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2575 - Flucht nach Anthuresta

2575 - Flucht nach Anthuresta

Titel: 2575 - Flucht nach Anthuresta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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Jäger-und-Gejagter-Spiel zwischen ihnen beiden.
    Wer welche Rolle einnehmen würde, sollte sich erweisen.
    »Und ihr habt wahrscheinlich die ganze Nacht benötigt, bis ihr endlich die Informationen

beisammenhattet.«
    »Ja«, gab der Referror zu.
    »Man sieht es dir an.« Lucba griff nach einem Mundtuch, tupfte sich die dünnen Lippen ab und

lehnte sich zurück. »Gut«, sagte sie. »Also, klär mich auf.«
    »Es gibt keinen Usgan Faahr.«
    »Du willst also behaupten, er ist nur eine Einbildung meines verwirrten Verstandes?«
    »Nein, aber...«
    »Reden wir offen.« Lucba hob die Hand. »Ich werde es dir ohne Umschweife sagen. Ich habe dich

weder belogen, noch bin ich verrückt. Usgan Faahr hat es gegeben, er hat existiert.

Für den Bruchteil eines Herzschlags, einen winzigen Moment, kurz vor dem ersten Schrei. All die

Monate vorher lagen wir dicht beieinander, schwammen in enger Umarmung in einer Blase, die unser

Universum war, in der wir heranwuchsen, bis wir reif genug waren, um in die Kälte einzutreten. Er

ließ mir den Vortritt, und dann war er an der Reihe, und während ich schon atmete, konnte ich

spüren, wie er versiegte. Ich erlebte seinen Tod mit, während ich das Leben einsog und schrie.

Ich schrie nicht, weil meine Lungen sich mit Luft füllen mussten, sondern weil Usgan Faahr starb.

Und da blieb mir nur eine einzige Möglichkeit: Ich nahm ihn in mir auf, um ihn zu bewahren.«
    Der Referror erstarrte. Seine Augen weiteten sich.
    »Ich tat es instinktiv. Ich tat es, weil ich wusste, dass er mein Zwillingsbruder war.

Ich tat es, weil ich seine Stimme in mir hörte. Denn er war wie ich, wir waren zwei, die in

Wirklichkeit einer waren.«
    Lucba stand langsam auf. »Seitdem lebte er in mir, ich hörte seine Stimme, er begleitete mich

zu jeder Zeit, im Träumen wie im Wachen. Seit meinen ersten Unterrichtsstunden hatte ich nur noch

ein einziges Ziel: ihn zu erwecken. Ihn zurückzuholen. Meine Mutter hielt mich für besessen, sie

schleppte mich zu Medikerinnen, und so hörte ich auf, darüber zu reden. Doch der Gedanke ließ

mich nicht los, dass der Tod mit unserem Volk etwas Besonderes vorhatte, dass das Schicksal

meines Bruders nicht einzigartig war. Ich fing an zu forschen und erhielt Bestätigung, als ich

weitere Stimmen hörte. Ich suchte nach den Zusammenhängen: nicht nur, warum, sondern vor allem, wann die Stimmen zu hören waren. So fing es an. Das ist die Wahrheit über mein

Erbe, das ich euch hinterlassen habe!«
    Sie trat dicht an den Referror heran und beugte sich über ihn. »Es ist möglich, dass ich mich

zeitlebens in einem Wahn befand, dass ich den Schock wegen des Todes meines Zwillingsbruders

niemals überwunden habe. Dass seine Stimme nur eine Einbildung meines kranken Geistes war. Aber

das war es, was mich dazu brachte, das Geheimnis unseres Volkes zu lösen, und letztlich zählt nur

das Ergebnis. Von dem ihr heute profitiert, nicht wahr?«
    Langsam richtete sich die Wiedergeborene auf und schritt auf die Tür zu. Ohne sich umzudrehen,

fuhr sie fort: »Ihr habt mich zurückgeholt, doch er ist dort geblieben, zertreten und zertrampelt

von den Frauen, die mir mein Wissen entrissen. Usgan Faahr ist tot und endgültig vergangen, ihr

könnt ihn niemals zurückholen, so wie mich.«
    Sie legte die Stirn in Falten. »Und das ist die wahre Ironie. Wie auch immer. Ich habe keine

Wahl, ihr habt mich gezwungen zurückzukehren, und ich habe diese Grausamkeit nunmehr angenommen.

Ich werde also diese Welt ergründen, und ich werde lernen, mit dieser unendlichen Leere in mir zu

leben. Denn das Leben muss noch etwas für mich bereithalten, und ich möchte herausfinden,

was.«
    Kitapor stand auf und wollte ihr folgen. Er zuckte zurück, als Lucba unerwartet zu ihm

herumfuhr.
    »Was du aber von dieser Lektion mitnehmen wirst, Referror, ist vor allem eines«, zischte sie

ihn an. »Ich habe nichts zu verlieren und ich habe keine Angst, denn nichts kann entsetzlicher

sein als diese Existenz. Und deshalb werde ich niemals den Befehl eines Mannes entgegennehmen. Haben wir uns verstanden? Gut.«
    Sie wies auf die Tür. »Dann lass uns endlich beginnen!«
    *
    Der Gleiter flog zu einem anderen Gebäude, irgendwo im Zentrum. Lucba achtete nicht auf den

Weg, sie musste sich die Stadt nicht einprägen.
    »Ich sehe unsere Beziehung leicht getrübt«, nahm Kitapor schließlich den Gesprächsfaden wieder

auf.
    »Im Gegenteil, sie war niemals so klar

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