2574 - Das Lied der Vatrox
Geste. »Die Generalprobe, Olea. Ich muss alles noch
einmal gründlich testen, damit nichts schiefgeht. Deshalb muss der Raum danach versiegelt
werden.«
»Ja, ich habe es vermerkt. Gib mir Bescheid, wenn du fertig bist, dann werde ich ihn umgehend
sperren.«
Olea war kleiner als Lucba. In den letzten Wochen hatte ihre Haut einen ganz besonderen
Schimmer angenommen. Die Haut der Frauen war allgemein etwas heller als die der Männer, mit einem
leicht silbrigen Glanz, der sich zu bestimmten Gelegenheiten intensivieren konnte. Olea war
geradezu von einem Leuchten umgeben.
»Es dauert wohl nicht mehr lange«, bemerkte Lucba interessiert.
»Nach dem Fest müsste es so weit sein«, bestätigte Olea. Sie zog ihr weit wallendes,
farbenfrohes Gewand nach hinten, um Lucba ihren deutlich gewölbten Bauch zu zeigen.
»Bringt dich das nicht in Stimmung?«, fragte sie. »Lucba, du bist zweiundsechzig Jahre alt. Du
musst dich ranhalten, wenn du noch Kinder willst.«
Lucba neigte zur Verneinung leicht den Kopf nach rechts. »Ich will keine Kinder, Olea. Usgan
wollte auch nie welche. Es ist gut so, wie es ist.«
»Deine Besessenheit war dir immer wichtiger, ich weiß.«
»Ich bin nicht besessen! Dieses Projekt nahm meine gesamte Zeit in Anspruch, das ist wahr.
Aber die Mühen werden nicht umsonst gewesen sein, du wirst sehen!«
Lucba redete sich so sehr in Fahrt, dass es ihr die Nervosität nahm, ihre Gesichtshaut sich
entspannte und die Ohrmuscheln abschwollen.
»Du klingst sehr überzeugt.« Oleas dünne Lippen verzogen sich leicht. »Ich weiß offen
gestanden nicht, was ich denken soll, nachdem du immer so ein Geheimnis darum machst. Ich weiß
überhaupt nicht, was uns erwarten wird!«
»Etwas Wunderbares«, antwortete Lucba in stiller Vorfreude. »Etwas so Wundervolles, dass es
alles verändern wird.«
»Nun - das wissenschaftliche Gremium hat sich von dir überzeugen lassen, deshalb werde ich dir
nicht im Wege stehen. Solange es einen Unterhaltungswert hat! Denn darauf kommt es bei diesem
Fest an, zur Ablenkung von den Anstrengungen der Kreise.«
»Es wird eine hervorragende Unterhaltung, spannender als jede Simu«, versprach Lucba.
»Gut. Gib Bescheid, wenn du etwas brauchst, ich bin bis zum späten Abend hier.«
»Danke. Es wird alles funktionieren!«
2.
Letzte Testphase
Wie immer kam Lucba sich verloren vor, wenn sie diese riesige Kuppelhalle betrat. Keiner ihrer
Schritte erzeugte einen Hall oder ein Echo, weil der Klang nicht so weit reichte und noch dazu
vor Erreichen eines Widerstands von der Wucht der Stille erschlagen wurde.
Die späte Sonne strahlte ungehindert herein, und am linken Kuppelausschnitt wanderte langsam
der einzige Mond Var rötlich weiß in die Höhe. Selbst der Himmel bot ein Schauspiel, die
bedeutende Konstellation war bald erreicht; alles befand sich in erwartungsvoller Vorfreude.
Lucba schritt an den Eingang der Arena, wo ihre Steuereinheit, das Projektionsaggregat und der
Rechner aufgebaut waren. Es war eine Spezialanfertigung, die auf einer Standardbaureihe basierte
- eine Holo-Memo-Simulation, kurz HMS, ein beliebtes Projektionsmittel bei Versammlungen.
Bedingt durch die mentale Empfänglichkeit der Frauen, konnten Präsentationen so gestaltet werden,
dass die Zuschauerinnen glaubten, mittendrin zu sein - und das ganz ohne Simulationshaube
und Anschluss an einen Rechner.
Lucba entwickelte die Geräte weiter und schrieb neue Programme, die die Vergangenheit auf
einzigartige Weise sichtbar werden ließen - so jedenfalls hatte sie ihr Projekt bei der
Beantragung umschrieben und dem Gremium die Historie schmackhaft genug gemacht, um es bewilligt
zu bekommen.
Die Frauen liebten Simus, auch wenn historische Themen nicht gerade hoch im Kurs standen. Aber
vielleicht gerade weil das Streben stets vorwärtsging, immer tiefer hinein in den Weltraum, sahen
sie Lucbas Projekt als gelungene Bereicherung an. In den vergangenen Jahren hatte Lucba einige
Simulationen vorgeführt, um das Gremium zufriedenzustellen, doch sie waren noch weit von dem
entfernt gewesen, was sie in wenigen Tagen präsentieren wollte.
Lucba überprüfte die Programme und die gespeicherten Daten. Alle Systeme waren einsatzbereit,
die Präsentationen vorbereitet.
Es war das erste Mal, dass Lucba sie in dieser Halle testete. Ein paar Tage Luft hatte sie
noch, sollte der Ablauf »stottern« oder etwas fehlen.
»Also dann ...«
Lucba schaltete
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