Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2582 - Ein Kind der Funken

2582 - Ein Kind der Funken

Titel: 2582 - Ein Kind der Funken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
Vom Netzwerk:
Ruhe trat ein.
    *
    Um Fassung ringend, starrte Julian Tifflor zu Boden.
    Die Stelle, an der eben noch der massige, massive Körper seines athletisch gebauten,

knapp zwei Meter langen Freundes und Leibwächters gelegen hatte, war leer, Ucuz verschwunden.

Spurlos; mitsamt dem SERUN-Anzug und den traurigen Resten der Fledermaus-Flügel, die er sich in

seinem Wahn gebastelt hatte.
    »Tanio, Tanio ...«, murmelte Tiff.
    Auf seiner Netzhaut brannte das Nachbild eines blendend weißen, zittrigen, sich windenden

Nebelstreifs. Auch davon war nun nichts mehr zu erkennen.
    Ucuz hatte sich aufgelöst, buchstäblich zwischen Tifflors Händen!
    Diese schockierende, unerklärliche Metamorphose hatte sich bereits einmal ereignet, einige

Stunden zuvor. Jedoch war Ucuz bewusstlos gewesen und unmittelbar darauf wieder materialisiert,

physisch im Wesentlichen unversehrt.
    Dieses Mal blieb er verschwunden. Wohin?
    Aber wieso? Auf welche Weise?
    Tiff hegte einen leisen Verdacht. Aber ohne zusätzliche Informationen, die nur der

Oberstleutnant ihm geben konnte, vertändelte er seine Zeit nicht, indem er wild

drauflosspekulierte.
    Zu ernst war die Situation. Ihn und Ucuz ausgenommen, lag die komplette, rund

zweitausendköpfige Mannschaft seines Schiffes im Koma.
    Ob diesen äußerst beunruhigenden Zustand das hochenergetische Feld verursachte, das die JULES

VERNE an den Handelsstern fesselte, oder der ungemein heftige Psi-Sturm, der draußen tobte,

wusste Tiff nicht. Vielleicht handelte es sich um eine Kombination von beiden, vielleicht auch um

einen dritten, davon unabhängigen Einfluss.
    Jedenfalls musste er dringend in die Hauptzentrale, um dort nachzusehen.
    *
    Sämtliche Kommunikationseinrichtungen waren ausgefallen, desgleichen viele Aggregate seines

SERUNS.
    Überhaupt funktionierten die allermeisten Systeme im Schiff entweder nicht oder bestenfalls

erratisch. Einzig die Lebenserhaltung - und demzufolge bis zu einem gewissen Grad die

Energieversorgung - arbeitete offensichtlich einwandfrei.
    Wer auch immer, schloss Tifflor daraus, die JULES VERNE in seinen lähmenden Klauen hielt,

wollte zwar die Besatzung ausschalten, ihre Leben jedoch einstweilen verschonen ...
    Die Zentrale lag praktisch um die Ecke. Tiff befand sich in der Lobby des Gästebereichs von

Deck 11-2 der JV-2, also auf gleicher Höhe mit dem Galerie-Level, nur ein Subdeck über der

COMMAND-Ebene.
    Er richtete sich aus der gebückten Haltung auf, wobei er das Gewicht seines Schutzanzugs

leidvoll spürte. Auch dessen Gravo-Pak verweigerte derzeit den Dienst.
    Trotzdem setzte er sich in Marsch, hielt aber gleich wieder an. Sollte er nicht besser warten,

ob Tanio Ucuz an den Ort seines Verschwindens zurückkehrte?
    Was war wichtiger? Ein Mensch, der vermutlich dringend Betreuung brauchte - oder jener Ort,

von dem aus er die beste, allerdings nach bisheriger Erfahrung sehr geringe Chance hatte, das

gesamte Schiff zu überblicken?
    Tiff zögerte.
    Da wurden Boden und Wände erschüttert, als habe ein gewaltiger Schlag die JULES VERNE

getroffen; so stark, dass es ihn von den Beinen riss.
    *
    »Nicht schießen!«, schrie Mondra Diamond. »Wir ergeben uns der Übermacht.«
    Der Handelsstern war ein gigantisches künstliches Gebilde mit einem Gesamtdurchmesser von 4400

Kilometern. Wie viele Lager, Stauräume und sonstige Verstecke für Robotergeschwader mochte es

darin geben? Hunderte Milliarden oder mehr?
    Jedenfalls mussten sie davon ausgehen, dass der Gegner keine Nachschubprobleme hatte. Ihre

Rumpftruppe war hoffnungslos unterlegen. An einen Ausbruch war genauso wenig zu denken wie daran,

sie könnten einem geballten Angriff länger als ein paar Minuten standhalten.
    Das von Mondra angeführte, aus je dreißig Raumsoldaten und TARAS sowie je drei CYGNUS-Gleitern

und LUPUS-Shifts bestehende Grüppchen wurde von der Tausendschaft der höchst verschiedenartigen

Kampfmaschinen eingekreist. Bisher hatten diese das Feuer nicht eröffnet.
    Wer steuerte, wer befehligte sie? Konnte man mit dieser Instanz verhandeln?
    Ramoz schmiegte sich an Mondras Waden. Seine Flanken bebten. Das luchsähnliche Wesen fauchte

aggressiv und unterwürfig zugleich.
    Aus den Augenwinkeln bemerkte Mondra, dass ihr jemand wie zum Abschied winkte. Sie drehte den

Kopf. Pral, der Grek 1 der Schattenmaahks, wurde zu einem grauen Schemen, bevor er gänzlich

entmaterialisierte.
    Ihm zumindest stand ein Fluchtweg offen. Logisch und verzeihlich, dass

Weitere Kostenlose Bücher