251 - Der Taratzenkönig
setzte, sah sie plötzlich, wie sie wegrutschte, wie sich alles um sie drehte und sie unglücklich aufschlug! Erschrocken zog sie den Fuß zurück. Gerade noch rechtzeitig, bevor sich der Stein löste und nach unten polterte.
Ihr Herz pochte wie verrückt, als sie heil unten ankam. Die ständige Gefahrsicht hatte sie vor einem Absturz bewahrt - aber sie hätte liebend gern darauf verzichtet, nur um wieder normal sehen zu können.
Als sie am Boden anlangte, erschienen prompt drei Taratzen und umringten sie. »Bringt mich zu Hrrney!«, verlangte sie und unterstrich die Forderung mit einem mentalen Befehl.
Die Taratzen führten sie zu einem der größten Häuser. In dessen Innerem gab es durchsichtige Wände, hinter denen Felsen, Bäume, Äste und Gestrüpp eine bergige Landschaft bildeten. Durch ein Loch in einer durchsichtigen Wand betraten sie das Innere. Auch hier gab es Höhlen.
Traysi hörte seltsame Geräusche, noch bevor sie Hrrney sah. Sie verzog angewidert das Gesicht. Als sie um eine Ecke bog, sah sie ihren Verdacht bestätigt. Hrrney stand gerade hinter einem knienden Taratzenweibchen und bewegte sich wild und ungestüm. Dabei grunzte er wie eine Wisaau, während das Weibchen in den höchsten Tönen quiekte. Zehn weitere standen und lagen um ihn herum und nahmen auf die eine oder andere Art an der Orgie teil. Oder waren es doch nur acht? Oder weniger? Durch die ständigen Bewegungen auf zwei Ebenen, die ein verwischtes, konturloses Durcheinander ergaben, konnte Traysi die genaue Anzahl der Weibchen nicht auf Anhieb feststellen. Selbst bei Hrrney hatte sie kurz den Eindruck, er existiere drei oder vier Mal gleichzeitig. Sie schloss für einige Momente die Augen.
»Ahh, Trrayssi«, zischte die Riesentaratze, ohne sich in ihrem Tun auch nur im Geringsten stören zu lassen. »Bisst wiederr errwacht.«
Traysi erwiderte nichts. Trotz geschlossener Augen sah sie das wüste Durcheinander als Nachbild, denn ihre Fantasie projizierte es weiterhin in ihren Geist. Verzweifelt versuchte sie mit ihren Gedanken Hrrney zu erreichen. Als der zwei Weibchen anwies, Traysi herzuschleppen, als sie bereits die widerlich scharfen Klauen auf ihrer Haut und den fauligen Atem im Gesicht spürte, kam der Kontakt doch noch zustande.
Der König ließ von dem Weibchen ab. »Hinauss mit euch«, zischte er. »Will mit meinerr Königin alleine sssein.«
Die Weibchen fauchten zornig und enttäuscht. Erst als Hrrney Anstalten machte, auf sie loszugehen, fügten sie sich. Im Hinausgehen bekam Traysi noch einen Schlag mit der Kralle ab. Ihr Oberarm begann leicht zu bluten. Sie unterdrückte den Schmerz.
»Du musst mich gehen lassen, Honey«, suggerierte sie ihm. »Ich brauche Hilfe, wenn ich wieder schön für dich werden soll.«
»Ja, sschön fürr Hrrrney. Gut. Vielleicht kann Errdmann helfen. Sseine Frreunde ssind in Bunkerr eingedrrungen. Frreunde ssind weg, aberr Errdmann isst noch da. Im Bunkerr gibt ess Medizzin fürr Trrayssi.«
Die Barbarin horchte auf. Hrrney sprach von den Fremden, die nach Landán gekommen und in den Bunker gelangt waren! Das musste den hiesigen Technos missfallen haben; sie hatten einen der Eindringlinge gefangengenommen. [2] Ob es deswegen zu der Explosion und zum Einsturz der Kuppel gekommen war? Traysi konnte es nur vermuten, denn sie hatte von den ganzen Vorgängen kaum etwas mitbekommen.
Auf jeden Fall war das eine interessante Entwicklung. Sicher würden die hoch entwickelten Technos ihr helfen können - aber sie führten Krieg gegen die Taratzen und wussten, dass Traysi zu ihnen gehörte. Wenn es aber gelänge, den Fremden zu befreien, würde der sich bestimmt erkenntlich zeigen. Notfalls konnte sie ja ein bisschen nachhelfen.
»Hast recht, Honey«, flüsterte sie dem Taratzenkönig ins Ohr. »Der fremde Erdmann wird mir helfen. Wir müssen ihn befreien!«
Hrrney rückte automatisch von ihr ab und grollte. »Haben letzzten Winterr schon verrsucht, dass neue Nesst der Technoss ausszzuheben. Viele Tarratzzen starrben. Dass Nesst isst zzu sstarrk befesstigt.«
Der König beugte sich wieder zu ihr herüber. Traysi legte ihren linken Arm um seinen mächtigen Hals - griff ins Leere und geriet durch den eigenen Schwung ins Taumeln. Für einen Moment hatte sie vergessen, dass Hrrneys Bewegung erst noch erfolgen würde. Als sie taumelte, stießen sie zusammen.
In Traysi stieg die Wut über ihren Fehler hoch. Es dauerte Sekunden, bis sie sich wieder unter Kontrolle hatte. Es galt, Hrrney zu überreden
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