klopfte schneller und sein Magen zog sich schmerzhaft zusammen bei dem Gedanken, antworten zu müssen. Er wagte nicht, den Wartenden zu sagen, dass die Androiden vermutlich längst außer Gefecht gesetzt waren. Auch nicht, dass sämtliche Ausgänge durch den Schleim der Kreatur unpassierbar geworden waren und sich auch jeder gegrabene Schacht damit füllen würde.
    Einen

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