2544 - Gefangene des Handelssterns
Gucky den Gedanken der Okrivar entnahm, um eine Patrouille der internen Militärpolizei.
»Seid ihr dem gelben Wahnsinn anheimgefallen?«, bellte der Anführer, noch während die Plattform abbremste. »Was habt ihr geschnupft, dass ihr euch anmaßt, im Sperrgebiet herumzustrolchen?Und wo habt ihr die Mini-Antigravgürtel gestohlen?«
»Sie lagen am Bereitschaftstisch der Mannschaftsmensa, zur freien Entnahme«, antwortete Gucky mit kleinlautem Unterton. Er befingerte seinen Hüftgurt, an dem allerlei hing, nur kein Antigrav-Aggregat. »Da haben wir halt zugegriffen.«
»Zu welcher Einheit gehört ihr?«
Wahrscheinlich wieder mal die SSW-346er, dachte der Okrivar dabei. Es sind immer die Gleichen, die Ärger bereiten.
»Dreihundertsechsundvierzig Südsüdwest«, sagte Gucky prompt, seinen Kokon derart bewegend, dass der Eindruck entstand, er werfe sich stolz in die Brust.
Der Wasserstoff-Methanatmer überschüttete ihn mit Verwünschungen. »Ihr Kretins wisst genau, dass es streng verboten ist, beim Training zuzusehen und sich dadurch einen Vorteil anzueignen.«
»Das lag nicht in unserer Absicht. Wir wollten bloß einen harmlosen kleinen Vorgeschmack genießen.«
Die fast zum Greifen nah unter ihnen stattfindenden Massaker, erfuhr Gucky gleichzeitig telepathisch, dienten der Zerstreuung des an Bord des Handelssterns stationierten Truppenkontingents. Man hetzte einzig zu diesem Zweck gezüchtete Völkerschaften aufeinander.
Manche Soldaten wetteten hohe Summen auf den Ausgang des jeweils nächsten Turniers. Das derzeit stattfindende, sich über Tausende Quadratkilometer erstreckende, obszöne Blutbad stellte nur einen »gedrosselten Probelauf« dar, anhand dessen die Schiedsrichterkommission die strategische Gewichtsverteilung nachjustieren würde.
Wem fiel so etwas ein? Wer ergötzte sich an einer derartigen Perversion?
»Ihr zwei kommt mit. Steigt auf!«, befahl der Truppführer. »Im Stubenarrest könnt ihr euch in Ruhe überlegen, wie ihr euer schändliches Verhalten rechtfertigt.«
Ruhe, Stube und Arrest, fand Gucky, klangen unter den gegebenen Umständen recht verheißungsvoll.
*
Major Jawna Togoya war in erster Linie Positronik-Spezialistin. An Bord der JULES VERNE fungierte sie nicht nur als Dritter Offizier, sondern auch als Koko-Interpreter, als Meisterin des zum Schiffsrechner gehörigen Kontracomputer-Segments.
Zu behaupten, dass sie sich mit weitverzweigten Netzwerken ganz passabel auskannte, wäre eine kokette Untertreibung gewesen. Desweiteren enthielten ihre Speicherbänke alle Informationen, die den Terranern über die entsprechenden Technologien der Frequenz-Monarchie vorlagen.
Trotzdem konnte Jawna sich nicht einfach so in das Steuerungs- und Datengeflecht des Handelssterns einklinken. Sie stand vor dem Problem, sich überhaupt einmal einen Zugang zu verschaffen,ohne dabei sofort Alarm auszulösen.
Grundsätzlich rechnete zwar niemand mit einer ernsthaften Bedrohung innerhalb FATICOS. Zu gut abgesichert war der Moloch; nach außen perfekt geschützt durch seine Sonnentarnung und die überaus hochwertigen Verteidigungssysteme.
Aber eben hatten Fremde sich einzuschleichen versucht. Sie waren enttarnt und – nach herrschender Auffassung – vollständig neutralisiert worden. Dennoch würde das Sicherheitspersonal noch eine Weile aufgescheucht bleiben.
Überdies tendierten Personen an der Spitze steiler Hierarchie-Pyramiden generell zu einer gewissen Paranoia. Allerorten witterten sie einerseits Intrigen, andererseits Schlendrian oder blanke Unfähigkeit. Sie misstrauten ihren Untergebenen, überwachten diese am liebsten bis in die Intimräume und beschnitten ihre Eigeninitiative aufs geringste praktikable Maß.
Irdelph, Jawnas unfreiwilliger Helfer, stellte dafür ein Musterbeispiel dar. Obwohl hochrangiger Wissenschaftler und Techniker, wurde der Okrivar an einer denkbar kurzen Leine gehalten.
Weder durfte er sich außerhalb dieser Laborregion bewegen, noch hatte er Zugriff auf Daten, die nicht zu seinem Fachgebiet oder zur unmittelbaren Aufgabenstellung gehörten. Nicht einmal Übersichtspläne des Handelssterns konnte er abrufen, ohne vorher um offizielle Genehmigung nachzusuchen.
Das kam natürlich nicht infrage. Jawna Togoya wollte keine schlafenden Hunde wecken.
Die Kodes, die Perry Rhodan von den Maahks und den Gaid-Rebellen erhalten hatte, nützten ihr ebenfalls nichts. Im Gegenteil, deren Verwendung hätte sie unverzüglich als Spionin entlarvt. Laut Irdelph hatte
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