255 - Winterhexe
mit dem zu tun hatten, was Miracel ihm andichten wollte.
Als sie sich voneinander verabschiedeten, hielt Balcron den Händler noch einmal zurück und sagte: »Ich… hätte da etwas für dich. Ein Artefakt. Es… es ist harmlos, solange man es nicht aktiviert. Du brauchst also keine Sorge zu haben -«
»Keine Sorge?« Miracel sah ihn scharf an. »Was soll ich für dich tun, alter Freund? Worum genau handelt es sich?«
»Es ist… ein Gedankenmanipulator. Ich will ihn loswerden. Würdest du das für mich tun? Ich zahle gut.« Er hielt Miracel die dreifache Summe dessen hin, was er für die Artefakte des Händlers ausgegeben hatte.
»Lass stecken«, sagte Miracel großmütig. »Ein Gedankenmanipulator… Kann es sein, dass du den an dir selbst ausprobiert hast? Du wirkst heute verdammt zerfahren… Aber egal. Betrachte es als Freundschaftsdienst. Wo ist das Ding?«
Balcron holte das koffergroße Gerät und übergab es dem Händler. »Dass wir uns nicht missverstehen: Es ist gefährlich. Es muss unschädlich gemacht werden. Am besten versenkst du es in einem tiefen See. Versprich mir das!«
»Ja, ja, schon gut. Ich versprech's.« Miracel nahm den Apparat entgegen. »Auch wenn ich nicht verstehe, warum du es nicht einfach zerstörst.«
Weil sie mich dazu zwingen würde, es wieder zu reparieren , dachte Balcron vage, fast unbewusst.
Kurz darauf fuhr der Pferdewagen des Händlers davon. Und die ganze Zeit über betete Balcron, dass Gwaysi nicht vorzeitig zurückkehren und herausfinden würde, was er getan hatte.
Wenn sie da war, erstickte ihre Präsenz jeden Widerstand, jeden Zweifel in ihm. In ihrer Nähe glaubte er an das Gute, das er tat. Nur tief in seiner Seele wucherte die Wahrheit, die er nicht auszusprechen wagte, obwohl er sie kannte, seit Gwaysi bei ihm untergeschlüpft war.
Sie war von Rachsucht getrieben und von einem Hass zerfressen, der auch ihn, Balcron, mehr und mehr vergiftete…
***
18. Oktober 2521, Lowlands
Ayliise hatte sich als Spionin längst bewährt.
Sie war im Dorf, als sich der Widerstand gegen die Winterhexe formierte. Mitten in der Nacht hatten Erdstöße und Nachtlichter die Bewohner aufgeschreckt und eine neue Teufelei der Hexe fürchten lassen. Und nun sammelte Bürgermeister Ben Coogan Freiwillige um sich, die gemeinsam mit ihm zum Wirbel aufbrechen wollten, um sich den neuen Forderungen der Hexe zu stellen… Ayliise musste darüber Meldung machen - ob sie es nun wollte oder nicht. Doch als sie ihr Walkie-Talkie hervorziehen und ihre geheime Herrin warnen wollte… funktionierte es nicht wie gewohnt.
Ayliise reagierte wie ein Roboter, bei dem ein schlafendes Programm aktiviert worden war. Sie schlich sich in einen Stall und stahl ein Horsey. Dann ritt sie in Windeseile zum Sturmhaus der Winterkönigin.
Nur dass es das Sturmhaus nicht mehr gab. Der Wirbel aus Eis und Schnee war verschwunden!
Ayliise ritt ins Zentrum des ehemaligen Phänomens und traf dort auf eine verstörte Herrin, die selbst nicht begriff, was passiert war. Doch als Ayliise ihr berichtete, schien sie sich rasch wieder zu fangen. Die Herrin schickte Ayliise wieder zurück.
Ihre Warnung trug Früchte. Bittere Früchte, insbesondere für den Rädelsführer Ben Coogan…
Während Balcron beim Steinkreis alles vorbereitete, eilte Gwaysi von den nahenden Dörflern unbemerkt auf einem Umweg nach Durbayn. Sie wollte den Bewohnern ein für alle Mal austreiben, sich mit ihr anzulegen oder ihren Forderungen zu widersetzen. Ihre Lupas begleiteten sie zu dem Unternehmen, das in der Entführung sämtlicher Kinder des Dorfes gipfelte.
Sie traf auf keinerlei Widerstand, bis auf den eines Jägers, der in Durbayn zurückgeblieben war und nun seine altertümliche Flinte auf Gwaysi richtete.
Er wurde von den Lupas zerfleischt. Das würde die Lektion untermauern, die Gwaysi die Dörfler in jener Nacht lehrte…
Im Morgengrauen war das Aufbegehren der Durbayner erfolgreich abgewehrt worden, niedergeschmettert im wahrsten Sinne des Wortes.
Doch nun regte sich Widerstand von unerwarteter Seite.
Trotz des Einflusses, den Gwaysi auf Balcron ausübte, zeigte der Techno seinen Missmut über die jüngsten Entwicklungen.
»Ich sehe ein, dass wir uns mit den Gasgranaten vor einem blindwütigen Angriff schützen mussten«, sagte er. »Aber dass du die Kinder entführt hast, geht mir zu weit!«
Gwaysi erkannte, dass sie Balcron noch nicht so weit unter Kontrolle hatte, wie sie es anstrebte. Um Differenzen zu vermeiden, gab sie
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