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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nicht umgerissen und weggefegt zu werden. Nach Abd el Fadls Steinhütte zu gelangen, war ganz und gar unmöglich. Wir waren froh, eine nach Norden offene Felsenritze zu finden, an welcher der von Osten wehende Sturm vorüberging. Wir setzten uns da hinein und brauchten auch gar nicht lange zu warten, so sahen wir sie kommen: es war ein dünner, oft unterbrochener, ewig langer Zug von ermüdeten, hungernden und durstenden Menschen und Pferden, denen man es schon von weitem ansah, daß sie sich kaum mehr aufrechthalten konnten. So, wie wir sie sahen, so konnten wir selbstverständlich auch von ihnen gesehen werden, und darum machten wir uns nun schleunigst von dannen, um ihre Ankunft in der Falle zu beobachten.
    Wir gingen den heimlichen Hochpfad entlang, bis wir den Dschirbani erreichten, der es sich bei seinem Stab unter dem oben beschriebenen Felsen möglichst bequem gemacht hatte. Hier in der Nähe zweigte der Treppensteig ab, der nicht ganz nach unten, sondern nur bis zu der offenen Platte ging, die ich bereits beschrieben habe. Wir stiegen nicht ganz bis zu dieser Platte hinab, denn wir trafen auf Merhameh und ihren Vater, die an einer sehr praktisch gelegenen Stelle saßen, von der aus man fast die ganze Falle überblicken konnte, ohne selbst gesehen zu werden. Wir nahmen bei ihnen Platz und entlasteten die Hunde, indem wir ihnen die Tragsättel abschnallten. Für unsere Bedürfnisse war nun gesorgt, selbst wenn wir bis morgen an dieser Stelle bleiben mußten. Wir hatten sogar unsere Decken mitgenommen, für den Fall, daß wir gezwungen sein sollten, hier zu schlafen.
    Wir saßen so, daß der Durchgang durch das Felsentor, sobald wir uns nach der linken Seite wandten, gerad vor unsern Augen lag. Es dauerte ziemlich lange, ehe dort der erste der Tschoban erschien. Ich vermutete, daß man draußen vor dem Tore halt gemacht hatte, bis der Scheik kam, und zwar aus dem sehr selbstverständlichen Grund, um seine Befehle für den Durchzug des Engpasses zu erfahren. Diese Vermutung war richtig, denn der erste, der endlich durch das Tor geritten kam, war der Scheik. Ich kannte ihn nicht; aber die Art und Weise, wie er sich gab und wie man ihn nahm, ließ es erraten. Er ritt ein starkknochiges, sehr kräftig gebautes Pferd von derselben Rasse, wie ich bei dem ‚Panther‘, seinem Sohn, gesehen hatte. Freilich, jetzt schien es mit dieser Kraft des Tieres vorüberzusein. Denn es war so ermüdet, daß es nur noch langsam gehen konnte, und als er so weit vorgeritten war, daß er sich uns gegenüber befand, begann es gar zu wanken, blieb stehen und wollte nicht weiter. Er schlug es nicht und peinigte es nicht. Er trug überhaupt sehr kleine Sporen, nicht die großen, fürchterlichen Marterwerkzeuge, die ich bei seinem Sohn und dessen Begleitern gesehen hatte. Er liebkoste das Pferd; er streichelte ihm den Hals und versuchte, es in Liebe zum Weitergehen zu bringen. Das gefiel mir sehr von ihm, war aber ohne Erfolg. Das Pferd wollte zwar, konnte aber nicht weiter. Da stieg er ab. Sobald es sich seiner Last ledig fühlte, ging auch der letzte Rest der künstlich erregten Energie verloren. Es begann zu zittern und brach dann halb zusammen, halb legte es sich hin. Da setzt er sich bei ihm nieder, nahm seinen Kopf in den Schoß, streichelte ihn und fragte und schaute emsig aus, ob einer der Vorüberreitenden noch eine Spur von Wasser in seinem Schlauche habe.
    „Sihdi, dieser Mann ist gut!“ sagte Halef. „Der liebt sein Pferd. Dem darf nichts geschehen! Bist du einverstanden?“
    Ich nickte nur. Meine ganze Aufmerksamkeit war durch die Menschen in Anspruch genommen, die sich durch das verhängnisvolle Tor, vom Durst getrieben, förmlich hereindrängten, ohne zu ahnen, daß sie sich dadurch um ihre Freiheit brachten. Und so, wie sie hereindrängten, so drängten sie weiter. Wie sahen ihre Kleider, ihre Gesichter, ihre Pferde aus! Jede Falte, jede Öffnung stak voll Sand. Sowohl Mensch wie auch Tier konnten kaum noch aus den Augen sehen. Alles hustete, keuchte und ächzte. Die Pferde waren bis zum Umstürzen ermüdet, wurden aber mit Hilfe von Peitsche und Sporen doch noch vorwärtsgetrieben. Nur von Zeit zu Zeit blieb einer bei dem Scheik halten, um ihm ein aufmunterndes Wort zu sagen, aber Wasser hatte kein einziger mehr, um es ihm für sein Pferd zu geben. Wir erfuhren später, daß diese Leute laut aufgejubelt hatten, als sie den Fluß erreichten. Schnell aber hatte sich ihre Freude in Schreck verwandelt, als sie schmeckten,

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