2585 - Der Tanz der Vatrox
Volk, jede Art verlässt sich auf Grundkonstanten des Universums. Die Schwerkraft, der Ablauf der Zeit, Aggregatzustände. Stell dir jetzt vor, was für Jahrmillionen galt, wäre plötzlich zunichte. Sagen wir, es gäbe keine Schwerkraft mehr oder Wasser wäre nicht mehr flüssig? Alles wäre zunichte. Unsere Zivilisation wäre ihres Fundaments beraubt.«
»Und dieser hyperphysikalische Widerstand ist für uns so wichtig?«
»Er ist das, was uns Vatrox auszeichnet, uns über alle anderen Völker erhebt. Unsere Technologie ist märchenhaft überlegen von einem gewissen hyperphysikalischen Widerstand an aufwärts ... aber mit dem Sinken des hyperphysikalischen Widerstands werden andere Technologien an sie heranreichen können.« Akestat hob die freie Hand, spreizte die Finger. »Unsere Überlegenheit zerrinnt uns zwischen den Fingern ... «
Akestat starrte eine Zeit lang die Hand an, dann riss er sich von dem Anblick los. »Genieß deinen Sieg, Frequenzfolger Vastrear. Dir wird keiner mehr vergönnt sein, der sich mit ihm messen kann. Und jetzt geh! Lass mich allein!«
Akestat wandte sich ab, sog an der Röhre und betrachtete die Darturka- Truppen, die in einen Krieg zogen, der bereits verloren war.
4.
Vastrears Verband drang mit hoher Unterlichtfahrt in das System der Shictul ein.
Ein Holo, gespeist von den Ortungssystemen des Schlachtlichts, zeigte ihr Ziel an: die Doppelsonne des Systems, seine 63 Planeten und über zweihundert Monde.
Frequenzfolger Vastrear war ein erfahrener Raumfahrer, seit beinahe 250 Jahren unermüdlich im Dienst der Frequenz-
Monarchie unterwegs, aber selbst für ihn war der Anblick des Shictul-Systems erhebend. In seiner Komplexität ein Wunder der Schöpfung - und zugleich Heimat von unzähligen Naturwundern.
Vastrear würde keine Gelegenheit erhalten, sie auszukosten.
»Ein Funkspruch!«, meldete Lough. »Die Shictul warnen uns, dass wir unbefugt in ihr Territorium eingedrungen sind. Sie verlangen, dass wir auf der Stelle abdrehen.«
»Ignorieren!«, befahl Vastrear. »Wenn sie uns aufhalten wollen, müssen sie es mit Waffengewalt tun.«
Die Kriegsordonnanz widersprach ihm nicht, auch wenn ihr klar war, dass ein Gefecht ihr Ende bedeuten würde.
Vastrears Verband war auf 42 Schlachtlichter geschrumpft, von denen nur knapp über die Hälfte als »gefechtsfähig« zu bezeichnen war. Es war der Tribut der nicht endenwollenden Kämpfe gegen Völker, die sich gegen die Frequenz-Monarchie erhoben.
Vier beschädigte Schiffe hatten auf dem Flug in das Shictul-System abdrehen müssen und versuchten nun auf eigene Faust, Stützpunkte der Monarchie zu erreichen. Ihre Aussichten waren schlecht. Ein einzelnes Schlachtschiff war angreifbar, mittlerweile sogar leichte Beute, denn die Völker von Bra-Nok-Zo hatten gelernt - und setzten das Gelernte mit einer Wildheit um, die Vastrear immer noch verblüffte.
Woraus speiste sich der Hass gegen die Frequenz-Monarchie?
Vastrear fand keine Erklärung.
Ihm - und den Vatrox insgesamt - blieb nur, aufzugeben und zu sterben oder sich mit allem zu wehren, was ihnen zur Verfügung stand.
Doch die Macht der Monarchie schwand dahin. Die Verluste waren zu hoch. Die Werften kamen längst nicht mehr nach, genug Material zu liefern. Der Krieg, der mit vereinzelten Scharmützeln begonnen hatte, war längst zu einem Flächenbrand geworden, der die Vatrox zu verschlingen drohte.
Lough meldete: »Ein Shictul-Verband nimmt Fahrt auf. Abfangkurs. Zweihundertelf Einheiten.«
Vastrear verfolgte in der Echtzeitdarstellung des Holos, wie ein Schwarm keilförmiger Schiffe auf den eigenen Verband zuraste.
»Weiter ignorieren!«, befahl er. »Die Shictul werden es in ihrem Heimatsystem auf kein Gefecht ankommen lassen. Sie bluffen nur.«
Tatsächlich war es Vastrear, der bluffte. Die Keilschiffe der Shictul waren den Schlachtlichtern nur noch geringfügig unterlegen. Wenn das Universum nicht bald seine Verschwörung gegen die Frequenz-Monarchie aufgeben sollte, würden die Shictul-Raumer die Schlachtlichter an Feuerkraft, Wendigkeit und Beschleunigung einholen.
»Shictul-Verband in Schussweite«, meldete Lough.
Die Kriegsordonnanz schien ungerührt. Und wahrscheinlich war es so. Lough war alt geworden, müde. Seine Bewegungen hatten die Leichtigkeit verloren, die sie einst ausgezeichnet hatten, die Umtriebigkeit. Früher hatte die Kriegsordonnanz es kaum ausgehalten, still zu stehen oder gar zu sitzen. Seit einiger Zeit war Lough kaum noch aus der
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