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2458 - Der zweite Dantyren

Titel: 2458 - Der zweite Dantyren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Schwierigkeiten mit Steuerung oder Astronavigation gehabt und daher reichlich Zeit für Perfektions-Training gefunden.
    „Nimm Platz", sagte Saul. Er räumte Kleidungsstücke vom einzigen Stuhl.
    „Willst du was trinken?"
    „Nein, danke. Bloß ein paar Minuten dein Ohr und vielleicht deinen Rat."
    Innerlich atmete er auf. Im Rahmen von Hochrisiko-Einsätzen kam es gar nicht so selten vor, dass Agenten, selbst derart abgebrühte wie er oder Atabinmek, sich mit sexuellen Aktivitäten von der Stressbelastung abzulenken versuchten.
    Er hätte ein solches Angebot Lipicas freundlich zurückgewiesen. Sie war, bei aller Wertschätzung, nun mal nicht sein Typ. Aber wie es aussah, blieb ihnen diese Peinlichkeit erspart. „Was verschafft mir die Ehre?"
    „Ich habe vorhin mit Bing Cinderlyn eine Partie Go gespielt."
    „Mit dem Piloten?"
    „Ja." Sie kaute auf ihrer Unterlippe herum, dann raunte sie: „Er betrügt."
    „Öhm ..." Bertram war nicht sicher, ob er verstand, worum es ging. „Inwiefern?"
    Sie wickelte sich einen ihrer kurzen, brünetten Zöpfe um den Zeigefinger der linken Hand. Ihre wassergrünen Augen blitzten. „Nicht nur, dass er ein Rüpel ist und ständig gegen die Etikette verstößt ... Du kennst das Spiel?"
    „Ich bin nicht sonderlich firm darin, doch die Grundzüge sind mir vertraut.
    Und ich weiß, dass es uralt ist."
    „Viele Jahrtausende und sehr komplex. Obwohl es mit wenigen Regeln auskommt und alle Steine gleichwertig sind. Anders als bei Schach oder Garrabo geht es nicht darum, den gegnerischen Oberbefehlshaber auszuschalten. Vielmehr gewinnt am Ende, wer sich das größere Gebiet gesichert hat, und sei es nur um einen halben Punkt."
    Saul begriff, was sie daran faszinierte. Es gab keine unterschiedlich starken Figuren, weder „König" noch „Dame" noch „Bischof", bloß identische, rang- und geschlechtslose Spielsteine.
    Diese wurden statt getötet maximal gefangen genommen. Nicht auf Totalvernichtung der Gegenseite zielte man ab, sondern darauf, in Summe einen etwas größeren Teil des Bretts für sich beanspruchen zu können.
    „Es heißt, die Beschäftigung mit Go lehre Demut, Gespür für Timing und Respekt vor dem Widersacher", sagte Bertram.
    „Leutnant Bing Cinderlyn sieht das anders. Er ist nicht sehr gut, von der Spielstärke her etwa zweiter oder dritter Kyu, während ich als Dan fünften Grades eingestuft werde. Trotzdem hätte er aufgrund des Vorgabe-Systems eine realistische Chance gegen mich.
    Aber das reicht ihm nicht. Deshalb kämpft er mit unlauteren Mitteln."
    „Ich dachte, das sei beim Go verpönt."
    „Ist es auch. Bing schert sich jedoch einen Dreck darum. Er nimmt bereits gesetzte Steine wieder weg, weil er es sich doch noch anders überlegt hat, oder verschiebt sie, sodass ihre Position unklar ist. Er schlägt ein Ko sofort zurück und behauptet, in seinem Stammklub sei das regelkonform. Ja, er entblödet sich nicht, dreist zu schummeln, indem er zusätzliche Steine platziert, wenn er sich unbeobachtet wähnt."
    „Klingt nach einem unerquicklichen Zeitgenossen. Sein Renommee als Pilot ist freilich erstklassig."
    Und das zählt bei unserer Mission allemal mehr, hatte Saul hinzufügen wollen. Er verzichtete darauf.
    Lipica Atabinmek war lang genug im Geschäft. Sie musste wissen, dass Spezialagenten häufig, nun ja, charakterliche Eigenheiten entwickelten. Die Nervenbelastung forderte ihren Tribut.
    Fast jeder bildete mit der Zeit die eine oder andere Macke aus. Jedenfalls war persönliche Nettigkeit keines der obersten Kriterien im Anforderungsprofil für Einsätze wie diesen.
    „Du fragst dich wahrscheinlich, warum ich nicht einfach vom Spieltisch aufgestanden und gegangen bin, nicht wahr?"
    Saul gab zu, dass sie seine Gedanken erraten hatte. „Du kannst es bei dieser einen Partie belassen. Niemand zwingt dich, erneut gegen ihn anzutreten."
    Er unterdrückte ein Gähnen und hoffte, dass sie es nicht bemerkte. Nach wie vor war ihm nicht klar, worauf Lipica eigentlich hinauswollte. „Im Übrigen sollten gerade wir uns nicht allzu laut über betrügerische Machenschaften beschweren. Ich meine, im Grunde ist dieses ganze Unternehmen schließlich ein einziger, gewagter Bluff, oder?"
    „Natürlich. Aber wir befinden uns im Krieg. Gegen TRAITOR, einen gigantischen Heerwurm, der uns in fast allen Belangen unendlich weit überlegen ist. Da gelten gänzlich andere Regeln als beim Freizeitvergnügen unter Kameradinnen. Außerdem, sieh mich an."
    Sie reckte sich,

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