2587 - Krieg in der Schneise
versuchte, Kühle und Geringschätzigkeit in die Worte zu legen, doch am liebsten hätte er sich herumgeworfen und wäre in die Sicherheit eines Labors zurückgekehrt. »Lass mich vorbei!«
Der Darturka öffnete die vorgewölbte Schnauze. Die kleinen Zahnreihen waren kaum zu sehen, selbst ehe sich die Zunge darüber schob. Ein Laut erklang, halb zischend, halb meckernd. Ein Lachen?
Milian vermochte es nicht zu beurteilen.
»Nein.«
Es hätte dieses Wortes gar nicht bedurft. Die ganze Körpersprache des Klonsoldaten drückte überdeutlich dasselbe aus. Die beiden mächtigen Arme ruckten vor. Das Violett des Kampfanzugs glänzte im Licht.
Milian verstand in diesen Momenten besser als je zuvor, welche Wirkung die Darturka auf ihre Feinde ausübten. Deshalb konnte er froh sein, dass er in diesem Krieg auf der richtigen Seite stand. Auch wenn sich weder er noch sein Gegenüber in diesem Augenblick so verhielten, als wären sie Verbündete unter dem gemeinsamen Dach der Frequenz-Monarchie.
Der Ator besah sich die Uniform genauer. Blassviolett - er hatte es mit einem einfachen Soldaten zu tun. Kanonenfutter, das für simple Aufgaben abkommandiert wurde.
Simple Aufgaben, wie etwa, die Wissenschaftler in ihrer Sektion des Schlachtlichts abzuschotten, damit sie Ruhe halten? Ein Gedanke, der ihm gar nicht gefallen wollte. Sind nicht auch wir Kanonenfutter?
»Ich sehe keinen Grund ... «
Der Soldat schnitt ihm das Wort ab. »Ihr werdet vorübergehend euren Bereich nicht verlassen. Es ist eine Notsituation eingetreten.«
»Genau darüber verlange ich im Namen meiner Kollegen Aufklärung und will ... «
Der Darturka zog eine Waffe. »Verweigerst du etwa die Mitarbeit?« Gefährlich langsam zielte er auf Milian Cartento.
Dieser wusste, dass der Klonsoldat binnen eines Sekundenbruchteils zu einer Kampfmaschine werden konnte. Er wäre bereits tot, ehe er auch nur verstand, dass es ernst geworden war. »Selbstverständlich nicht!«
»Geh zurück in deine Sektion. Arbeite weiter!«
Um den anderen nicht weiter zu provozieren, stolperte der Hyperphysiker rückwärts, einige Schritte nur. Trotz dieses Zeichens der Einwilligung gab er noch nicht völlig klein bei.
»Wer gab dir den Auftrag, uns zu bewachen? Wurde uns die Bewegungsfreiheit genommen? Nach welchem Protokoll?«
Der Klonsoldat ließ die Waffe wieder verschwinden. Was an seiner tödlichen Gefährlichkeit nicht das Geringste änderte. Im Unterschied zu einem Ator war er zum Kampf geboren ... oder eben gezüchtet worden. Zu einer Antwort ließ er sich nicht herab.
Milian blieb stehen. »Ich verlange ... «
Der Dartuka senkte den schlangenhaften Schädel wie ein angriffsbereites wildes Tier. Die Augen verengten sich.
Das genügte.
Der Ator drehte sich um und ging den Weg zurück.
Kaum um die Ecke gebogen, beschleunigte er seine Schritte und rannte.
*
»Zu fliehen ist wichtiger als zunächst gedacht.« Milian saß Chana gegenüber. Zwischen ihnen ragte ein Eingabeterminal auf. Sie arbeiteten. Angeblich. Er sprach so leise, dass es garantiert niemand außer der Ator hören konnte.
Chanas Finger tippten Daten ein, beiläufig bemerkte er, dass sie schwierige Rechenoperationen durchführte, während sie mit ihm redete. Sie war tatsächlich brillant. Viel zu schade, um in einem zum Kriegsschiff mutierten Forschungsraumer zu sterben.
»Wer gibt ihnen das Recht, uns einzusperren?«, fragte sie.
Um das Wer ging es dabei offensichtlich nicht; wohl eher um das Was, und das war eindeutig das Recht des Stärkeren.
»Die Vatrox und Darturka mögen für Krieg und Kampf leben«, wiederholte er einen Gedanken, den er bei Weitem nicht zum ersten Mal aussprach. Vielleicht wollte er sich damit nur selbst überzeugen, dass er sich auf dem richtigen Weg befand. »Wir jedoch sind Wissenschaftler! Welchen Unterschied macht es, ob wir in diesem Schlachtlicht sterben oder nicht?«
»Für den Krieg - keinen«, sagte Chana. »Für uns - jeden!« Sie schloss eine Rechenoperation ab. »Und ich will leben. Überleben.«
»Ich ebenfalls. Man hat mir die Verantwortung für dich und unsere Kollegen übertragen, wenn auch eigentlich auf einem völlig anderen Gebiet. Dennoch werde ich euch nicht sterben lassen, ohne wenigstens zu versuchen, euch zu retten!«
Chana beugte sich am Terminal vorbei. Sie strich die silbrig schimmernden Haare aus dem Gesicht. In der Tat war sie hinreißend. »Deinen Mut habe ich sofort erkannt, auch wenn du ihn bislang nie offenbart hattest. Nur deshalb habe
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