2480 - Die Prognostiker
ausmachen.
Durch den halben Portivabschnitt ging die Fahrt, durch die schier endlosen, teils noch im Bau befindlichen Verkehrswege des Kolonnen-Forts.
„Warum zwei Koffter?", fragte Savoire.
„Wie bitte?"
„Warum befanden sich zwei Koffter vor dem Schaltraum? Das kommt mir fast wie eine ... Einladung vor."
„Ich habe keine Ahnung. Wir wissen jedoch, dass solche Leerfahrten eher die Regel als die Ausnahme sind. Ich kümmere mich später darum. Ein paar Nano-Kolonnen als Beobachter oder eine Abfrage im Kolonnen-Rechner sollte diese Frage eigentlich klären, aber dazu bleibt jetzt keine Zeit. Vielleicht sind die beiden Cyborgs jeweils mit einem Koffter von verschiedenen Orten gekommen, haben sich in dem Schaltraum getroffen und sind dann gemeinsam in einem weitergefahren, um schon die Ergebnisse ihrer Arbeit besprechen zu können."
„Vielleicht", sagte Savoire. „Gibt es keinen Funk in den Fahrzeugen?"
„Vielleicht suchen sie ganz einfach nur körperliche Nähe."
„Vielleicht", wiederholte Savoire.
In diesem Augenblick verließen die Koffter die Röhre in einem unscheinbaren Abschnitt in der Mitte des Forts.
*
Die Fahrt ging weiter, aber nur noch wenige hundert Meter. Dann stoppten die Koffter. Savoire beobachtete, wie sich die Tür des vorderen Gefährts öffnete und die beiden T-Prognostiker ins Freie rollten.
Ihr Ziel lag unmittelbar vor ihnen: eine tiefschwarze Wand aus Ricodin, ohne Fenster, ohne Türen, vom Boden bis zur Decke reichend. Übergangslos öffnete sich ein Schott von drei Metern Höhe, und die „Laufräder" fuhren durch die Öffnung.
Das Schott schloss sich hinter ihnen wieder.
„Ein hermetisch isolierter Bereich.
Vielleicht Wohn- oder Arbeitsräume", vermutete Isokrain. „Wir werden wieder ein Risiko eingehen und teleportieren müssen."
„Moment noch." Savoire rief auf dem Projektor, den er seit Wochen ständig mit sich führte, wenn er den Versorgertrakt verließ, einen Lageplan auf. „Der Bereich der Cyborgs wird als blinder Fleck dargestellt, aber ganz in der Nähe befindet sich eine nicht besetzte Schaltstelle. Teleportieren wir zuerst dorthin."
Isokrain warf einen Blick auf den Plan und nickte. „Natürlich."
*
Jeder Handgriff saß. Savoire hätte das Supratronik-Terminal auch im Schlaf öffnen können.
Er legte die Abdeckung auf den Boden, studierte kurz das Innenleben des Kastens, öffnete das Netzwerk und wählte einen jener Kommunikationskanäle an, die ESCHER in den zurückliegenden Wochen undercover geschaffen hatte.
Dann lieferte er einen kurzen Abriss dessen, was geschehen war, und gab ihre Position durch.
Er befestigte die Abdeckung wieder und nickte.
„Fertig. Wir können."
Isokrain berührte ihn und teleportierte.
*
Sie materialisierten im Inneren eines schmucklosen, bläulich gekachelten Raums. Falls es sich tatsächlich um ein Wohnquartier handelte, wie der Kosmitter vermutete, war er nicht für gewöhnliche Lebewesen entworfen worden. Hier gab es keinerlei Möbel, vielmehr waren an den Wänden Dutzende Schnittstellen angebracht, wie die T-Prognostiker sie benötigten.
Isokrain wechselte augenblicklich die Ebene.
Savoire sah sich um. Der Raum war verlassen. Einerseits ihr Glück, andererseits ... „Wo sind die beiden Prognostiker, die wir verfolgt haben?"
Noch während der Kosmitter die Fühler auf eine Türöffnung richtete, sah er es selbst. Sie hielten sich in einem Nebenraum auf. Die Laufräder hingen an ihren Naben an der Wand, mit einer Schaltstelle verkoppelt.
Savoire und Isokrain betraten den Raum im Schutz ihrer Nicht-Wahrnehmbarkeit.
„Ich möchte Nano-Kolonnen zu den Cyborgs ausschleusen. Dazu müssten wir aber die Ebene wechseln."
„Haben wir eine Wahl?", fragte Savoire. „Tu’s einfach."
Abrupt wurden die beiden Kundschafter wieder für jedermann sichtbar.
Auch für Cyborgs.
*
„Hättest du das nicht im Nebenraum tun können, als wir noch gegen direkte Beobachtung geschützt waren?"
Isokrain reagierte nicht auf die Frage, und auch die beiden T-Prognostiker reagierten nicht.
„Sie sind anscheinend ... weggetreten", sagte Savoire nach einigen Sekunden, „oder aber sie verfügen nicht über Beobachtungsmöglichkeiten im menschlichen Sinn."
„Was meinst du mit ›weggetreten‹?"
„Vielleicht so tief in virtuelle Welten versunken, dass sie die Umwelt nicht mehr wahrnehmen. Wie die alten Arkoniden bei ihren Fiktiv-Spielen oder wie menschliche Kinder der postatomaren Epoche bei
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