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2592 - Im Zeitspeer

2592 - Im Zeitspeer

Titel: 2592 - Im Zeitspeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
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auflöste.
    Anders als bei den Funkenkindern aus dem Stardust-System waren Tanios paranormale Fähigkeiten erst im vergleichsweise hohen Alter von 114 Jahren zum Ausbruch gekommen; dafür umso dramatischer. In der von psimateriellen Einflüssen übersättigten Umgebung von TALIN ANTHURESTA hatte er, durchaus schmerzlich, binnen weniger Tage erfahren, welche ungeheuerlichen Kräfte er zu mobilisieren vermochte.
    Der fast zwei Meter große, athletisch gebaute Offizier mit den eisblauen Augen, dem kantigen Kinn und dem grauen Bürstenhaarschnitt beherrschte mehrere Parakräfte. Als Parakommunikator konnte er Gedanken ins Bewusstsein anderer Lebewesen übertragen oder umgekehrt diesem entnehmen, wobei er sogar eine Mentalstabilisierung umging.
    Als Nullpoler hatte er ein inspiratives Gespür für Energieflüsse: Kraftfelder, Strahlungen und andere energetische Erscheinungen konventioneller wie übergeordneter Art, im lokalen wie auch viele Millionen Kilometer entfernten Bereich. Kombiniert mit der Fähigkeit der Parakommunikation handelte es sich um eine Vorstufe zum Kosmospürer.
    Vereinfacht ausgedrückt: Ucuz »sah« jegliche Form von Energie. Auf dieser Wahrnehmung basierend, konnte er im zweiten Schritt ein hyperphysikalisches Entstofflichungsfeld erstellen, seinen Körper auflösen, in Energieströme einfädeln, diese als Transportroute nutzen und sich jederzeit willentlich andernorts rematerialisieren - ähnlich, wie es die Woolver-Zwillinge vermocht hatten.
    Aber das war immer noch nicht alles. Nach eigener Aussage fühlte Tanio auch eine überaus zerstörerische Fähigkeit in sich wachsen ... Perry schätzte sich glücklich, dass der Oberstleutnant absolut loyal zu ihm und zur Liga Freier Terraner stand.
    Als Feind wäre er ihm ungern begegnet.
    *
    Tanio Ucuz sah ihn durchdringend an, als habe er den letzten Gedanken aufgefangen.
    »Eine Spur«, wiederholte er gedehnt. »Eine Schnur, ein Faden von mir unbekannter energetischer Ausprägung. Sehr eigen und sehr schwach.«
    »Glaubst du, du könntest der Spur folgen?«
    »Dachte mir schon, dass du das fragen wirst, Resident. Ich weiß nicht recht. Aus Jux und Tollerei täte ich's gewiss nicht. Aber da es um Tifflor geht ... «
    Ucuz war seit fast achtzig Jahren Tiffs persönlicher Sicherheitschef in dessen Funktion als Galaktischer Rat. Logisch, dass die beiden Männer nach so langer Zeit eine weit über das Dienstliche hinausgehende Freundschaft verband.
    »Du kannst auch andere Personen mitnehmen, nicht wahr?«, fragte Perry. »Ähnlich wie ein Teleporter?«
    »Das ist richtig. Es erscheint mir in diesem Fall allerdings nicht ratsam. Das Medium ist so fremdartig, so«, Tanoi rang nach Worten, »dünn, dass ich nicht sicher bin, ob ich mich überhaupt selbst darin auf Dauer stabilisieren kann. Ganz zu schweigen von einem Zweiten. Und falls ich Julian finde und zurückbringen muss ... «
    »Akzeptiert«, sagte Perry knapp. »Viel Glück, Oberstleutnant!«
    Ucuz salutierte. Dann zerfloss er zu einem weißlichen, sich spiralig windenden Nebelstreif und war einen Lidschlag später ganz verschwunden.

10.
    Netzwerke
     
    Ein Spinnennetz verschloss die Öffnung. Tautropfen schimmerten im rötlichen Gegenlicht.
    Tiff klopfte mit der flachen Hand gegen die Fäden. Sie begannen wie Saiten zu schwingen und erzeugten eine Vielzahl von Tönen, die sich zu schwirrenden Harmonien überlagerten.
    »Hallo? Ist da wer?«
    Keine Antwort. Er warf sich gegen die fingerdicken, klebrigen Fäden. Sie dehnten sich, rissen aber nicht.
    Tiff musste sie mit seinem Messer zerschneiden, um sich hindurchwinden zu können.
    Dahinter lag gelbe sandige Wüste. Aus den Dünen ragten weitere Gespinste empor, zopfartige, tausendfach verwundene Säulen. Manche reichten bis zur orangefarbenen Wolkendecke.
    Es gab keinen Weg, nicht das geringste Anzeichen einer Zivilisation.
    Die öde Landschaft hätte mit keinerlei Sehenswürdigkeiten aufwarten können, wären da nicht, über die Dünen verstreut, die Spinnweben gewesen, verschränkt zu kunstvollen, riesenhaften und doch fragilen, im schwächsten Lufthauch erzitternden Skulpturen.
    *
    Tiff war enttäuscht.
    Lange Zeit, über manches Jahrtausend hinweg, hatte er sich ausgemalt, was er sich gönnen würde, sobald er wieder unter Lebewesen kam. Ein Bad. Ein Mahl. Ein belangloses Gespräch.
    Er hätte mit jemandem wie Krepsh und Velrit Vorlieb genommen, hätte ein Gegenüber wie Urga, die KyBarackenwirtin, geradezu enthusiastisch begrüßt. Sogar mit

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