2489 - Schach dem Chaos
Schulter gezeigt und sie nicht in die Gespräche mit eingebunden. Dabei hätte sie ihnen so viel zu sagen gehabt; sie vereinte Wissen und Erfahrungswerte aus Dutzenden Kulturen in sich. Selbst die arkonidische Denkweise, die der terranischen nicht unähnlich schien, hatte sie verinnerlicht.
Ejdu Melia störte sich nicht sonderlich an dem Misstrauen, das ihr entgegengebracht wurde. Ihr vorrangiges Streben zielte darauf ab, in der Nähe Dao-Lin-H'ays zu bleiben.
Erste - winzige - Anzeichen einer Restrukturierung ihrer Körpersubstanz machten sich bereits bemerkbar. Die Augen tränten nicht mehr so stark, die Sehschärfe nahm zu. Sie begann, die Dinge mit einer lange vermissten Klarheit, Farbgenauigkeit und Tiefe wahrzunehmen. Ihr Geruchssinn hingegen stumpfte ab. Die Schleimhäute im Inneren der langen Nasenschlitze wuchsen zu, die Myriaden feinster Filterhärchen fielen ab und verstopften die Atemlöcher.
»Würdest du mich bitte durch die SOL führen?«, fragte sie Dao-Lin-H'ay mit der typischen Unterwürfigkeit eines sepulchthidischen Weibchens.
Die Kartanin drehte sich ihr zu. In den wunderschönen Augen lagen weder Gefühl noch Interesse, und dennoch konnte Ejdu Melia ihre Blicke kaum lösen.
»Cora hat dir bereits Teile der SOL gezeigt«, sagte Dao-Lin-H'ay reserviert. »Weder ich noch ein anderes Mitglied der Zentralebesatzung haben Zeit für Spaziergänge. Wenn du möchtest, besorge ich dir einen programmierbaren Begleiter, der dich durch die zugänglichen Bereiche unseres Schiffs führt.«
Die Kartanin wandte sich abrupt ab. Sie kommunizierte über Holo-Schirme mit mehreren Gesprächspartnern und kümmerte sich nicht weiter um sie.
Ejdu Melia hatte ein gewisses Verständnis für die Abneigung, die Dao-Lin-H'ay ihrem sepulchthidischen Ich gegenüber hegte. Die Wurmähnlichen erregten nun mal Ekel und Abscheu, die nur in geringem Ausmaß mit ihrer körperlichen Erscheinung zusammenhingen. Sar-Soar und seinesgleichen waren Zeitgenossen, die niemand gerne in seiner Umgebung hatte.
Ejdu Melia zupfte Dao-Lin-H'ay mit ihren schwachen, klebrigen Fingern an den Schulterlaschen der Bordkombi.
»Bitte«, ächzte sie, »du musst mir helfen. Ich werde noch wahnsinnig in diesem Körper ... «
Die Kartanin gab ein leises, kaum hörbares Grollen von sich und schob ihre Hände beiseite. Alles an ihr war Anspannung, Kraft, unterdrückter Zorn.
»Fass mich nie wieder ungefragt an! Verstanden?«
»Es tut mir leid, so leid ...«, singsangte Ejdu Melia gegen ihren Willen. »Verzeih mir, meine Schöne.«
Die Rumpfdrüsen setzten, ohne dass sie sich dagegen wehren konnte, Duftstoffe frei, die besänftigend und einlullend wirken sollten. Wie sehr sie diesen Körper doch hasste!
Die Kartanin reagierte nicht auf die Geruchslawine.
»Bleib einfach ein bisschen mehr auf Distanz, in Ordnung?«
»Hör mir doch bitte zu, Liebste; es gibt eine einfache Erklärung ... «
»Ich bin weder deine Liebste noch deine Schöne!« Das Gesichtsfell der Kartanin sträubte sich, die Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Aus den Handballen stachen gut sichtbar lange Krallen hervor. »Verschwinde endlich!«
Wieder war da der Drang, nachzusetzen, Dao mithilfe ihrer Geruchsdrüsen zu überzeugen, von sich einzunehmen. Ihr körpereigenes Chemielabor spielte verrückt und verrückter, und gleichzeitig wuchs der Drang in Ejdu, die Transformation zu einer Kartanin zu beschleunigen. Sie musste auf alle Fälle in der Nähe dieses wunderbaren Geschöpfs bleiben ...
Dao-Lin-H'ay wandte sich plötzlich einem der Holo-Schirme zu; von der Ortungsabteilung ging, durch bunte Leuchtbänder verdeutlicht, ein Alarmsignal aus.
»Wir haben eine Feindortung«, meldete eine Terranerin und korrigierte sich gleich darauf selbst: »Falsch! Die Ultra-Messwerke haben die Emissionsbilder mehrerer Trimarane entdeckt.«
»Trimarane«, murmelte Dao-Lin-H'ay. »Mehr als zwei Dutzend kartanische Einheiten. Diesseits des Kernwalls.« Sie tauchte kurz in ein stimmschluckendes Feld ein, sodass niemand ihre Unterhaltung mit einem unsichtbaren Gesprächspartner mitverfolgen konnte; wahrscheinlich schloss sie sich mit der Schiffshyperinpotronik kurz. Mit einer kurzen Handbewegung zerstörte sie den Gesprächsschutz wieder und befahl: »Verfolgung aufnehmen! Seht zu, dass wir an ihnen dranbleiben.«
»Das dürfte keine Probleme bereiten«, ließ sich Don Kerk'radian vernehmen. »Wie auch immer sie es ins Innere des Kernwalls geschafft haben - wahrscheinlich können sie
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