2575 - Flucht nach Anthuresta
herausgestellt, dass
sanfte Klänge wohltuend und beruhigend auf ziellos umherirrendes Vamu wirkten, sodass es leichter
aufzuspüren war.
Langsam schwebte sie höher, tastete weiter hinaus. Die Frau war inzwischen gestorben, wie sie
durch einen kurzen Impuls erfuhr, und ihr Vamu irgendwo unterwegs.
Vat lag längst weit unter ihr, und Sespa wunderte sich nicht, dass ein Vamu von hier draußen
aus nicht mehr heimfand. Zwischen den Planeten und Monden, verloren in der Weite, umgeben von
Finsternis, war es schwierig, den Weg zu erkennen. Das Rauschen und Flüstern war so leise, dass
weniger begabte Frauen es so gut wie gar nicht mehr wahrnehmen konnten. Und wenn sie allein
starben, konnten sie keine Unterstützung finden.
Der Rand des Systems war fast erreicht. Wenn es sein musste, würde Sespa so lange dort
entlangstreifen, bis sie das gesuchte Vamu gefunden hatte.
Andere Fängerinnen waren unterwegs, Sespa spürte ihre kurzen Lichtblitze, doch sie
konzentrierte sich nur auf die Signatur, die sie erhalten hatte.
So dicht an der Grenze zum Nichts war es kalt und leer, und Sespa empfand ein Frösteln, obwohl
das in ihrer Vamu-Gestalt unmöglich sein müsste. Dann begriff sie, dass es ein fremdes Vamu war, das zitternd irgendwo in der Nähe dahintrieb.
Augenblicklich folgte sie der Spur, tastete nach dem verzweifelten Nebelfetzen, den sie weit
entfernt wahrnahm. Sie musste beschleunigen, um das Vamu einholen zu können, und dann umhüllte
sie es eilig mit beruhigenden Impulsen.
Beruhige dich, ich bin hier. Du bist nicht mehr allein und verloren.
Wer... bist du?
Grellrote Angst hämmerte stakkatoartig auf die Fängerin ein, doch sie löste den sanften Griff
nicht. Das hatte sie schon oft erlebt und weitaus schlimmer.
Ich bringe dich nach Hause.
Aber ... ich bin tot! Und hier ist nichts ...
Ich bin hier. Verrätst du mir, wie du gestorben bist?
Da war ... da war etwas ... ich war auf dem Heimweg ... ein Zusammenstoß, glaube
ich ...
Sespa verstärkte den Druck, um das Vamu langsam in die richtige Richtung zu lenken. Noch
wehrte es sich gegen die Umsorgung.
Hab keine Angst. Ich begleite dich. Ich bringe dich nach Hause.
Nach Vamunam?
Ja.
Immer noch ein nervöses Flackern, doch allmählich beruhigte sich das hilflose Vamu.
Es ist alles gut. Komm mit...
Als würde Sespa das Vamu an der Hand nehmen. Sanft zog die Fängerin es mit sich, umhüllte es
weiterhin mit tröstenden Impulsen. Als sie Vat erreichten, kam das Vamu endlich zur Ruhe.
Ich sehe es! Ich sehe es!
Es könnte jetzt den Weg allein finden, aber Sespas Aufgabe war erst beendet, wenn das Vamu
sicher in der großen Gemeinschaft angekommen war.
Sie schwebten auf einen herrlichen Park in der Hauptstadt zu, nicht weit entfernt von dem
riesigen Kuppelbau der Besinnung. Inmitten der Großstadt war in den vergangenen
Jahrhunderten diese Grünanlage mit Bäumen und ausgedehnten Grashügeln angelegt worden, doch nicht
etwa nur, um die Frauen zu erfreuen.
Vielmehr lag ein sehr wichtiger Grund darin: In einer Senke befand sich ein riesiger Triolith.
Er wurde aus drei konisch hochragenden tiefroten Riesenkristallen aus Tiovam gebildet. Ihre
Oberfläche war von Myriaden winziger Facetten übersät, die funkelnde Reflexe erzeugten. Und an
diesen Hyperkristallen lagerte sich gewissermaßen das Vamu der Verstorbenen an - jedes einzelnen.
Die meisten fanden den Weg von allein an diesen Ort, wurden regelrecht von dem Triolithen
angezogen.
Sespa und ihr Schützling konnten nun das Vamu der anderen erkennen - als helles, waberndes
Leuchten, das die drei Riesenkristalle schimmernd umgab.
Nur den Frauen konnte sich dieser wundervolle Anblick offenbaren, der immer tröstlich war.
Auch für das gerade ankommende Vamu, das sich nun hell singend von Sespa löste und glückliche
Impulse ausstrahlend auf die Vereinigung zustrebte, die es sprichwörtlich mit offenen Armen
empfing. Bald war es angekommen und tauchte ein ins Meer der Bewusstseine.
Zufrieden konnte Sespa den Heimweg zu ihrem Körper antreten. Schon kurz darauf floss sie in
ihn hinein und schlug die Augen auf.
*
Eine Ordensschwester stützte Sespa, als sie sich aufsetzte, und reichte ihr einen Becher, in
dem ein spezieller Stärkungstrank dampfte.
Sespa trank dankbar in tiefen Zügen, ohne abzusetzen, ehe der Becher geleert war. Den Körper
zu verlassen war immer sehr anstrengend und forderte viel Kraft. Die eine oder andere Fängerin,
die
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