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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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tot, alle tot! Sie sind –“
    Was er weiter sagen wollte, wurde von einem Schuß, einem Krach verschlungen, der so stark war, daß es schien, als ob er mir mein Innenohr vollständig zerrissen, zerstört und vernichtet habe. Ich konnte für einige Minuten nicht mehr hören. Ich sah, daß der Schech el Beled nach dem Berg deutete und etwas sagte, verstand es aber nicht. Dieser Schuß war aus dem Krater des ‚Sohnes‘ gekommen; er hatte das Innere desselben geöffnet. Aber die Trümmer, die es da gab, flogen nicht nach außen, sondern stürzten und rollten nach innen. Man fühlte das. Hierauf war es, als ob jene Riesenschildkröte sich umgewendet habe und zurückkehre. Sie näherte sich uns wieder und kroch abermals unter uns hindurch, nur in entgegengesetzter Richtung, nämlich nach dem Berg zu. Was sie vorhin nicht zermahlen und zermalmt hatte, daß mußte nun jetzt verloren sein; das war gewiß. Es folgte ein Schlag, als ob eine Gigantenfaust gegen das Innere der Erdrinde schmettere, so daß alles, was sich auf ihr befand, haltlos in sich zusammensinken müsse, und im nächsten Augenblick stieg etwas – nicht etwas Furchtbares und Entsetzliches, o nein, sondern etwas so unbeschreiblich Schönes aus dem Krater des ‚Sohnes‘ empor, daß keine Sprache der Menschen die Worte besitzt, welche nötig wären, es zu schildern.
    Das kam so schnell und so plötzlich, daß es vor unseren Augen stand, ohne daß wir es hatten erscheinen und sich entwickeln sehen. Es glich einem hellen, tadellos geschliffenen Kelchglas, mit perlendem Champagner gefüllt, der oben überläuft. Dieses Glas hatte unten einen Durchmesser von vielleicht nur zwanzig, oben aber einen solchen von gewiß hundert Metern und zeigte eine Höhe, die gar nicht abzuschätzen war. Der Champagner, der in diesem kristallenen Gefäße nach oben schäumte, war unten hell goldig, sodann hell silbern, hierauf sehr hell grün und ganz oben unendlich fein blau gefärbt. Diese verschiedenen Farben hatten einen metallischen Glanz. Sie waren nicht scharf voneinander geschieden, sondern sie gingen allmählich ineinander über und schienen einander so verwandt, daß das Gold zuweilen bis ganz nach oben und das Blau zuweilen bis ganz nach unten zuckte. Der überfließende Schaum hatte die Farbe der Pfirsichblüte, durcheilt von goldsilbernen Blitzen und Funken. Man denke sich die auf uns liegende Nacht, deren absolute Dunkelheit ich als ‚Schwärze‘ bezeichnet habe, und mitten in dieser Finsternis die, fast möchte ich sagen, überirdische Erscheinung dieser Kelchfontäne, die alle Eigenschaften und Effekte des Wunderbaren in sich vereinigte! Der Schaum, der sie krönte, lief nicht über. Er floß nicht an ihr herab. Man sah, daß er sich verflüchtigte. Die Blitze und Funken trugen ihn nach allen Seiten in die Nacht hinaus, sogar auch her zu uns. Wir fühlten ihn. Er war warm. Er senkte sich wie ein unendlich feiner und unendlich leiser Regen auf uns nieder. Er hüllte uns in einen Schleier, der sich nach und nach verdichtete, bis er uns den Anblick seines Ursprungs mehr und mehr verhüllte und schließlich ganz entzog. Die Erscheinung, die irdisch herrlichste, die ich je gesehen habe, verschwand, ohne vor unseren Augen zerstört worden zu sein und aufgehört zu haben.
    „Wasser, Wasser spendet er, der ‚Sohn‘, das kostbare, lang ersehnte Wasser!“ rief der Schech el Beled. „Und was er uns gibt, das nimmt er uns nicht wieder. Wir dürfen es behalten!“
    Ich hörte diese Worte; ich war also, Gott sei Dank, nicht taub geworden! Der Schech fuhr fort:
    „Für uns wird es zum Segen sein; dem Feind aber brachte es Verderben. Hier ist es warm; bei ihm aber war es heiß, brennend heiß. Wer möchte an seiner Stelle sein und mit ihm –“
    Er wurde von einem Donnerschlag unterbrochen, von einem wirklichen Donnerschlag, der nicht etwa ein unterirdisches Rollen war. Blitze zuckten. Neue Donnerschläge folgten. Der feuchte Schleier, der uns verhüllte, verdichtete seine Bestandteile zu fallenden Tropfen. Es begann zu regnen; aber es hörte nicht auf, zu donnern und zu blitzen. Es gab ein Gewitter. Man denke, ein Gewitter, hier, wo es seit vielen Jahrhunderten nie geregnet hatte! Das war etwas hier so Seltenes, daß es die Pferde mehr erschreckte, als sie vorher von dem Erdbeben geängstigt worden waren. Wir hörten, daß sie hinter uns im Lager lauter wurden und daß man sich dort Mühe gab, sie zu beruhigen. Bei mehreren aber gelang dies nicht. Sie gingen durch.

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