253 - Das Terror-Gen
weiter versuchte, Aruula ins Leben zurückzuholen, schrie sich die ehemalige Queen die Seele aus dem Leib, und am Grab Asyros zankten sich die Sturmtaucher um den ersten gefangenen Fisch.
***
Matt saß im Licht der Morgensonne an die Felsen vor ihrer Höhle gelehnt. In seinen Armen hielt er das Einzige, für das es sich lohnte, in dieser postapokalyptischen Welt zu sein: Aruula. Sie lebte. Nach dem dritten Anlauf seiner Wiederbelebungsversuche war sie hustend und keuchend zu ihm zurückgekehrt. Voller Dankbarkeit und Freude hielt er sie fest umschlungen, als wollte er sie nie wieder loslassen. Noch war sie bleich und geschwächt, aber sie lebte.
Inzwischen hatte sie ihm von ihrer Geistreise berichtet, die sie beinahe das Leben gekostet hatte. Als Victoria bei der Erinnerung an den Schatten kollabiert war, hatte sich die Barbarin, wie schon am Tag zuvor, nicht aus dem Geist der Kranken lösen können. Die ehemalige Queen musste sie wohl von sich gestoßen haben. Aruula wusste nur noch, dass sie einmal kurz zu sich kam und vor Übelkeit fast besinnungslos wurde. An das, was danach kam, fehlte ihr jede Erinnerung.
Matt dachte wieder an die Warnung Asyros, Victoria zu töten, damit jene »Schatten« nicht zurückkehrten. Mit Aruulas Erlebnis hatte der Schrecken nun eine Gestalt bekommen - auch wenn sie diese Gestalt in Victorias Erinnerung nicht deutlich hatte erkennen können. Etwas war von der Küste gekommen, hatte das Dorf der Technos überfallen und alle dort lebenden Menschen versteinert.
Nun, da Matthew wusste, dass sie auf dieser Insel nichts mehr über die Bunkerleute herausfinden würden, wurde es höchste Zeit, Guernsey den Rücken zu kehren. Bevor die Schatten tatsächlich wiederkamen. Wer oder was immer sie gewesen und aus welchem Höllenschlund sie hervor gekrochen waren.
Als der Mann aus der Vergangenheit Stunden später Lady Windsor aus der Höhle trug, um sie in das mit Proviant beladene Boot zu bringen, verbarg die Kranke, vom Sonnenlicht geblendet, ihr Gesicht in seiner Halsbeuge. »Sie werden uns finden«, flüsterte sie heiser.
Drax zweifelte keinen Augenblick daran, dass sie von den Schwarzen Schatten sprach. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken.
Beim Boot angekommen, legte er den dürren Körper vorsichtig auf die weiche Unterlage, die Aruula im für Victoria gerichtet hatte. Dabei bemerkte er etwas, das seinen Schrecken noch vertiefte: Die linke Schulter der Lady fühlte sich hart an wie Stein!
»Erschrick nicht«, warnte er seine Gefährtin. Dann schnitt er mit seinem Messer den Ärmel von Victorias Kleid auf. Und wie er es befürchtet hatte, war ihre Schulterpartie versteinert!
Stumm vor Entsetzen starrte das Paar lange Zeit darauf. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Sir Leonard und seine Technos tatsächlich jene Steinfiguren im Dorf waren, jetzt bekamen sie ihn geliefert. Auch wenn es medizinisch unmöglich war.
Erst viel später, als Matt das Segel gehisst hatte und ihr Boot auf den Kanal hinaus glitt, konnten sie ihrer Trauer Worte geben. Und als das Ufer der Schmetterlingsbucht nur noch ein winziger Punkt war, fragte sich Matt, warum alle anderen Menschen offenbar sofort versteinert waren, während der unheimliche Prozess bei Victoria Windsor jetzt erst einzusetzen schien.
»Vielleicht, weil die Queen nur von dem Schatten gestreift wurde«, überlegte Aruula laut.
Oder weil Aruulas Lauschen Victorias Erinnerungen daran geweckt hat, die den Prozess erst auslösten ?, dachte Matt. Doch er hütete sich, dies auszusprechen.
Lange nachdem Guernsey am Horizont verschwunden war, hielt Aruula die stöhnende Queen in den Armen. Die Kranke schien kaum etwas von der Fahrt mitzubekommen. Der versteinerte Bereich an ihrer Schulter hatte sich ausgebreitet und ihr schmaler Körper zitterte unter den Decken. »Stein, Stein, Stein, alles wird zu Stein!«, wisperte sie entrückt. Matt und Aruula sahen sich betroffen an. Sie wussten beide, dass die Tage der ehemaligen Queen von Britana gezählt waren…
ENDE
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