25 - Ardistan und Dschinnistan II
emporlodern zu lassen, daß sie von der aus den Wolken kommenden Flut nicht ausgelöscht werden konnten, und es war also sehr gut, daß der Dschirbani grad auf das Herbeischaffen des nötigen Brennmaterials ein so großes Gewicht gelegt hatte.
Während die von Halef mitgebrachten Ussul für ihn und den Prinzen ‚Panther‘ eine steinerne Hütte errichteten, beobachtete dieser letztere das Felsentor, durch welches die Dschunub förmlich hereingequollen kamen, um dem draußen wütenden Orkan möglichst schnell zu entgehen. Hierbei lag auf seinem Gesicht der Ausdruck einer Gehässigkeit, der ganz und gar nicht geeignet war, es zu verschönern. Merhameh sah das auch und wandte ihren Blick, so oft er auf ihn fiel, schleunigst wieder von ihm ab. Sein Auge aber wurde wieder und immer wieder von dem schönen Mädchen angezogen, und er gab sich leider auch gar keine Mühe, ihr dies zu verbergen. Wer sie war, das wußte er; er hatte es sofort bei der Ankunft der Ussul hier erfahren; aber daß sich auch sein älterer Bruder hier befand, das wußte er noch nicht. Niemand hatte es ihm gesagt, sogar sein Vater nicht, und zwar aus Gründen, die in der Feindschaft lagen, welche der eine, jüngere gegen den anderen Prinzen hegte.
Die Dschunub hatten unten am Felsentor nicht weiter gekonnt; sie waren gezwungen gewesen, zu halten. Von oben aber rückten sie immer nach, und so kam die Stauung durch ihre Reihen von unten heraufgelaufen und hatte uns schon überholt, als endlich ihre letzten Nachzügler durch das Tor geritten kamen. Hierauf vergingen einige Minuten, während welcher, wie wir wohl wußten, von unserer Seite der verschwundene Holzstoß wieder instand gerichtet wurde. Dann fielen da oben einige Schüsse, welche aller Augen nach dorthin zogen. Man schaute hinauf nach dem Tor. Da kam noch ein Trupp herein, aber nicht zu Pferd, sondern zu Fuß. Das waren unsere bereits gefangenen Dschunub, die Irahd noch zu guter Letzt hereingeschoben hatte; dann brannte er hinter ihnen den schnell errichteten Scheiterhaufen an. Voran schritt der Maha-Lama mit dem obersten Minister. Als der kam, welcher hinter diesen beiden ging, rieb sich Halef fröhlich die Hände und sagte:
„Das ist mein Tertib We Tabrik Kuwweti Harbie Fenninde Mahir Kimesne, der mich und überhaupt uns alle in sein Herz geschlossen hat. Allah gebe ihm für morgen recht viel Sonnenschein, für heute nacht aber einen Regenschirm, der keinen Stiel, dafür aber hunderttausend Löcher hat, die alle tropfen!“
Indem er dies sagte, trieb der Wind auch schon den Rauch des angebrannten Feuers zum Tor herein, und wir wußten nun, daß die Falle wieder geschlossen und aus ihr kein Entkommen war.
„Sie sind da! Sie sind alle da, vom ersten bis zum letzten!“ jubelte der ‚Panther‘, indem seine Augen funkelten. „Kein einziger kann entkommen! Allah verdamme sie, die mich betrogen haben, bis in die allertiefste seiner Höllen!“
Noch war dieser Fluch nicht ganz verklungen, so ertönte neben mir die laute, liebe Stimme Merhamehs:
„Allah erbarme sich ihrer, daß sie nicht in die Hände eines Siegers geraten, der nicht wie ein Mensch, sondern wie ein Panther denkt!“
Das brachte eine ganz eigenartige Wirkung auf ihn hervor. Zunächst machte er eine Bewegung, als ob er die Hände ballen und aufspringen wolle; aber er brachte das infolge seines verletzten Fußes nicht fertig. Dann starrte er sie an mit fletschenden Zähnen und weit geöffneten Raubtieraugen. Plötzlich, wie mit einem Schlag, verschwand dies alles; sein Gesicht begann, eine fast naive, kindliche Gutmütigkeit zu zeigen, und im möglichsten Wohlklang seiner Stimme antwortete er:
„Ganz richtig; ja, ganz richtig! Allah erbarme sich über diese lieben Kerle! Er geleite sie aus dieser verfluchten und verdammten Falle in sein bestes Himmelreich!“
Er nickte ihr mit einem strahlenden Lächeln zu und richtete hierauf sein Auge wieder nach dem Fluß hinab und auf das, was dort weiter geschah. In diesem Augenblick zuckte ein Blitz quer über den Horizont; ein Donnerschlag folgte, als ob alle Felsen des Engpasses im Einstürzen seien, und dann öffneten sich in einem einzigen Nu die Schleusen des Himmels und gossen keine Tropfen, keinen Regen, sondern eine ganze, kompakte, festgeschlossene See von Wasser hernieder, durch die kein menschlicher Blick zu dringen vermochte. Alles, was bisher vor unserem Gesicht gelegen hatte, war verschwunden. Unser Auge reichte nicht einmal bis auf die naheliegende Platte hinab.
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