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257 - Die Spur der Schatten

257 - Die Spur der Schatten

Titel: 257 - Die Spur der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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länger als eine Stunde, und keiner lud die Gefährten während der Wartezeit in sein Haus ein.
    Der Vorsteher, ein grauhaariger Bursche mit kräftigen Gliedern, schwankte ein wenig und roch nach Alkohol. »Was wollt ihr hier?«, fragte er die Reisenden griesgrämig.
    Matt Drax drückte ihm wortlos den Brief des Königs in die Hand. Der Mann las ihn. Danach hellte seine Miene sich deutlich auf, und Minuten später hockten Rulfan, Aruula und der Mann aus der Vergangenheit in seiner Hütte um den Esstisch herum. Seine Frau schöpfte ihnen Fischsuppe in Schüsseln und stellte Brot, einen Teller mit Schmalz und einen Krug Wein auf den Tisch. Seine zum größten Teil halbwüchsigen Söhne und Töchter - sieben zählte Matt - beobachteten die Fremden ängstlich oder misstrauisch.
    »Das mit der Fregatte wird nichts«, erklärte der Vorsteher. »Unsere Dorfgemeinschaft besitzt zwar einen Zweimaster mit vier Ruderbänken, doch der kommt frühestens in zwei Tagen aus dem Nordmeer zurück.«
    Grübelnd starrte Matt Drax in seine dampfende Suppe. Er musste an die Worte der Seherin denken: Was du dir vorgenommen hast, tue schnell und ohne Zögern! Sonst könnte es zu spät sein! Er hob den Blick und sah ihrem Gastgeber ins Gesicht. »Sonst gibt es kein Schiff hier, mit dem wir Irland erreichen könnten?«
    »Nun ja, ein Schiff gäbe es da schon noch…« Der Mann wand sich und druckste ein wenig herum. »Ich besitze einen Katamaran, doch mit dem wollte ich eigentlich morgen auf See fahren und fischen.« Er deutete auf seine Kinder und seine Frau. »So eine große Familie will ernährt sein, verstehst du? Ich kann es mir kaum leisten, auf den Kahn zu verzichten, und dann gleich mehrere Tage…«
    Matts Blick begegnete dem seines Blutsbruders - beiden war klar geworden, dass sie es hier mit einem Mann zu tun hatten, der verhandeln und dabei möglichst viel für sich herausschlagen wollte.
    »Gehen wir nach dem Essen hinaus zu den Schlitten«, schlug Rulfan vor. »Der König hat uns Werkzeug, Waffen, Decken und Trockenproviant mitgegeben. Wir werden uns schon einigen, du sollst deinen wertvollen Katamaran nicht umsonst verleihen. Niemand will, dass deine Familie hungern muss.«
    Der Dorfvorsteher war einverstanden. Nach dem Essen führte er Rulfan, Matthew und Aruula zum Bootssteg hinab, wo neben einem Dutzend Ruderbooten auch der Katamaran lag. Rulfan und Matt überzeugten sich von der Seetüchtigkeit des Schiffes, danach führte der Vorsteher sie in seine Stallungen, wo die Widder und die Schlitten untergebracht waren. Die Verhandlungen zogen sich über eine Stunde hin. Schließlich erklärte der Mann sich bereit, Matt und Aruula seinen Katamaran für zwei Monate zu überlassen. Im Gegenzug erhielt er zwei Hämmer, eine große Axt, vier Messer, ein Schwert und eine Decke aus Schafswolle für jedes Familienmitglied. Außerdem war Rulfan bereit, einen der Schlitten und zwei Widder bei ihm unterzustellen, damit er in den zwei Monaten zur Jagd in den nahen Wald fahren konnte; das Gespann diente zugleich als Pfand: Sollte der Katamaran verloren gehen, durfte der Vorsteher es behalten, darüber hinaus aber keine weiteren Ansprüche erheben.
    Zurück im Haus, setzten sie einen Vertrag auf, besiegelten ihn mit einem Krug Wein und gingen anschließend schlafen.
    Früh am nächsten Morgen luden sie Proviant und das restliche Material auf den Katamaran. Dann nahmen Matt und Aruula Abschied von Rulfan und Chira und stachen in See.
    ***
    Aus Jennifer Jensens Tagebuch
    Drei Tage lang sind wir jetzt am Ufer des Severn entlang gewandert. Die Bucht und das Mündungsgebiet liegen längst hinter uns. Pieroo will weiter nach Westen zur Küste. Wir haben freundliche Jäger getroffen, die uns von einer wunderschönen Insel mit Wäldern und Weiden voller Wild erzählt haben, und von lieblichen Küstenabschnitten, an denen man unter friedlichen Hirten und Fischern leben könnte. Ich schätze, sie haben von Irland gesprochen, das ja von Anfang an auch Pieroos Ziel war. Er hat sich in den Kopf gesetzt, dort Schafzüchter zu werden. An der Westküste will er ein Schiff ausfindig machen, das uns mit hinüber zu dieser Insel nimmt.
    Ich bin einverstanden - um deinetwillen, mein Kind. Nichts wünsche ich mir sehnlicher als einen schönen Ort, an dem du ein Zuhause finden und behütet aufwachsen kannst.
    Leider erwiesen sich sämtliche Brücken über den Severn bisher als unpassierbar. Wir werden wohl solange weiter nach Norden wandern müssen, bis wir eine

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