2467 - Mentale Revision
Vergangenheit.
Dies sollte ihm selbst vorbehalten bleiben, zumindest bis zu dem Moment, in dem es ihm gelang, die Mentale Revision vollständig rückgängig zu machen.
Ihr Einsatz hing mit dem zusammen, was in ihren Körpern vorging, davon war er mehr denn je überzeugt. Nur worin genau dieser Zusammenhang bestand, das war ihm noch unklar. Weshalb genau war die Erinnerung an die Vergangenheit ausgelöscht worden?
Das war die entscheidende Frage. Wenn er die Antwort fand, wusste er, warum ihre Körper den Zwangsmetamorphosen unterworfen waren.
Doch sosehr er sich konzentrierte, sosehr er versuchte, die Mauer der Mentalen Revision erneut zu sprengen – er fand in seinem Bewusstsein nicht einmal einen vagen Hinweis darauf, dass eine solche Mauer überhaupt existierte.
Inkh Selexon fragte sich, ob er die Grenze zum Wahnsinn womöglich längst überschritten hatte.
Der Druck, für einen GESETZ-Geber verantwortlich zu sein ... die Angst vor einer neuen spontanen Zwangsmetamorphose ... die ständige Anspannung und Streitigkeiten der Tibirian Melech untereinander, weil sie fürchteten, von einem anderen in den verhängnisvollen Prozess hineingezwungen zu werden ... die Frage, wann das alles eskalieren würde ... vielleicht war all das zu viel für seinen Verstand.
Doch würde er sich in diesem Fall diese Frage stellen können? Würde er seine geistige Gesundheit infrage stellen, wenn diese längst zerbrochen war?
Wohl kaum.
Mehr denn je bereute er, den Thermodyn-Ingenieur Eregitha Math Gaum nach dessen äonenlangem Schlaf getötet zu haben. Womöglich wäre dieser in der Lage gewesen, Antworten zu geben oder zumindest die eigene Mentale Revision rückgängig zu machen.
Welches Geheimnis war aus den Köpfen der gesamten Besatzung gelöscht worden? Es musste mit den Tibirian Melech und ihrer Metamorpher-Gabe zusammenhängen.
Erst als Kalitt Lindbak den Raum betrat und ihm mitteilte, dass seinem Befehl Folge geleistet worden war, bemerkte Inkh Selexon, wie viel Zeit vergangen war, die er mit grüblerischem Nachdenken verschwendet hatte.
„Wir sind allerdings nur noch 282", sagte Lindbak. „Nach dem Vorfall in der Zentrale sind noch einige gestorben. Es gab eine Metamorphose im Wohnbereich."
Selexon nahm es zur Kenntnis, kommentierte es jedoch nicht.
In der Zentrale blickte er auf die Versammelten, die in Reihen so standen, dass sie zu ihm aufschauen konnten, wenn er den Platz des Kommandanten betrat. Genau das tat er.
Er spürte, wie sich in der Zentrale Angst und Aggression paarten und eine düstere, morbide Atmosphäre schufen.
Jeder war bereit, sofort zuzuschlagen, den Nachbarn, der womöglich von einem Metamorphose-Zwang befallen wurde, notfalls zu töten, ehe dieser andere mit ins Verderben riss.
Die Tibirian Melech waren zu einem erbarmungswürdigen Volk geworden.
Zwar übten sie noch die Herrschaft über die Heromet aus, aber sie beherrschten weder das eigene Gedächtnis noch den eigenen Körper. Geschweige denn CHEOS-TAI.
„Mein Plan hat erste Erkenntnisse gebracht", sagte er. Dass es sich dabei nur um die Leistung der Vakaneten handelte, verschwieg er wohlweislich.
„Wir führen in unseren Körpern permanent genetische Schaltungen aus.
Das, was diese Schaltungen auslöst, ist mit großer Sicherheit paranormaler Natur."
Erregtes Gemurmel machte sich unter den Zuhörern breit. Niemand wollte mehr ruhig stehen bleiben.
„Paranormal", wiederholten die einen, „Mutantengabe", riefen die anderen.
Inkh Selexon sorgte für Aufmerksamkeit, indem er die Lautstärke seines Akustikfeldes erhöhte. „Diese genetischen Schaltungen führen jedoch zu keinem Resultat. Stattdessen erfolgen nur die bekannten metamorphischen Änderungen am jeweils eigenen Körper, während exakt in diesen Momenten starke paranormale Tätigkeit entsteht.
Mithilfe dieser paranormalen Tätigkeit versucht der Befallene, alle Tibirian Melech in der Nähe ebenfalls zur Metamorphose anzuregen. Dies ist keine Willensentscheidung, sondern geschieht ebenso zwanghaft wie die Metamorphose selbst."
Er erinnerte sich nur zu gut daran, wie er vor wenigen Stunden Ssalir Trumav ins Verderben gerissen hatte, ohne dies auch nur eine Sekunde beabsichtigt zu haben. Dass er sich gerade dadurch selbst hatte befreien können, war nur ein Nebeneffekt gewesen, den er nicht willentlich gesteuert hatte.
Irgendwo in der Menge schrie jemand, dann folgte das Geräusch eines dumpfen Schlages. Im ersten Moment fürchtete Selexon, nun würde die
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