2477 - Die GrÃŒndermutter
Rosado ihr Grab gefunden hat. Nach allem, was wir wissen, hat die Gründermutter vor etwa zweieinhalb Jahrtausenden die letzten Überlebenden der beiden Völker der Enthonen und Varia gesammelt und mit ihnen die Friedensfahrer ins Leben gerufen. Ohne das LICHT VON AHN wäre das nicht möglich gewesen, ohne den Schutz, den diese Entität ihr gab."
Kantiran wischte ihre Ausführungen mit einer Handbewegung beiseite. „Sie hat nicht all die Zeit überlebt, weil sie kein Lebensziel mehr hatte. Nein, glaub mir, sie wird die Gelegenheit nutzen und sich uns offenbaren. Jetzt naht der Kampf gegen eine Negasphäre, den sie gewinnen kann, und deswegen wird sie dabei sein!"
„Klammere dich nicht zu sehr an diese Hoffnung! Wir können eher von der Heißen Legion Hilfe erwarten. Die Legion, die Enthonen, die Hinterlassenschaften wie die OREON-Kapseln oder die Bahnhöfe, alles hängt miteinander zusammen ... und womöglich muss unser Ansatzpunkt nicht bei den Friedensfahrern direkt liegen."
Kantiran runzelte die Stirn. „Mh. Doch, genau bei den Friedensfahrern müssen wir ansetzen! Der neue Patron ..."
Cosmuel unterbrach ihn mit einem Lachen.
„Weißt du, was ich neulich getan habe?", fragte sie. „Bevor wir zur Beerdigung aufgebrochen sind?"
„Was hat das jetzt damit ..."
„Ich habe dir eine Rede geschrieben für den Fall, dass du doch noch kandidieren wirst." Sie hob die Hand, legte die Finger auf seine Lippen. „Sag nichts – ich kenne deine Meinung. Dennoch habe ich es getan. Nenn es eine Fingerübung für meine schriftstellerischen Fähigkeiten. Aber ich sehe, dass du bereit bist."
„Bereit? Das kannst du haben!"
Er packte mit beiden Händen ihre Wangen und küsste sie.
Dass sie nur Sekunden später auf die herrlich bequeme Matratze fiel, bemerkte sie kaum.
*
„Manchmal ist eine Antwort das Einzige, was gefährlicher ist als eine Frage", orakelte Cosmuel viel später, in den frühen Abendstunden des 8. September 1347 NGZ, am Tag vor der Wahl des neuen Patrons.
Kantirans Kopf lag auf ihrem Bauch, ihre Finger in seine Haare gewühlt. „Fürchtest du dich davor herauszufinden, wer oder was die Gründermutter ist?"
„Nein", sagte sie. „Ich frage dich ernsthaft: Wollen wir die Vergangenheit der Friedensfahrer demontieren? Werden wir uns dann am Ende nicht fragen müssen, ob wir in diesem Geheimbund überhaupt irgendetwas zu suchen haben? Falls man uns nicht ohnehin hinauswirft, heißt das. Ich fühle mich ein bisschen wie ein schmieriger Trivid-Reporter in einer dieser alten Komödien."
Er ruckelte mit dem Kopf, wie er es immer tat, wenn sie ihn am Nacken kraulte und damit aufhörte; ein wenig erinnerte es sie an einen treuen Hund, der mit der Pfote über den Unterschenkel seines Herrchens kratzte, um weiter gestreichelt zu werden.
„Das kann man doch gar nicht vergleichen", wehrte er ab. „Wir demontieren nicht, wir erforschen etwas. Das ist etwas völlig anderes."
„Glaubst du nicht, dass es Geheimnisse gibt, an denen man nicht rütteln sollte?" Ihre Finger bewegten sich mechanisch, die kurz geschorenen Haare im Nacken stachelten wie ein junger Igel. „Nur mal angenommen, du findest sie tatsächlich. Willst du sie zwingen, an die Öffentlichkeit zu treten? Damit sie die Friedensfahrer zum Kampf gegen die Negasphäre aufruft? Nach allem, was wir wissen, könnte es ebenso gut sein, dass sie es ablehnt wie die Enthonen."
Er schwieg.
Sie sah, wie sich seine Nackenmuskulatur verspannte.
Ich darf es nicht zu weit treiben, dachte sie. Aber ich muss ihn auf die Gefahr hinweisen, die er in seiner Begeisterung gar nicht sehen will. Oder kann. Er hat sich etwas in den Kopf gesetzt, und so, wie ich ihn kenne, wird er nicht davon abrücken, wenn es nicht verdammt gute Argumente gibt, die dagegen sprechen.
„Was willst du tun, wenn die Gründermutter dich zur Seite stößt und eine ganz andere Botschaft verbreitet, eine, die dir nicht gefällt, die Farigu Scot Elien aber zum Lachen bringt? Was dann? Dann hast du alles nur noch schlimmer gemacht."
„Das wird sie nicht. Es kann einfach nicht sein, wenn du dir die historischen Zusammenhänge vor Augen führst ... das LICHT VON AHN ... die Enthonen und Varia ... alles hing mit dem Widerstand gegen eine Negasphäre zusammen. Irgendwie, wenn wir auch nicht wissen, wie genau. Das ist doch die Crux des Ganzen. Die Friedensfahrer sind geradezu prädestiniert, ein Teil der Bewegung zu sein, die gegen das Übel in Hangay vorgeht. Vielleicht werden wir
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