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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ermüdeten, vor Schwäche strauchelnden Pferden. Sie waren gut beritten und ebenso gut bewaffnet, durchweg und gleichartig mit Gewehren. Auch ihre Kleidung war von einer Gleichmäßigkeit, daß man fast von Uniformierung sprechen konnte. Es war, wie man sah, für diese Truppe sehr ‚wohlhabend‘ gesorgt. Aber der Eindruck, den sie in diesem Augenblick machte, war ein trauriger. Ich sah kein einziges emporgerichtetes Gesicht. Die Köpfe hingen alle tief herab; die Körper schlotterten. Überall, wohin man schaute, zuckte irgendeiner wie im Schlaf erschrocken zusammen. Es sah nicht aus, als ob diese Leute vorwärtsritten, sondern als ob ein jeder von dem, der ihm folgte, vorwärtsgeschoben werde. Der Flugsand, der auf ihnen lastete und sogar in ihren Bärten hing, gab ihnen das Aussehen aus Gräbern gestiegener Leichen, die sich über ‚es Ssiret‘, die Brücke des Todes, schleppen, um dann dem Wahrspruch des Gerichts zu verfallen. Da erklangen neben uns die Worte:
    „Hier ist der Platz, an dem man alles sieht. Setzt ihn nieder und errichtet eine Hütte von Steinen über ihn, damit er Schutz vor dem Regen findet, der, wie ich hörte, wohl während der ganzen Nacht vom Himmel gießen wird.“
    Der so sprach, war Halef. Und die, zu denen er es sagte, waren mehrere, die den ‚Panther‘ hierhergetragen hatten und sofort begannen, den Befehl des Hadschi auszuführen. Seine beiden Hunde waren bei ihm. Darum fragte ich ihn:
    „Wo sind die gefangenen Dschunub? Brauchen sie keine Wächter mehr?“
    „Nein“, antwortete er mit jenem Lächeln, welches er stets dann zeigte, wenn ihm das bekannte ‚Schadenfreude ist die reinste Freude‘ durch die Seele ging. „Sie werden jetzt da oben den Pfad entlanggeführt und hinunter nach dem Felsentor geschafft, um, wenn die Dschunub ganz in der Falle sind, ihnen nachgeschoben zu werden.“
    „Sehr gut, sehr gut!“ sagte ich. „Das erspart uns vieles Reden und vieles Verhandeln. Wer ist auf diesen klugen Gedanken gekommen?“
    „Natürlich einer unserer gescheitesten Leute; nämlich dieser hier!“ Er deutete auf sich selbst und fuhr dann fort: „Aber ich habe mir gar nichts Diplomatisches dabei gedacht, sondern nur etwas höchst Fröhliches und Behagliches. Nämlich als ich hörte, daß wir während der ganzen Nacht wahre Wolkenbrüche zu erwarten haben, welche die Dschunub da unten über sich ergehen lassen müssen, dachte ich, daß dem Maha-Lama, dem obersten Minister, dem Strategen mit dem langen Namen und allen ihren berühmten Chargen wohl ganz dasselbe Vergnügen zu gönnen sei, wie ihren armen, halb verschmachteten Leuten. Ich beeilte mich, dies dem Dschirbani zu sagen, und da bekanntlich zwei gleich gescheite Leute auch stets die gleiche Meinung haben, so stimmte er mir bei und gab den betreffenden Befehl. So sind die Wächter frei geworden, und ich lud den Prinzen, der die Gefangennahme der Dschunub gern vom Anfang bis zum Ende beobachten wollte, ein, sich hierhertragen zu lassen, wo es im ganzen Tal die beste und weiteste Aussicht gibt. Mein Platz wird bei ihm sein, nicht bei dir, Effendi, denn es ist notwendig, es uns bis morgen früh so bequem wie möglich zu machen.“
    Er hatte recht. Es gab für ihn und den Prinzen bei mir, Abd el Fadl und Merhameh keinen Platz, zumal er seine beiden großen Hunde bei sich hatte, wie ich die meinen. Was diese Hunde betrifft, so will ich schon jetzt gleich sagen, daß sie uns während der fürchterlich nassen Nacht sehr zustatten kamen. Sie verbreiteten eine wohltätige Wärme in unserem Zufluchtsort. Merhameh schlief zwischen Aacht und Uucht wie eine Prinzessin, die sie auch wirklich war, auf schwellenden Daunen, und ich, in meine Decke gehüllt, lag ganz vorn an der Wetterseite, um die etwa doch hereinsprühende Feuchtigkeit von ihrem Vater abzuhalten.
    Freilich jetzt, wo es noch nicht dunkel, sondern noch eine kleine Stunde bis zum Abend war, hatte der Regen noch nicht begonnen. Es siebte und sprühte nur zunächst, und wir hatten ebenso wie die unten an uns vorüberziehenden Dschunub keine Ahnung von den Fluten, die sich über uns ergießen würden. Der Fluß war beständig gestiegen. Das Wasser erreichte fast schon das Ufer und schien noch immer nicht abfließen zu können. Während sich uns zu Füßen nach und nach die Falle füllte, wurden über uns auf dem Felsenpfad bedeutende Holzvorräte von dem Felsenloch nach dem Felsentor geschafft. Da der Regen drohte, reichte das dortige Quantum nicht, die Flammen so mächtig

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