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253 - Das Terror-Gen

253 - Das Terror-Gen

Titel: 253 - Das Terror-Gen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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Herausforderung annehmen.
    Inzwischen hatte der ehemalige Prime von Salisbury und jetzige Prime der Community Guernsey den Fuß des Hügels erreicht. Seine Schritte wurden nun schneller, als er Buschwerk und knöchelhohe Wiesen durchquerte.
    Er dachte an den Wachturm, den er vorhin im Vorbeigehen zum wiederholten Mal betrachtet hatte. Er stammte aus einem der großen Kriege vor »Christopher-Floyd«; dem zweiten Weltkrieg, wenn er sich nicht irrte. Die gut erhaltene Ruine war ihm schon gestern aufgefallen, als sie die Insel anliefen. Sie lag auf einer Anhöhe im Südosten. Eine gute Position für ein Basislager. Gedankenversunken kletterte er die Deichböschung hinauf und wieder hinunter. Stapfte über weiches Seegras und bog in den niedergetretenen Pfad ein, der zum Zypressenhain am Meeresufer führte. Hier hatten die Technos notdürftig ein Lager aufgeschlagen.
    Als Leonard es betrat, war jeder einzelne Schritt der nächsten Tage in seinem Kopf geplant. Nun ging es nur noch darum, dass die anderen mitzogen.
    Doch der Anblick seiner Gefährten ließ seinen Enthusiasmus auf ein Minimum sinken. Der kleine Haufen glich einer Schar verwahrloster Bettler, und die Begrüßung ihm gegenüber fiel eher kühl aus. Die Einzige, die ein paar freundliche Worte über die Lippen brachte, war Eve Neuf-Deville. »Morgen, Leonard. Schön, dich zu sehen. Dachten schon, du hättest dich verirrt.« Die große magere Frau saß im Schneidersitz auf einem flachen Findling und winkte ihm zu. Zwischen ihren dünnen Fingern glomm ein Stängel aus zusammengerollten Blättern.
    Leonard Gabriel erwiderte ihren Gruß mit einem wortlosen Kopfnicken. Vermutlich hatte sie die letzte Stunde damit zugebracht, sich irgendwelche Kräuter zu suchen, deren halluzinogene Wirkung ihr den Tag vermeintlich erleichtern sollte.
    Der Prime verabscheute ihre Rauchgewohnheiten. Überhaupt hatte sich die Psychologin aus Salisbury in den letzten Monaten zu ihrem Nachteil verändert. Ihr einstiger Humor hatte bissigem Sarkasmus Platz gemacht und ihre seichten Sprüche gingen bis an die Grenze des Erträglichen. Dennoch war sie für Leonard wichtiger denn je. Sie war die Einzige, die ihm gegenüber stets loyal war, ohne Fragen zu stellen.
    Anders sah es mit Sir Ibrahim Fahka aus, der neben Sir Jefferson Winter am Feuer saß. Beim Näherkommen warf er Gabriel einen finsteren Blick zu. Dabei zog er sein Messer über das Ende eines speerlangen Stocks, aus dem bereits eine geschnitzte weiße Spitze ragte. Wie auch Eve gehörte der schwarzhäutige, rundliche Mann zu den Jüngeren der Technos. Leonard schätzte ihn auf Anfang sechzig. Er war ein kluger Kopf, sachlich und ruhig. Außerdem verfügte er über technisches Geschick, von dem sie in den nächsten Wochen mehr als genug brauchen würden.
    Allerdings verübelte er Leonard die Übergabe der Glaskuppel an die Taratzen. Und zwar mehr als alle anderen. Kein Wunder. Als Oktavian der Londoner Ingenieurskaste hatte er damals den Kuppelbau entworfen und war selbst am Bau beteiligt gewesen. Er wird darüber hinwegkommen , dachte Leonard und nickte ihm betont freundlich zu.
    Sir Jefferson blickte kurz auf, als Leonard an ihm vorüberging. Seine roten Augen schienen ihn kaum zu sehen. Er murmelte etwas Unverständliches und wandte sich dann wieder dem gebogenen Holz und den Gummibändern in seinen faltigen Händen zu. Jefferson war mit Abstand der Älteste unter ihnen. Einhundertsechsunddreißig Jahre alt. Sein spitzer, hochstirniger Schädel war kahl, die blasse Haut seines Gesichts von feinem violetten Venengeflecht überzogen und zerknittert wie uralte Seide.
    Leonard bewunderte das Wissen des Albinos. Er war ein wandelndes Lexikon und persönlicher Berater der Queen. Um ihn musste er sich keine Gedanken machen: Jefferson würde nicht von Victoria Windsors Seite weichen, und Leonard Gabriel würde dafür sorgen, dass die Queen die Insel nie wieder verlassen wollte. In ihre Richtung lenkte er nun auch seine Schritte. Sie lag auf einem Lager aus Seegras und großen, fremdartig aussehenden Blättern.
    Sarah Kucholsky und Cinderella Loomer waren bei ihr. Er konnte immer noch nicht fassen, dass Cinderella mit den abtrünnigen Demokraten sympathisierte. Ausgerechnet Loomer! Die ehemalige EWAT-Pilotin war einst seine Vertraute gewesen. Auch wenn sie ihm das Leben gerettet hatte: Er würde sie im Auge behalten! Im Moment berichtete sie wieder einmal von den Vermummten, die sie bei ihrer Ankunft in einem Waldstreifen zu sehen

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