2492 - KOLTOROC
dahintersteckte.
Denn er verweigerte ihr den Tod. Das biologische Ende, das bei ihr längst hätte eintreten müssen, blieb aus. Inkadye befürchtete, dass KOLTOROC ihr Unsterblichkeit verliehen hatte - zumindest so lange, wie es ihm gefiel.
Sie versuchte, sich das Leben zu nehmen, doch es gelang ihr nicht. Schon der Gedanke an Selbstmord erwies sich als beinahe unmöglich zu denken. Offensichtlich hatte KOLTOROC diesbezüglich eine starke mentale Barriere in ihr angelegt.
Mit der Zeit wurde ihr klar, dass sie KOLTOROCS Fußabtreter war, an dessen Anwesenheit sich ihre Schöpfung die eigene Überlegenheit vor Augen führte. Aber auch das, so fürchtete sie, war nicht der letzte Grund, wieso er sie nicht sterben ließ.
Die ganze Zeit über behielt KOLTO-ROC seine Eigenarten bei, auch die der seltsamen Zerrissenheit, fast schon Schizophrenie. Und er entwickelte immer wieder unvermittelt erwachende Eigenheiten, die sich entweder der kulturellen Wurzel der Auper'como oder des Kollogoms zuordnen ließen.
Doch er verwurzelte sich in Serdragon und leitete die nächste Phase seines Plans ein.
Er ließ aufrüsten. Er sorgte dafür, dass die Zivilisationen der Galaxis einen militärischen Schutzschild ausbildeten, der ihm in eventuell bevorstehenden Auseinandersetzungen mit benachbarten übergeordneten Wesen wie ihm gute Dienste leisten würde.
Damit hat er die Schwelle zur Superintelligenz endgültig überschritten, wurde Inkadye irgendwann klar. An sich hätte das der endgültige Anlass für sie sein müssen, zu verzweifeln und zu resignieren. Sie würde KOLTOROC nie entkommen. Würde ihn nie daran hindern, seine fürchterlichen, teils amoralischen Taten zu planen und auszuführen.
Dennoch musste sie es versuchen. Und wenn es sie die ganze Ewigkeit kostete ...
... ihre Bestimmung war es, KOLTOROC aufzuhalten!
Zwischenspiel 31. Oktober 1347 NGZ
»... meine Bestimmung ist es, KOLTOROC aufzuhalten!«
Inkadyes Atemöffnung mit dem organischen Filter aus einem gazeähnlichen Gewebe erzeugte ein knisterndes Geräusch, das wesentlich lauter war als die, die sie beim Atmen normalerweise produzierte. Der Griff ihrer siebenfingrigen Hand, die in verhornten Krallen endete, wurde lockerer, erschlaffte dann ganz.
Unter diesen Krallen lebten mikroskopisch kleine Symbionten, die sich von abgestorbenen Hornschuppen ernährten. Die Symbionten sensibilisierten Inkadyes Hornfinger so sehr, dass ihr Tastsinn wesentlich stärker ausgeprägt war als der eines Menschen.
Die Stimme der Sorgorin war immer schwächer geworden.
Es geht zu Ende, dachte Atlan.
Er ließ den Blick über ihr breites Kinn gleiten, in dem eine kleine lippenlose Mundöffnung saß. Dieser Mund würde bald endgültig verstummen.
Inkadyes Augen schlossen sich. Die Sorgorin atmete nur noch ganz flach.
Atlan kannte diesen Zustand mittlerweile nur allzu gut. Noch immer war niemand in der Medostation imstande, der Sorgorin grundlegend zu helfen; es gab keinerlei Fortschritte, was ihre Genesung oder auch nur Stabilisierung betraf.
Nachdem Inkadye den ersten Teil ihrer Geschichte erzählt hatte, war sie wieder in das Wachkoma gefallen. Als Atlan einen Tag später wieder nach ihr gesehen hatte, war sie abrupt daraus erwacht und hatte ihren Bericht fortgesetzt. Dieser Vorgang hatte sich mittlerweile fünfmal wiederholt, und jeden Tag fragte der Arkonide sich, ob sie noch einmal zu sich kommen würde.
Er hatte es den anderen gegenüber mit keiner Silbe geäußert, aber er war sich darüber im Klaren, dass Inkadyes Tod in letzter Konsequenz eine Katastrophe bedeuten würde, denn näher als jetzt waren sie der Entschleierung von KOLTOROCS Geheimnissen noch
nie gekommen.
Außerdem ... Ja, er gestand es sich freimütig ein. Außerdem war Inkadye ihm mittlerweile ein wenig ans Herz gewachsen. Sie war für ihn nun keine anonyme Botin der Hohen Mächte mehr, sondern ein Wesen, dessen Leiden er hautnah verfolgt hatte. Sie hatte für ihn ein Gesicht bekommen.
Ein Räuspern ließ ihn buchstäblich zusammenfahren. Er ließ Inkadyes Hand los und drehte sich auf seinem Stuhl um.
Hery-Ann Taeg stand hinter ihm.
Die Leiterin der Medizinischen Abteilung der SOL war nicht allein. Trim Marath und Startac Schroeder hatten sie auf die Medostation begleitet.
*
»Hier geht etwas vor«, sagte Trim Marath.
Atlan musterte die beiden Mutanten.
Startac Schroeder, der mittlerweile über siebzigjährige Teleporter und Orter, wirkte wie immer sehr verschlossen und wich dem Blick
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