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2473 - Verrat auf CRULT

Titel: 2473 - Verrat auf CRULT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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eingebläut hatten, stimmte.
    Zerberoff traute niemandem mehr; doch hätte er auch seine eigenen, trivialen Erfahrungen infrage gestellt, wäre ihm nur purer Nihilismus verblieben, völlige Haltlosigkeit.
    Er strauchelte, als er den rechten Fuß auf die Antigravrampe setzen wollte, die ihn in die Passagierkabine des Shuttles befördern sollte. Halb gehend, halb taumelnd, löste er den Mechanismus aus.
    Einige peinliche Sekunden rang er um sein Gleichgewicht.
    Ein Urbild der Souveränität gab er gewiss nicht ab, während ihn die fein flexiblen Traktorfelder nach oben und innen hievten.
     
    *
     
    „Zum Extern-Kontrollwerk!", befahl er mit Aroffs tiefer, sonorer Stimme. Und gleich darauf: „Haltestangen!"
    Bänke hätte es in der Kabine zur Genüge gegeben; mehrere Reihen davon, gut gepolstert. Aber er konnte nicht sitzen.
    Nicht mit seiner schrägen Anatomie ...
    Er hielt sich an den prompt projizierten, griffig rauen Stützstreben fest. Darauf gedrillt, Schwächen zu erkennen, sei es beim Feind oder den eigenen Hilfskräften, analysierte Zerberoff seine Situation.
    Mir geht es nicht gut. Ich bin entwurzelt und drohe den Boden unter den Füßen zu verlieren. Diese Ungebundenheit überfordert mich.
    Das Design des Flugtaxis war uralt, zweckmäßig, hässlich; desgleichen die verschachtelten, übereinandergetürmten Wohnhorste der Effremiten-Völker, über die der vom Autopiloten gesteuerte Shuttle hinwegglitt.
    Immer dasselbe, bei Xrayn!, immer das kotzig selbe.
    Andererseits ... Ödnis gab Sicherheit.
    Allein in einer flachen Wüste sah man Feinde meilenweit.
    Zerberoff stutzte. Was sollte diese verquere Metapher? Entgleisten seine Gedanken? Wurde er, der gefälschten, aufgepfropften Überzeugungen beraubt, allmählich wahnsinnig?
    Sein Magen rebellierte. Eine somatische Spiegelung der vollzogenen Rebellion gegen TRAITOR?
    Oder erste Anzeichen einer Krankheit? Hatte er sich bei den Terranern infiziert?
    In gewisser Weise: ja.
    Vor die freie Wahl gestellt, hatte er der Kolonne abgeschworen, die Seiten gewechselt, die Todsünde der Desertion begangen. Musste er nun erkennen, dass seine Entscheidung falsch gewesen war?
    Dass er mit der radikal veränderten Situation schlichtweg nicht zurechtkam?
    Er versuchte, den innerlichen Aufruhr zu besänftigen, indem er eine Zwischenbilanz zog. Es führte kein Weg zurück, richtig?
    Die Neutralisation der Krallen hatte den Schleier, der seinen Blick getrübt hatte, zerrissen. Er sah die Terminale Kolonne, wie sie wirklich war, sah auch sich selbst ohne die bisherige Verklärung.
    Keine Frage, Zerberoff hasste die Kolonne und was ihre Anatomen aus seinen beiden Persönlichkeiten gemacht hatten. Er war zur Dienstburg aufgebrochen, um sich an TRAITOR zu rächen, zumindest an einem greifbaren Teil davon: für sein verpfuschtes Leben, für seine doppelköpfige, qualvolle Existenz, für das Wissen, stets nur undurchschaubaren Interessen gedient zu haben.
    Wie ein dummer Sklave ...
    Andererseits bereitete ihm der Zustand der geistigen Freiheit beinahe noch größeres Unbehagen. Weil er Zeit brauchte, um sich daran zu gewöhnen?
    Oder weil er, nach der jahrhundertelangen Unterjochung, die gewonnene Schrankenlosigkeit des Denkens einfach nicht verkraften konnte?
    Was hasse ich mehr – die Gräuel der Vergangenheit oder die schrecklich ungewisse Zukunft?
    Danton hatte ihm nichts vorgemacht.
    Die Mediker der Milchstraße verfügten nicht über die Mittel, Zerberoff seine beiden ursprünglichen Körper, seine früheren, getrennten Leben wiederzugeben. Was ihm der Terraner anbot, war bloß eine vage Hoffnung: eventuell eine neue Heimat, eventuell Anerkennung, eventuell Freunde.
    Im Gegensatz zur rücksichtslosen Ausbeutung all seiner Kräfte, zum Missbrauch seiner Talente, zur einzigen Perspektive, die ihm geblieben wäre: nämlich irgendwann ausrangiert, ersetzt und ohne jeglichen Dank von TRAITOR vergessen zu werden.
    Die Kolonne kannte keine Heldengräber. Nicht länger Brauchbares wurde entsorgt, partiell recycelt – und aus.
    Friedhöfe, gar Mausoleen? Platzverschwendung! Ein einziges Denkmal gab es, in jedem Schiff: das „Monument des Unbekannten Chaosdieners", eine uralte Stele mit einer verwittert wirkenden Inschrift im kurzen Gang zwischen der Mannschaftskantine und den Latrinen.
    Niemand beachtet den Gedenkstein, jeder geht daran vorbei, ohne die Inschrift zu lesen. Ohne den Zynismus zu bemerken, die blanke Verhöhnung, die eigentlich leicht zu verstehende, ganz unverhohlene

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