2579 - Der Spieler und die Toten
mir spätestens jetzt mit aller
Deutlichkeit klar geworden. Wisst Ihr was? Ich werde gleich jetzt zum König gehen, um ihm die
Bilder zu zeigen. Anschließend zeige ich sie der Prinzessin. Dann seid Ihr alle Zeiten davon
befreit, mit ihr Spaziergänge am See machen zu müssen. Wie findet Ihr das? Ich zerstöre das Wort
des Boten und gleichzeitig treibe ich ein für alle Mal einen Keil zwischen Eure fette Gestalt und
die Prinzessin!«
KANZLER, schreit: »Das wirst du nicht, verfluchter Narr. Hörst du? Unter keinen
Umständen? Narr! Narr!«
(Er zückt einen Dolch, rammt ihn dem Narren in die Brust und stemmt ihn über die
Brüstung des Balkons in den See. Der Körper schlägt auf einen Felsen und wird von der Brandung
verschluckt. Der Kanzler starrt auf die Stelle, reibt sich über das Gesicht.)
KANZLER: »Was habe ich getan? Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Aus dem Spiel
wurde Ernst.«
Das mahnende Schauspiel vom See der Tränen, 3. Akt, 4. Szene (Auszug)
8.
In der fraktalen Welt
Alaska Saedelaere krümmte sich unter dem Schock des Erlebten zusammen.
Der Blick in die weiteren Pararealitäten und potenziellen Zukünfte blieb ihm versperrt.
Enttäuschung stieg in ihm auf. Zugleich war er tief in seinem Innern froh, dass er sie nicht
hatte erleben müssen.
Die Begebenheiten, von denen er an Samburi Yuras Seite Zeuge geworden war, machten ihm genug
zu schaffen. Er würde sich später Gedanken darüber machen müssen.
Der Maskenträger schob die drängenden Fragen zu seiner Bestimmung und der Beziehung zu Samburi
Yura beiseite.
Mühsam sammelte er sich. Ein seltsam belastendes Gefühl vermochte er dabei nicht
abzuschütteln. Er ignorierte es, obwohl er wusste, dass etwas mit ihm oder der Umwelt ganz und
gar nicht stimmte.
Saedelaere blinzelte verwirrt, sah sich genauer um.
Er stand inmitten der fraktalen Welt aus Myriaden Kristallsplittern, in die ihn der
Sontaron-Generator gezogen hatte. In einem dieser Splitter hatte sich die Szene aus der
Vergangenheit abgespielt.
Saedelaere schloss die Augen und rief sich das Bild in Erinnerung, als Samburi Yura mit ihren
Zwergandroiden Orsen Tafalla gegenübergestanden hatte.
Wie als Hintergrundrauschen hatte er laufend Informationen erhalten. Beispielsweise, dass es
Samburi Yuras erster Auftrag gewesen war, den sie für die Kosmokraten erledigte. Oder dass die
Hohen Mächte in der Entität »Tafalla« und ihrem Schauspiel ein lästiges Übel sahen, das getilgt
werden musste. Oder dass Samburi Yuras damaliger Commo'Dyr Baltus Dreiklang geheißen hatte.
Bezeichnenderweise war es die Tafalla- Projektionsgestalt Gommrich Dranat gewesen, die Eroin
Blitzers Vorgänger getötet hatte. Dies passte zu den Hasstiraden, die der Hofnarr-Interpret dem
kleinen Commo'Dyr während des Empfangs im Turm des Spiels entgegengeschleudert hatte.
Durch die Raserei der Tafalla-Projektionen hatte die Kosmokratenbeauftragte in ihre - und
Saedelaeres - Zukunft sehen können; zumindest in potenzielle Zukünfte.
Alaska Saedelaere hatte aber nicht erlebt, wie sich Frau Samburi aus diesem Ansturm an
Visionen wieder befreit hatte - und weshalb sie ihren Auftrag nicht ausgeführt und die
Weltraumbühne zerstört hatte.
Der Maskenträger blickte auf die unendlich vielen Kristallsplitter. Sie leuchteten und
glitzerten im Licht einer imaginären Sonne. Manche Fragmente waren mit dem Auge kaum erkennbar,
andere erreichten die Größe eines Taschenspiegels.
In ihnen sah Saedelaere sein eigenes suchendes Gesicht. Einmal hatte es das Aussehen des
einfachen Technikers, der er einmal gewesen war, einmal sah er die alte silberne Maske, die er
wie eine Haube über den Kopf getragen hatte, einmal sah er sein totenbleiches Gesicht, dann
wieder seine aktuelle Maske - sowohl mit als auch ohne weißes Klebeband.
Der Terraner zwang sich, ruhig zu atmen.
Er musste in diesem Spiegelkabinett irgendwo einen Ausgang, einen Ausweg finden.
Saedelaere fiel keine sichere Möglichkeit ein, wie er vorgehen sollte. Bei jedem Schritt
riskierte er, einen der Splitter zu aktivieren und in eine weitere Parallelwelt, in die
Vergangenheit oder eine mögliche Zukunft gerissen zu werden.
Er hob langsam einen Fuß und stellte zu seiner Verblüffung fest, dass der Stiefel des SERUNS
nicht nach vorne kam, sondern nach hinten, als wolle er rückwärtsgehen.
Saedelaere machte einen Schritt - und stand tatsächlich einen halben Meter weiter hinten,
obwohl
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