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2585 - Der Tanz der Vatrox

2585 - Der Tanz der Vatrox

Titel: 2585 - Der Tanz der Vatrox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
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skeptisch, und wenn das zutraf, war die Skepsis berechtigt. Das Polyport-Netz war gewöhnlicher Raumfahrt in einem Maß überlegen wie ein Strahler einem Faustkeil. Doch in einem Universum mit verringertem hyperphysikalischen Widerstand entstanden Verfahren der Raumreise, die irrwitzige Geschwindigkeiten erlaubten und auf keine großen Empfangs- und Sendestationen angewiesen waren: Transitionen waren nicht länger eingeschränkt, Hyperraumflüge vergleichsweise problemlos möglich. Es gab Völker, die erzeugten sogar künstliche Schwarze Löcher, andere errichteten gigantische Transmittertore - nun machbar, da selbst minderwertige Hyperkristalle hohe Nutzungsgrade erreichten und durch Hyperzapfung Energie billig wurde und nahezu in beliebiger Menge zur Verfügung stand.
    Der Gleiter nahm Fahrt auf, ließ den Raumhafen hinter sich. Eine Stadt schälte sich aus dem Dunst am Horizont und wollte nicht mehr aufhören.
    »Shictul-Stadt«, sagte der Dritte Kamush stolz. »Einhundertsechzig Millionen Bewohner. Jedes Jahr kommen zehn weitere Millionen hinzu! Haben die Vatrox eine solche Stadt?«
    »Nein. Und ich bin froh darum. Bloße Zahlen bedeuten nichts.«
    Der Shictul hustete verächtlich. »Zahlen sind alles! Alles ist eine Zahl!« Der Dritte Kamush beschleunigte den Gleiter. »Du wirst es sehen!«
    Stolz zeigte ihm der Dritte Kamush seine Heimatwelt.
    Shictul umkreiste eine Doppelsonne, wurde seinerseits von mehreren Monden umkreist. Das Ergebnis war eine Welt der Extreme. Gipfel stießen bis in die höchsten Höhen der Atmosphäre vor, Meere bis in die tiefsten Tiefen. Die Schale Shictuls war dünn und unter dem wechselnden Zug der Sonnen und Monde in ständiger Bewegung. Vulkane waren die Norm, nicht die Ausnahme.
    Die Nacht auf Shictul war kurz, die Tage waren lang und in Dutzende Segmente unterteilt, erläuterte der Dritte Kamush. Mal erwärmte das orangefarbene Hauptgestirn die Oberfläche, mal das grelle weiße Licht des kleinen Begleiters, mal vermischte sich das Licht der beiden Gestirne.
    Shictul war eine der schönsten Welten, die Vastrear je gesehen hatte - doch ihre Schönheit würde in wenigen Jahren verschwunden sein.
    Der Grund dafür waren die Shictul. Sie zerstörten ihre Heimat. Überall waren Roboter und Arbeitstrupps am Werk. Sie schleiften die himmelsstürmenden Gipfel, füllten mit ihrem Schutt die tiefen Schluchten, die Meere. Sie errichteten neue Städte, neue Industrieanlagen, neue Werften, neue Raumhäfen. Sie fraßen das Land.
    Der Dritte Kamush war stolz darauf. Ohne Unterbrechung wartete er mit neuen Zahlen auf. Wachstumsprojektionen, Produktionsziffern, Fünf- und Zehnjahrespläne, die übererfüllt würden.
    »Habt ihr Vatrox etwas geschaffen, was sich mit Shictul messen lässt?«, fragte er schließlich.
    »Nein«, antwortete Vastrear. »Und ich bin froh darum.«
    Der Shictul hustete verächtlich. »Ich habe deine Antwort erwartet. Die Vatrox sind alt und verbraucht. Ihr seid nicht mehr lebenstüchtig.«
    »Ist industrielle Kapazität gleich Lebenstüchtigkeit? Gleicht die Fläche der geschändeten Planeten der Höhe einer Zivilisation?«
    »Was für dumme Fragen! Eure winzigen Augen sind zu klein, um die Welt so zu sehen, wie sie ist! Wir veredeln unsere
    Welt - auf mehr Weisen, als du ermessen kannst. Sieh nur!«
    Eine neue Struktur kam in Sicht. Ein Schwarm von Antigravscheiben, die über dem offenen Meer schwebten. Es mussten Tausende sein. Auf jeder Scheibe befand sich ein Garten.
    »Keiner gleicht dem anderen«, sagte der Dritte Kamush. »Jeder Garten ist einzigartig im Palast des Ersten Kamush! Was sagst du jetzt?«
    »Das hier ist die Residenz des Ersten Kamush?«
    »Ja.«
    »Empfängt er mich?«
    »Ich bezweifle es. Er ist weiter beschäftigt.« Der Shictul verlangsamte die Fahrt des Gleiters, begann um eine der Gartenplattformen zu kreisen. Ein einzelner Shictul befand sich auf der Plattform. Er schnitt mit einer Schere Zweige von einem Busch ab.
    »Das ist der Erste Kamush?«
    »So ist es, Vatrox. Und wie du nun mit eigenen Augen siehst, ist er mit wichtigen Angelegenheiten befasst.«
    War es Hohn? Oder waren die Worte des Shictul ernst gemeint? War es möglich, dass der Anführer eines Volkes, das besessen von dem Gedanken war, seine Heimat in eine industrielle Wüste zu verwandeln, seine Tage mit Gärtnerei verbrachte?
    »Ist der Erste Kamush irgendwann mit seiner Angelegenheit fertig?«, fragte er.
    »Nein. Und das ist die Schönheit seiner Aufgabe, ihr Zweck, ihre

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