2464 - Das Archaische Programm
„Fiktiv-Ankläger".
Wer Besuch von einem Tibirian Melech erhielt, der konnte nur hoffen, dass dieser ihm eine makellose Gesinnung attestierte. Zwar hatte Taffanaro nie erlebt, dass Tibirian Melech Besatzungsmitglieder bedroht oder gar getötet hätten. Doch waren auf ihre Initiative hin schon ganze Volksgruppen von CHEOS-TAI entfernt worden.
Und davor fürchteten sich die Heromet mehr als vor dem eigenen körperlichen Tod. Denn ohne den GESETZ-Geber hätten sie keinen Lebensinhalt mehr besessen.
„Sie schlafen oder sind tot", stellte Kafarain überflüssigerweise fest. „Das ist gut für sie und gut für uns alle."
„Dann sind auch sie im Zuge der Umstrukturierung in Stasis gelegt und bis heute nicht wieder geweckt worden", folgerte Taffanaro.
Er sah zu, wie die Servos sich zum Ausgang zurückzogen. Sie wollten nichts mit den Tibirian Melech zu tun haben. Und doch blieb ihnen keine andere Wahl. Die „Fiktiv-Ankläger" wussten mit Sicherheit, wie man mit den Fremden im GESETZ-Geber umgehen sollte.
„Willst du nicht mitkommen?", fragte Kafarain, der als Letzter unter der Tür stehen blieb.
„Doch, natürlich!" Taffanaro setzte sich in Bewegung. Sie wussten jetzt, wo sich das Stasiszentrum mit den Tibirian Melech befand. Vorerst bestand keine zwingende Notwendigkeit, sie aufzuwecken.
Vorsichtshalber brachte der TAI-Servo das energetische Siegel wieder an. Danach kehrten die Heromet auf dem schnellsten Weg in ihre Biosphäre zurück.
Essen und schlafen, danach weitersehen – es war Kafarain, der diese Devise ausgab. Taffanaro hatte nichts dagegen einzuwenden. Er reagierte ärgerlich auf die Meldung der beiden Außenwächter.
„Geräusche in der Peripherie der Sektion? Was soll das?"
Dann begriff er.
„Alarm! Weitersagen! Die Fremden stehen vor unseren Toren! Verriegelt alle Zugänge!"
Übergangslos arbeiteten alle Heromet Hand in Hand, so, wie sie es als Servos gewohnt waren. Niemand konnte ohne den nötigen Überrang-Status bis zu ihrer Biosphäre vordringen.
Dennoch rechnete Taffanaro damit, dass sie irgendwann einen Zugang finden würden.
„Ausruhen und eine letzte Mahlzeit einnehmen!", gab er als Losung aus.
„Danach verlassen wir die Heimat durch das Wasserwerk."
Ihm fiel die Biosphäre Karhet ein, in der er sich vor Ewigkeiten schon einmal aufgehalten hatte. Sie lag an der Grenze zu TAI-Kubus 6624-1839-577.
Taffanaro instruierte die Servos. „Wir schlagen uns einzeln dorthin durch."
*
Taffanaro empfand ein wenig Stolz.
Seine Angaben aus der Erinnerung heraus waren korrekt gewesen. Alle Servos hatten das Ziel erreicht und scharten sich um ihn. Auch wenn die Mentale Revision sie einen Großteil ihrer Erinnerungen gekostet hatte, in Situationen der Bedrängnis fielen ihnen spontan bestimmte Dinge ein. Er schrieb es den ausgeprägten Instinkten seines Volkes zu. Selbst nach 29 Millionen Jahren konnten sie sich hundertprozentig auf ihr Orientierungsvermögen verlassen.
Jetzt konnten die Fremden sie suchen, bis sie schwarz wurden. Sie würden in der Heimat-Biosphäre keinen einzigen Heromet finden, nicht einmal nennenswerte Spuren ihrer Anwesenheit.
„Wir setzen unsere Suche fort!", verkündete er. „Im TAI-Kubus 66241839-577 halten sich keine dieser Wesen auf, diese ...", es kostete ihn noch immer Überwindung, das Wort auszusprechen, „... Feinde!"
Vielleicht sollte er sie besser Eindringlinge nennen. Noch wusste kein Heromet, ob sie Feinde waren. Es hätte bedeutet, dass sie nicht im Auftrag der Kosmokraten arbeiteten, sondern in dem der Chaotarchen. Das waren Feinde. Fremde hingegen, unbeteiligte Wesen, die durch Zufall auf den GESETZ-Geber stießen und ihn durchsuchten, waren keine Feinde, sondern Eindringlinge, ungebetene Gäste.
Taffanaro hielt den Servos eine kurze Ansprache, in der er sie mit seinen Überlegungen vertraut machte. „Wir wissen nicht, was aus dem Steuergehirn von CHEOS-TAI geworden ist.
Warum hat es die Fremden nicht abgewehrt? Besaßen sie eine Legitimation? In diesem Fall müssten wir sie als die neue Besatzung des GESETZ-Gebers anerkennen."
Das erklärte nicht, warum die Fremden nach den Heromet suchten.
„Was tun wir, wenn es umgekehrt ist?", fragte Kafarain plötzlich. „Wenn sie uns suchen, weil wir die Servo-Unterstützung verweigern?"
„Es ist unlogisch", antwortete Taffanaro. „Hätten sie die Servo-Unterstützung absichtlich ausgelöst, würden sie sich mit den Steueranlagen auskennen. Das ist aber eindeutig nicht der Fall."
Es
Weitere Kostenlose Bücher