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2582 - Ein Kind der Funken

2582 - Ein Kind der Funken

Titel: 2582 - Ein Kind der Funken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
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Daskylios ihm hinterherklettern, in unbekannte Tiefe? Auf die

Gefahr hin, dass in der Zwischenzeit den übrigen, unbeaufsichtigten Schwänen mehr und größeres

Unheil widerfuhr?
    *
    Abwarten, meinst du. Bis das Erdbeben vorüber ist und Entwarnung gegeben wird. Dann zurück mit

den Schwänen in die Ställe, und erst danach solle der Hirte sich auf die Suche nach dem

abgestürzten Exemplar begeben.
    Nicht schlecht, Schuljunge. Gar nicht schlecht.
    Allerdings lautete Daskylios' Auftrag, dass das immerwährende Schlittschuh-Ballett, wie

die Bezeichnung schon sagt, niemals unterbrochen werden durfte außer während der Nacht. Dann aber

war es zu dunkel, um in die Spalte hinabzusteigen.
    Daskylios vergewisserte sich also, dass die übrigen Schwäne funktionierten, und da auch die

Erde nicht mehr bebte, kletterte er hurtig in die Tiefe.
    Unten herrschte großes Durcheinander. Ebenen der Kellergeschosse hatten sich verschoben, Wände

ineinander verkeilt, Zwischendecken waren eingestürzt. Überall lag Schutt und Schrott,

abgerissene Kabel sprühten Funken.
    Im spärlichen Licht war der Schwan nirgends zu entdecken. Daskylios suchte unter Trümmern,

hinter zerbrochenen Wandpaneelen, in ehedem versiegelten Kammern, die der Erdstoß wieder

freigelegt hatte.
    Den Schwan fand er nicht, dafür eine riesenhafte Statue. Möglicherweise stellte sie einen

Vorgänger des Funkfürsten dar, jedenfalls einen mächtigen Herrscher.
    Einer der Unterarme war erhoben. Auf dem nach oben gedrehten Handteller lag, als würde es dem

Betrachter zum Geschenk dargeboten, ein winziges kupfernes Daumenklavier.
    Zweite Frage, Schuljunge: Soll Daskylios seiner Neugierde nachgeben, der einladenden Geste

Folge leisten und das kleine Instrument an sich nehmen?
    Oder soll er den außergewöhnlichen Fund links liegen lassen und sich stur weiter der Suche

nach einem von Hunderten, keineswegs unersetzlichen mechanischen Schwänen widmen?
    *
    Siehst du, ganz ähnlich wie du dachte Daskylios.
    Er musste möglichst schnell wieder zurück an die Oberfläche des Spiegelsees, und ob er den

Schwan fand, war mehr als zweifelhaft. Brachte er stattdessen dem Funkfürsten das Artefakt, fiel

seine Bestrafung vielleicht geringer aus.
    Und so geschah es ...? Denkst du das? O nein, es kam ganz anders.
    An diesem Abend, nachdem er die restlichen Schwäne heil in die Stallungen verfrachtet hatte,

untersuchte er das seltsame Musikinstrument. Er zupfte die kupfernen Zungen mit dem Daumen an,

worauf sie ein zartes Klimpern von sich gaben.
    Allerdings klangen sie verstimmt. Daskylios experimentierte, schob die
    Metallzungen vor und zurück, um die Tonhöhen zu verändern und aneinander anzupassen. Er

brauchte einige Zeit, bis sich ihnen, kurz vor Mitternacht, endlich eine wohlklingende Melodie

entlocken ließ.
    Ich merke, dir werden die Lider schwer, Schuljunge. Du bist müde, hast einen langen,

beschwerlichen Weg hinter dir.
    Leg dich hin, ruh dich aus. Ich erzähle morgen weiter.
     

3.
    Staub
     
    Auf dem Weg zur Zentrale kamen sie an zahlreichen bewusstlosen Raumfahrern vorbei.
    Da Tifflor keine Anstalten machte, sich um sie zu kümmern, fragte Tanio: »Ihnen ist nicht zu

helfen?«
    »Leider nein. Ich habe mehrfach die Medo-Einheiten der jeweiligen SERUNS konsultiert. Meist

liefern sie entweder keine oder krass widersprüchliche Daten.«
    Konnte man den Anzugrechnern doch eine behelfsmäßige Diagnose entlocken, erklärte der

Aktivatorträger, lautete sie stets sinngemäß: »Von unbekanntem Außeneinfluss induziertes,

plötzlich eingetretenes künstliches Koma. Verlangsamung der Stoffwechselfunktionen bis hart an

der Schwelle zum Exitus.«
    Injizierte Aufputschmittel erzielten keine Wirkung. Die SERUNS vermochten lediglich, ihre

Träger vor Unterkühlung, Unterernährung oder lagebedingten Muskelkrämpfen zu bewahren.
    »Ihre Lebenszeichen sind so schwach, dass mein Individualtaster sie nicht einmal aus einer

Distanz von wenigen Metern zweifelsfrei anzeigt. Nur dich habe ich geortet.«
    »Und umgekehrt«, sagte Tanio. Ihn schauderte. So verschwommen er sich an seine berserkerhafte

Attacke auf Julian Tifflor erinnerte, sosehr schämte er sich dafür.
    »Etwas in mir«, sagte er, »wollte nicht zulassen, dass da ein Zweiter herumgeisterte. In

meinem Reich, das ich allein behüten muss ... Warte mal.«
    Sie hielten an. »Das waren nicht meine eigenen Gedanken! Sondern die des anderen ... Sicherheitschefs. Des

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