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255 - Winterhexe

255 - Winterhexe

Titel: 255 - Winterhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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ihn kaum zu dauerhaftem Gehorsam zwingen können…
    Sie schaute zu Balcron. Der Techno würde ihr helfen müssen. Wie immer - ob er nun wollte oder nicht.
    Er war ihr verfallen, hörig in einer nie gekannten Weise. Es zerriss ihn schier, aber er tat, was immer sie von ihm verlangte. Tötete, obwohl er das Paradies auf Erden hatte schaffen wollen…
    Mein Alterchen , dachte Gwaysi fast zärtlich. Was würde, ich ohne dich bloß anfangen?
    ***
    Mai 2518, nahe Durbayn
    Seit Stunden sammelte Ayliise frische Kräuter, und wie so oft hatte sie sich dafür weit vom Dorf entfernt. Bis zu den Ruinen des alten Durbayn reichte ihr Radius, wenn es darum ging, seltene Pflänzchen zu finden, aus denen sie Tee und anderen Mixturen herstellte.
    Ein Geräusch ließ sie aufblicken. Sie stand tief vornüber gebeugt da und rupfte gerade ein bewährtes Kraut gegen Kopfschmerzen, und als sie sich aufrichtete, stand vor ihr eine Frau im roten, bodenlangen Umhang.
    Der Anblick kam so überraschend, dass Ayliise aufschrie. Doch sie verstummte auch rasch wieder, als sich der Blick der Unbekannten in ihre Augen brannte.
    Ayliise verlor das Bewusstsein…
    ... und als sie wieder zu sich kam, war sie an einem anderen Ort, sitzend auf eine seltsame Konstruktion geschnallt, die sie daran hinderte, aufzustehen und wegzulaufen. Eine Art Helm hatte sich über ihren Kopf gestülpt, sodass sie kaum unter dem Rand hervorschauen konnte. Doch mit einiger Mühe gelang es ihr, ihre Umgebung wahrzunehmen.
    Die fremde Frau war bei ihr. Sie trug ebenfalls einen Helm und sprach mit einem glatzköpfigen älteren Mann im silbernen Anzug, der an einem korbgroßen Gerät hantierte. Was sie miteinander besprachen, verstand Ayliise nicht, obwohl sie die Stimmen klar und deutlich hörte. Nur der Inhalt entzog sich ihrem Begreifen. Zu viele Ausdrücke, die sie nie gehört hatte, kamen darin vor.
    Schließlich legte der Mann einen Hebel an dem Gerät um…
    ... und in Ayliises Hirn veränderte sich etwas. Sie spürte regelrecht, wie auch in ihr ein Schalter umgelegt wurde. Wie sie plötzlich ... anders dachte als zuvor.
    Die fremde Frau trat vor sie. »Du wirst mir jetzt ganz genau zuhören und jedes meiner Worte befolgen. Hast du mich verstanden?«
    Ayliises Kopf war nie so frei und leer gewesen wie in diesem Moment. Wie von selbst antwortete sie: »Ich verstehe und… gehorche.«
    ***
    Wetteranlage, Juni 2518
    Der fahrende Händler brachte Artefakte. Balcron, der ihn dank der Kameras bereits von weitem gesehen und den Wirbel deaktiviert hatte, begrüßte ihn wie schon einige Male zuvor. Miracel, so nannte der Händler sich, war ein alter Bekannter, mit dem der Techno schon vor seiner Zusammenarbeit mit Rothschild in Kontakt gestanden hatte. Wann immer Miracel in die Gegend kam, schaute er kurz vorbei. Seine Funde, die er Balcron stolz präsentierte, waren selten von größerer Bedeutung. Aber Miracel selbst war ein pfiffiger, mit allen Wassern gewaschener Händler, der den Techno bei ihren Treffen stets mit unterhaltsamen Anekdoten erfreute. Wie auch an diesem Spätjunitag.
    Sie redeten bei einer Tasse Tee. Der Händler präsentierte seine Ware, und wie üblich kaufte Balcron ihm zwei, drei Teile ab. Wichtiger für ihn war das anschließende Geplauder, das Miracel aber irgendwann mit der Frage unterbrach: »Sag mal, lebt hier neuerdings ein Weib?« Dabei wies er auf umher liegende Utensilien, die typisch für Frauen waren.
    Balcron war für einen Moment perplex. »Eine… Freundin«, sagte er schließlich stockend.
    Miracel grinste. »Wo hast du die denn aufgegabelt? In Durbayn? Ist sie wenigstens hübsch?«
    Balcron vermied eine direkte Antwort. »Sie hilft mir. Wie Rothschild früher. Geht mir zur Hand.«
    »Zur Hand, aha.« Noch breiteres Grinsen. »Und was ist mit Rothschild? Du warst doch immer hochzufrieden mit dem Kerl.«
    Balcron erzählte widerwillig, dass Rothschild umgekommen sei. Und dass er im Zuge dessen auch Gwaysi kennen gelernt habe. Noch während er sprach, kamen lange erstickte Gefühle in ihm hoch. Er begann zu zittern und bekam Schweißausbrüche.
    Das entging auch Miracel nicht. Nur dass er es falsch deutete. »Muss ja eine Kanone im Bett sein. Wo ist sie? Willst du sie vor mir verstecken?«
    »Sie ist… unterwegs. Das ist sie oft.«
    »Wer's glaubt.«
    Balcron zuckte die Schultern. Er hatte einen Kloß im Hals. In ihm wirbelten die Gedanken. Wenn er an Gwaysi dachte, überfielen ihn die widersprüchlichsten Emotionen, die aber allesamt nichts

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