2477 - Die GrÃŒndermutter
Beschützer des Lebens in all seinen Ausprägungen und Mentalitäten. Friedensfahrer kämpfen nicht gegen Ordnung oder Chaos als kosmische Prinzipien, sondern für das Leben an sich."
Danach schwieg er, zupfte sich mit spitzen Fingern eine imaginäre Hautschuppe von seiner Oberlippe. Das Stechen in der Brust kündigte sich durch erste unangenehme Schmerzattacken an. Er würde sich weder etwas anmerken noch sich davon beeindrucken lassen.
Im gesamten Palais herrschte atemlose Stille, nur unterbrochen vom Gluckern einzelner Wassertanks und von Zischen, wenn einzelne Methangasparzellen neu gefüllt wurden. Farigu konnte sich nicht erinnern, dieses Geräusch jemals während einer Vollversammlung gehört zu haben. Ein gutes Zeichen. Sie hingen an seinen Lippen. Sie gierten nach mehr Worten von ihm.
Aber er würde ihnen nicht geben, was sie hören wollten. Keine flammenden Reden, keine ausgefeilten Tiraden gegen Kantiran. Das hatte er oft genug geleistet. Die Zeit des Kampfes war vorüber.
Die Ernte stand dicht bevor. Nun hieß es, mit wohlfeilen Sätzen noch möglichst viele Zweifler auf seine Seite zu ziehen.
Zu beweisen, was ein Patron war und dass er dieser Aufgabe zweifellos gerecht werden würde.
„Kennt ihr diese Worte?", fragte er im Flüsterton, als wolle er sich mit jedem Einzelnen im Raum heimlich verschwören. „Ich habe fast wörtlich das Credo unseres Geheimbunds zitiert. Mehr ist nicht nötig, um dieser geschätzten Versammlung vor Augen zu führen, was wir alle im Begriff stehen zu tun. Nicht mehr viel, und die Friedensfahrer verraten all das, was zu beschützen wir einst angetreten sind."
Er wartete ab, ob sich irgendjemand über die Kommunikationseinheiten zu Wort meldete. Niemand. Gut. „Die Friedensfahrer werden an der Hürde Negasphäre zerbrechen, die Negasphäre entsteht ohnehin, ob wir uns einmischen oder nicht. Aber all die Hilfe, die wir in dieser Zeit der Finsternis leisten könnten, bleibt ungeschehen. Ich bin hier, um dieses Szenario nicht Wirklichkeit werden zu lassen, denn daran und nur daran können wir etwas ändern. Ich weiß, dass die Entscheidung im Angesicht der Negasphäre nicht leichtfällt, aber es ist unsere tiefe moralische Pflicht, so zu entscheiden. Wir müssen von dem kosmischen Ungetüm, das uns vernichten würde, die Finger lassen und stattdessen all unsere Kräfte in den Dienst des Guten stellen."
Noch immer keine Fragen. Noch immer standen sie unter dem Bann seiner Worte.
„Sollte ich zum neuen Patron gewählt werden, werde ich mich für das Leben und den Erhalt der Organisation entscheiden. Wir müssen die Opfer betrauern, die in der Zeit des Regnums der Negasphäre entstehen werden. Es werden viele sein, und es wird eine dunkle Zeit.
Aber wenn wir ebenfalls ausgelöscht werden, können wir nicht das tun, was unsere Aufgabe ist und was in unserer Macht liegt: die Überlebenden zu retten und Hilfe zu leisten, wo immer es möglich ist."
Die erste Wortmeldung wurde ihm durch ein Blinklicht im schematischen Übersichtsholo angezeigt. Sitz 4815.
Farigu konnte nicht sehen, wer darin saß.
Da seine Redezeit noch nicht beendet war, konnte er entscheiden, ob die Wortmeldung freigeschaltet wurde. Er sah keinen Grund, es zu verhindern. Auf jeden möglichen Einwand hatte er sich die passende Antwort zurechtgelegt.
„Ein Zwischenruf", sagte er.
Der Friedensfahrer auf Sitz 4815 ergriff das Wort; eine hohe, sirrende, zweifellos weibliche Stimme. „Du bist authentisch, Farigu, du redest aus deinem Herzen. Du bist ein Friedensfahrer. Das Credo ist deine und auch meine Grundlage. In dieser Zeit, in der es kein Richtig und kein Falsch mehr zu geben scheint, ist es eine verlässliche Orientierung."
Diese Worte – Farigu selbst hätte sie nicht perfekter wählen können – brachen die Erstarrung, die über die ganze Versammlung hereingebrochen schien.
Ein Beifallssturm toste los. Für eine Sekunde gönnte er sich den Luxus, sich einfach darin treiben zu lassen, doch dann sah er sich um, aktivierte die Suchund Beobachtungssensoren seiner Rüstung. Die Analyse erfolgte rasch: etwa sechzig Prozent der Versammelten jubelten und zollten Beifall.
Das sagte viel, aber nicht alles – nach wie vor strömten unablässig weitere Friedensfahrer ins Palais. Immerhin hatte die eigentliche Hauptversammlung noch immer nicht begonnen. Es blieb allerdings nicht mehr viel Zeit.
Und Kantiran blieb verschwunden.
„Ich danke dir!", rief Elien. „Deine Worte haben einen wichtigen Punkt
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