2483 - Die Nadel des Chaos
machen.
Wieder musste er warten, wieder zogen quälende Gedanken durch seinen Kopf. Er verfluchte die ewige Geheimnistuerei der Parapositronik, die ihn offensichtlich aus reiner Macht der Gewohnheit lediglich mit absolut nötigen Informationen bedachte und alles für sich behielt, was sie nur behalten konnte.
Lag es an den Schwierigkeiten mit den Prozessoren, von denen Isokrain immer wieder in Andeutungen gesprochen hatte, oder war der Supratronik-Verbund GLOIN TRAITORS ihr so hoch überlegen, dass sie zu diesem Verzweiflungsschritt griff?
Oder trifft beides zu?, fragte sich Savoire.
Isokrain zog ihn zu dem Cyborg heran, wechselte wieder zurück auf die normale Ebene, berührte die reglose Gestalt und teleportierte im nächsten Augenblick.
*
Dr. Savoire, der Kosmitter und seine Last, der T-Prognostiker, materialisierten in ESCHERS Gedankenkammer.
Normalerweise fühlte der Kybernetiker sich in dem 50 mal 50 Meter großen, weißblau erhellten Raum sehr wohl, war geradezu fasziniert von ihm, stellte er doch eine Verheißung für ihn dar, die Aussicht, endlich Teil der Parapositronik werden zu können. Doch nun unterdrückte die Anspannung jeden Gedanken daran.
„Was nun?", fragte er. „Wir können den T-Prognostiker wohl kaum unter eine der SERT-Hauben legen, schon mangels körperlicher Voraussetzungen nicht." Diese Hauben stellten die Verbindung zur Hyperdim-Matrix her.
„Natürlich nicht", erwiderte der Kosmitter. „Doch an diesem Ort ist die Distanz zwischen der Hyperdim-Matrix und dem Normalraum am leichtesten zu überwinden. ESCHER hat bereits alles in die Wege geleitet."
Unvermittelt wurde eine Gestalt neben dem Cyborg teilstofflich, der weiterhin reglos auf dem massigen, schmucklos metallenen Unterbau lag, auf dem früher die Probanden geruht hatten, die zu Prozessoren der Parapositronik wurden. Savoire erkannte Merlin Myhr, einen Avatar ESCHERS. Mit einer Hand strich der Mann in Schwarz über die Hülle des Cyborgs.
„Was tut er da?", fragte der Kybernetiker.
„Er stellt eine unsichtbare und unhörbare Kommunikation mit dem T-Prognostiker her. Er hat nicht mehr viel Zeit.
Noch etwa eine Minute, schätze ich.
Wenn bis dahin kein Kontakt zustande kommt, ist es vorbei. Dann wird ESCHER alle Rechenoperationen einstellen müssen."
„Was?", entfuhr es Savoire. „Warum hilft ihm dann nicht Pal Astuin?"
„Der zweite Avatar ist gerade anderweitig beschäftigt und versucht an einer anderen Front, das Schlimmste zu verhindern."
Erst jetzt wurde Savoire richtig klar, welche Bedeutung die Worte des Kosmitters wirklich hatten. „Ist die Lage so katastrophal? Warum hat ESCHER mich nicht informiert? Was passiert hier überhaupt?"
„Du hättest sowieso nicht helfen können", antwortete Isokrain gleichmütig.
„Immer mehr Prozessoren brechen unter der Beanspruchung zusammen. Wenn es ESCHER nicht gelingt, sie in ... zwanzig Sekunden wieder zu sich zurückzuholen, muss die Parapositronik endgültig aufgeben."
„Verdammt ...!", flüsterte der Kybernetiker. Er hasste das Warten, hatte sich in den letzten Monaten allerdings daran gewöhnen müssen.
Doch er hatte nicht die geringste Ahnung gehabt, wie lange zwanzig Sekunden werden konnten.
8.
Atarin
Die Ohnmacht währte nur kurz, eine Minute vielleicht, oder ein paar Sekunden. Er nahm die Umgebung zwar verschwommen wahr, als er die Augen öffnete, stellte jedoch fest, dass die Kabine des Gleiters nicht beschädigt zu sein schien.
Ein Ablenkungsmanöver!, dachte er.
Der „Unfall" des Fahrzeugs, das sie verfolgt hatten, war nur eine gar nicht mal so riskante Ablenkung gewesen! Die internen Prallfelder des anderen Gleiters hatten die Besatzung geschützt, genau, wie die des ihren Astuin und ihn vor Verletzungen bewahrt hatten, als ihr Verfolger mit einem gezielten Schuss das Triebwerk in die Luft gejagt hatte.
Er lag auf dem Rücken, schüttelte den Kopf, um wieder klar denken zu können.
Wie durch Watte hörte er ein leises Stöhnen. Astuin schien den Absturz also ebenfalls überlebt zu haben.
Mühsam drückte er sich auf die Ellbogen hoch, legte den Kopf zurück. Durch die zersplitterte Kabinenkuppel sah er einen anderen Gleiter, der schräg über ihnen schwebte. Darin befanden sich zwei Personen, von denen eine ihm in letzter Zeit leider ziemlich vertraut geworden war. Er erkannte den Mann, der auf der Plaza Mivado schon einmal auf ihn geschossen hatte.
Rutmer Vitkineff. Der Mann, den er hatte sterben sehen.
Während sie
Weitere Kostenlose Bücher