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257 - Die Spur der Schatten

257 - Die Spur der Schatten

Titel: 257 - Die Spur der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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unternehmen musste, warnte ihn aber wiederholt vor den Tücken des Winters.
    »Erzähl einer Kriegerin von den Dreizehn Inseln nichts vom Winter«, sagte Aruula. »Manche behaupten, wir hätten ihn erst erfunden.« Sie grinste. »Du wirst sehen, wir sind bald zurück. Wenn es Frühling wird, bauen wir unser Haus zwischen den Hügeln am Fluss. Maddrax hat es mir versprochen.«
    »Das freut mich sehr«, entgegnete Rulfan. »Bessere Nachbarn kann man sich nicht wünschen.« Er ließ nach seinem Hausverwalter Pellam schicken. »Ich habe schon zurecht legen lassen, was ihr auf eurer Reise braucht«, sagte er. »Und ich werde euch bis zur Küste begleiten.«
    »Aber du wirst doch sicher hier gebraucht…«, begann Matt und dachte dabei vor allem an Myrial, die Tochter des Verwalters.
    »Papperlapapp«, winkte Rulfan ab. »Der Laden läuft die paar Tage auch ohne mich.« Er zog zwei zusammengefaltete Stücke Pergament aus seiner Weste und breitete das erste auf dem Tisch aus. »Hier, das habe ich euch besorgt.« Matt Drax erkannte eine Landkarte der Gegend und der Meeresregion. Jed Stuarts Königsburg war darauf eingezeichnet, die Linie der Westküste Schottlands, ein paar Inseln der Irischen See und die irische Küste samt dem Dorf Corkaich, in dem angeblich Jenny, Ann und Pieroo lebten.
    Matt überflog die Karte. Natürlich konnte sie sich mit den Kartenwerken des 21. Jahrhunderts nicht messen, war aber detailliert genug, dass sie keine Schwierigkeiten haben würden, das Dorf zu finden.
    »Und das hier soll ich dir von Jed Stuart geben«, fuhr Rulfan fort, entfaltete das zweite Blatt und reichte es Matt. Es war ein Brief an den Vorsteher eines Fischerdorfes, in dem der König von Schottland diesen aufforderte, Matt und Aruula eine kleine Fregatte samt Besatzung für die Überfahrt nach Irland zur Verfügung zu stellen. Im Gegenzug versprach er ihm Vergünstigungen.
    Für alles andere hatte Rulfan gesorgt: Als sie ins Freie traten, ließ Pellam gerade zwei Schlitten vorfahren. Einer war vollgepackt mit Proviant und Ausrüstung, der zweite diente als Transportmittel für die Gefährten. Vor jeden Schlitten waren zwei mächtige, widderähnliche Tiere gespannt. Rulfan wollte die Gespanne zurück zur Burg bringen, sobald alles auf die Fregatte umgeladen war.
    Der Albino überließ es Chira selbst, ob sie ihn und die Gefährten begleitete. Die Lupa war seit der Begegnung mit dem weißen Rüden immer selbstständiger geworden. Matt sah Rulfan an, dass es ihn schmerzte, seine treue Begleiterin mehr und mehr zu verlieren. Aber die Kräfte der Natur waren nun mal stärker als der Wille ihres Herrn. Rulfan musste schon froh sein, dass sie ihn ab und zu besuchte.
    Der Abschied von der Verwalterfamilie und den anderen Bediensteten fiel kurz und schweigsam aus. Die Männer und Frauen blieben am Burgtor stehen, sahen den Schlitten hinterher und winkten. Nach wenigen Minuten schon verschluckte der Morgendunst die Umrisse ihrer Gestalten, und bald war auch die Burg selbst nicht mehr zu erkennen. Chira lief neben den Schlitten her.
    Drei Dörfer lagen auf der Reiseroute, die durch das Bergland hinunter zur Küste führte. Der Name des Königs hatte dort einen guten Klang, und die Bewohner bewirteten die drei Reisenden freundlich und großzügig. Rulfan, über den bekannt wurde, dass er künftig das große Waldgebiet nördlich von Stuart Castle beherrschen würde, begegnete man gar mit ehrfürchtigem Respekt.
    Am Abend des zweiten Tages erhob sich ein Schneesturm, der auch am folgenden Tag kaum nachließ. Drei Nächte lang mussten die Gefährten im zweiten Dorf übernachten.
    Eine fiebrige Erregung ergriff Matthew Drax, je näher sie der Küste kamen. Wenn er an Ann dachte, überwog bald die Vorfreude seine Sorgen, die er sich wegen Gyrollas Traumbild noch immer machte. Bei Aruula dagegen verhielt es sich eher umgekehrt: Je näher sie der Küste kamen, desto schweigsamer und nachdenklicher wurde sie.
    Fünf Tage später erreichten sie das Küstendorf. Es bestand aus sieben Hütten, einem Gemeinschaftshaus und einem Bootssteg. Inzwischen hatte es aufgehört zu schneien, der Himmel war fast wolkenlos und ein überraschend milder Südwind wehte. Der wenige Schnee an der Küste taute bereits.
    Die Bewohner des Dorfes begegneten ihnen zunächst misstrauisch - die schwarze Lupa flößte ihnen Furcht ein. Rulfan musste einem jungen Mann erst ein paar Meter Angelleine schenken, damit dieser den Dorfvorsteher suchte und zu ihnen brachte. Das dauerte

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