2478 - LICHT VON AHN
Gehirnknoten; dass Lhea über ein komplettes Dutzend verfügte, wies ihn als Intelligentesten und Ältesten an Bord aus und verlieh ihm automatisch den Rang des Kapitäns. Es dauerte zwischen fünfzig und neunzig Jahren, bis ein weiterer Gehirnknoten reifte, der wiederum in einem langwierigen Prozess eine Mundöffnung ausformte.
Ein Holo inmitten der Schiffszentrale zeigte die glutflüssige Oberfläche eines Planeten, dem sich die LHEA rasch näherte. Dahinter, scheinbar zum Greifen nah, schleuderte eine riesenhafte Sonne gewaltige Protuberanzen ins All. Der Stern schob sich von Sekunde zu Sekunde weiter hinter den Planeten, der bald den gesamten Bildausschnitt einnahm.
Je mehr Details sichtbar wurden, umso mehr dunkles Rot erschien im grellen Weiß. Nur vereinzelt ragten kahle, tiefschwarze Felsplateaus aus der Magma-Hölle. Auch über diese wenigen Gesteins-Inseln flossen zähflüssige Lavaströme.
Rauch- und Dampfschwaden trieben in großen Wolkenfeldern über den glühenden Ozean.
„Dort liegt unser Ziel?"
Kamuko rief sich ARCHETIMS HORT in Erinnerung, die Heimstatt der Superintelligenz, jenes elegante, höherdimensionale Turmgebäude, das nur die Prinzipa als einziges sterbliches Wesen hatte betreten dürfen. Es war das glatte Gegenteil zu dem, was das Holo zeigte.
„Das soll die Heimat des LICHTS VON AHN sein?"
Eine von Lheas Tentakelspitzen berührte sie an der Hand. Sie zuckte zusammen – eine derartige Vertraulichkeit hatte sich der Sinlasa während der gesamten Reisezeit nicht erlaubt. Warum also gerade nun?
„Wir werden landen", kündigte der Erste Leiteroffizier an.
„Landen? Bist du verrückt?"
„Vertrau mir. Und wenn du mit dem LICHT sprichst, vergiss bitte nicht, mich zu erwähnen. Es war mir eine Freude, der Superintelligenz zu dienen, indem ich dich zu ihr brachte."
Die Prinzipa sicherte es ihm zu.
Danach schwiegen sie. Kamuko beobachtete das Holo. In der allgegenwärtigen glutflüssigen Hölle tauchte, kaum wahrnehmbar, eine Zone aus Grün auf.
Zunächst winzig, wuchs diese Oase der Ruhe im tobenden Chaos von Augenblick zu Augenblick.
„Das kann nicht sein", entfuhr es der Aeganerin.
„Es ist ein erhebender Anblick, nicht wahr? Das LICHT hat sich in feindlichem Land ein Monument seiner Macht geschaffen."
Eine paradiesische, von blühender Vegetation erfüllte Insel schälte sich aus dem riesigen, kochenden Magmameer.
Glutflüssige Hitze rollte in unablässigen Wellen an den Strand. Weniger als einen Meter von den äußersten Ausläufern entfernt wuchsen Bäume und Sträucher, blühten Blumen in einem Rausch aus tausend Farben.
Humanoide Gestalten schlenderten über den bizarren Strand oder saßen zwischen Blüten, die teils so groß waren wie sie selbst. Diese dürren Wesen trugen kuttenartige Kleider, und ihre Haut leuchtete alabasterweiß.
„Die Insel misst aus der Luft gesehen nur einige tausend Quadratmeter – doch wenn man sich darauf befindet, scheint sie um ein Vielfaches größer", erklärte Lhea. „Ich durfte schon einmal auf ihr landen. Du wirst es bald selbst sehen.
Denk daran, was du mir versprochen hast."
„Das werde ich."
„Dann begleite ich dich in den Transmitterraum. Man erwartet dich."
„Warum kann Deprot mich nicht begleiten?"
„Er wird bei mir auf deine Rückkehr warten."
„Wenn mir etwas geschieht ..."
„... werde ich ihn in meine Dienste nehmen. Aber du brauchst dich nicht zu fürchten. Das LICHT birgt keine Gefahr."
Kamuko war selbst erstaunt über die Intensität der mütterlichen Gefühle, die sie überwältigten, als sie daran dachte, sich von dem Roboter zu trennen.
Unwillkürlich kam ihr ein Name in den Sinn: Perry Rhodan. Mit ihm hatte sie einen Nachfahren zeugen wollen, hatte bei seinem Anblick zum ersten Mal seit Ewigkeiten das Verlangen gespürt, einem Kind das Leben zu schenken, das letztendlich nie entstanden war und nie entstehen würde. Noch nie hatte sie darüber nachgedacht, ob sie in Deprot einen Ersatz für dieses Kind gefunden hatte.
Sie dachte an den funktionslosen Tentakelarm des Kegel-Roboters, das bittere Erbe ihrer Zerstörungswut, ihres emotionalen Aussetzers, als sie unbeherrscht auf Deprot eingeschlagen hatte. Vielleicht war es gut, dass sie kein Kind gezeugt hatte, denn dieses hätte sie nicht so einfach reparieren können.
„Ich komme bald zurück." Sie fühlte bei diesen Worten größeren inneren Schmerz als während ihrer ewigen Einsamkeit in der JV-1-SJ-10.
*
Faszinierend, dachte sie. Sie
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