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2492 - KOLTOROC

2492 - KOLTOROC

Titel: 2492 - KOLTOROC Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Anton
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schwindlig, und sie musste sich an einem Sessel festhalten. Das übertraf alles, was sie bislang erlebt hatte. Hundert Jahre, tausend, zehntausend ... aber eine Million?
    Neben ihr materialisierte die vertraute schwarze Wolke, noch etwas dunkler und stabiler als bei ihrer letzten Begegnung, wie es Inkadye vorkam. Ganz kurz, kaum wahrnehmbar, bildeten sich materielle Ausstülpungen in dem Feld, hier ein Bein mit Fuß, dort ein Arm mit Hand. Sie kamen Inkadye viel gleichmäßiger, symmetrischer vor als bei den bisherigen Versuchen, als hätte KOLTOROC seine Fähigkeit, einen Körper zu bilden, stark verbessert. Nur einmal zuckte sie irritiert zusammen, als sie einen kurzen Blick auf eine nicht zu definierende Gliedmaße erhaschte, die sich ständig zu verändern schien, als bestünde sie aus Abertausenden winziger Teile, die ungeordnet durcheinanderwimmelten.
    Im nächsten Moment zog KOLTOROC die Ausprägung wieder zurück.
    Danke der Nachfrage, mir geht es hervorragend.
    »Sind wirklich über eine Million Jahre vergangen, seitdem du mich zum letzten Mal geweckt hast? Oder ist das hier«, sie deutete auf die Holophalanx, »nur ein weiterer Versuch, mich zu quälen und zu verwirren?«
    Warum sollte ich dich quälen? Nein, du liegst mit deiner Vermutung in etwa richtig. Und in dieser langen Zeit ist viel geschehen.
    Inkadye befürchtete zu wissen, was KOLTOROC mit dieser Andeutung meinte. »Du hast Serdragon vollständig unterworfen, nicht wahr?«
    Nicht nur Serdragon. Sie glaubte, einen gewissen Stolz in den Gedanken mitschwingen zu hören. Ja, diese Galaxis befindet sich sehr, sehr fest in meiner Hand und die umliegenden Galaxien ebenfalls.
    »Du bist dabei, dir eine Mächtigkeitsballung zu schaffen.« Sie sprach den Gedanken aus, denn sie konnte ihn sowieso nicht vor der Entität verbergen, die sie geschaffen hatte. »Du bist schon längst eine Superintelligenz, und jetzt willst du den nächsten Schritt vollziehen.«
    Ja und nein. Du kannst mich wohl durchaus als etablierte Superintelligenz bezeichnen, denn ich habe in den letzten Jahrhunderttausenden mehrere Auseinandersetzungen mit höheren Wesenheiten aus der intergalaktischen Nachbarschaft siegreich bestanden. Und ich habe mein Wissen beträchtlich erweitert. Erst vor Kurzem habe ich mich mit einem Geisteswesen namens HARMEL unterhalten; wir haben ein interessantes Gespräch über die Entstehung von Superintelligenzen und ihre Weiterentwicklung zu Materiequellen und Materiesenken geführt. Ich habe ihm versprochen... Nun ja, er wird es nun wissen. Aber ehrlich gesagt lege ich keinen großen Wert darauf, mich jetzt schon weiterzuentwickeln. Dazu finde ich es hier auf dieser Ebene viel zu ... interessant.
    Inkadye konnte sich denken, wie KOLTOROC das meinte. Sie verspürte nichts als Abscheu. »Aber du hast mich nicht geweckt, um mir das mitzuteilen.«
    Nein. Die Schöpfung bittet ihre Schöpferin um ihre Dienste.
    Sie lachte leise auf. »Du bittest mich?«
    Voller Zuversicht, dass du meinen Wunsch erfüllen wirst.
    Einen Moment lang spürte Inkadye, wie sie jeden eigenen Willen verlor, dann war der Spuk wieder vorbei. »Was soll ich für dich tun?«, fragte sie resigniert.
    Sie empfand kurz Ekel vor sich selbst. Hatte sie sich wirklich aufgegeben? Musste sie sich eingestehen, dass KOLTOROC sie vollständig gebrochen hatte, so perfekt unterworfen wie die Galaxis Serdragon? War wirklich kein Funken Wille zum Widerstand in ihr übrig geblieben, so aussichtslos ihre Lage mittlerweile auch sein mochte?
    Nein, dachte sie, ich werde einen Weg finden.
    KOLTOROC lachte leise, höhnisch
    auf. Bestimmt, meine teure Schöpferin. Aber zuvor wirst du einen wichtigen Besucher in der Lichtstadt Paragor willkommen heißen und in meinem Sinne mit ihm Gespräche führen.
    »Was für einen Besucher?«
    Einen Emissär der Chaotarchen.
    *
     
    Das diskusförmige, äußerlich unauffällige Schiff setzte genau auf der Mitte des Landefelds auf, dort, wo vor über einer Million Jahren auch ihre Walze niedergegangen war, bevor das Element der Finsternis sie verschlungen hatte.
    Inkadye machte sich jedoch keine falschen Vorstellungen. Der Diskus verfügte mindestens über genauso viele Machtmittel wie damals ihre Walze.
    Es wäre die reinste Ironie des Schicksals, dachte sie, wenn in diesem Augenblick eine Einheit der Kosmokraten über der Lichtstadt auftauchen und verhindern würde, was sich hier vielleicht anbahnt. So, wie das Element der Finsternis vor Urzeiten verhindert hat, dass

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