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2595 - Wanderer am Scheideweg

2595 - Wanderer am Scheideweg

Titel: 2595 - Wanderer am Scheideweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Schatten stellte.
    Stalwart Agrester und Clun'stal stürzten zu Boden. Der eine - ein Roboter, wohlgemerkt! - wand sich in wilden Zuckungen auf dem Boden. Der andere zerrann buchstäblich. Seine kristalline Substanz verlor sich im Nirgendwo.
    Voller Entsetzen schaute Pral den beiden zu, unfähig, sich zu rühren. Mit einer seltsamen Empfindung nahm er die eigene Emotion wahr. Er glaubte schon, dass Clun'stal verloren war; er, der TALIN ANTHURESTA so gut kannte!
    Doch nach einigen Sekunden gelang es dem Kristallwesen, den mentalen Schmerz zu überwinden und eine Neustrukturierung seines Körpers zu beginnen. Sand wurde zu einem Klumpen, Klumpen zu einer Form, eine Form zu einer Gestalt. Akika Urismaki eilte zu ihm, stützte ihn ab und murmelte dem ehemaligen Helfer Fogudares einige Worte zu.
    Pral kümmerte sich nicht weiter um seine Kollegen. Er konzentrierte sich auf das Wesentliche, auf seine Überwachungsaufgaben. Erneut machte sich der Maahk daran, die eingehenden Messergebnisse zu analysieren.
    Die Arbeit stand im Vordergrund; das Schicksal seiner Gefährten war zwar von persönlicher Relevanz; doch sie durfte keinerlei Auswirkung auf seine Arbeitsleistung haben. Die »normalen« Maahks waren in diesem Fall besser dran, sie spürten keine Emotion und wurden deshalb nicht so leicht verunsichert.
    Er konnte mit einem Mal ES' Präsenz spüren. Die Superintelligenz hatte diese Explosion zweifelsfrei initiiert - und sie hatte sie ebenso zweifelsfrei überlebt. Was aber wollte sie bewirken?
    Ein akustisches Signal ertönte. Es kündete einen Funkspruch an, der von der JULES VERNE stammte. Das Bild einer Menschenfrau entstand in einem kleinen Holo-Globus.
    Pral forschte nach den üblichen Merkmalen in Gesicht und Mimik, mit deren Hilfe er sie von anderen Individuen unterscheiden konnte. Immerhin war es ihm möglich, die beiden Geschlechter in den meisten Fällen sofort zu identifizieren.
    Ein schmales Gesicht, eine sehr fein gerippte Epidermis. Blaugraue Augen. Rotes, kurz geschnittenes Haar. Ein weit vorgereckter Unterkiefer, der in der Interpretation seines Handbuchs über den »Umgang mit Menschen und deren Nestverwandten« für besonders viel Willenskraft stand.
    Die Frau trug die Abzeichen eines Oberst auf dem Revers ihrer Uniform. Es handelte sich um Kala Romka, Plophoserin und Kommandantin der Kugelzelle JV-2.
    »Was geht bei euch vor sich?«, fragte Prals virtuelles Gegenüber mit lauter Stimme. »Wir bekommen Messergebnisse herein, die unsere Sicherungen durchschlagen lassen.«
    »Sicherungen?«, fragte der Schattenmaahk nach.
    »In den Taster- und Ortungsabteilungen sind Hauptsysteme zusammengebrochen, ebenso in den wissenschaftlichen Forschungszentren an Bord«, erläuterte die Frau. »Wir mussten teilweise auf Redundanzsysteme zurückgreifen. Also: Was läuft da ab?«
    »Es gab eine Explosion etwa fünfzig Kilometer über Wanderers Oberfläche. Es sieht so aus, als wäre ES unmittelbar daran beteiligt gewesen. Womöglich handelt es sich um einen weiteren Ausdruck der Angst oder des Schmerzes der Superintelligenz. Sie sucht nach ... Nahrung. Und ich vermute, dass sie versucht hat, in einer von Panik bestimmten Tat einen Teil ihrer Welt geringfügig zu erwärmen.«
    »Wenn dem so ist, hatte ES nicht sonderlich viel Erfolg«, sagte Kala Romka. »Die Temperatur auf Wanderer fällt seit der Explosion weiter, und zwar in weitaus größerem Tempo als zuvor. Wenn's so weitergeht, ist der absolute Nullpunkt bald erreicht.«
    »Und dennoch scheint ES dieser - wie sagt ihr so schön - Paukenschlag - gut getan zu haben.« Pral sortierte die ihn umgebenden Holoschirme neu und ordnete die Eindrücke zu einem logischen Ganzen. »Manche Fragmente der explodierten Kugel sind in der Hülle von Wanderer eingeschlagen. Es kam zu Verpuffungseffekten. Die ersetzte Psi-Materie löst sich auf und verschwindet spurlos; die dabei freigesetzte Hyperenergie scheint zu ES zu strömen. Meinem Empfinden nach saugt die Superintelligenz sie wie ein trockener Schwamm auf.«
    »Und das bedeutet?«
    »Teile von ES bluten aus, und die Wesenheit unternimmt in ihrer Verzweiflung alles Mögliche«, mutmaßte Pral mit einigem Unbehagen. Derart emotional unterlegte und kaum fundierte Analysen widersprachen seinem Wesen. »Ich empfange nach wie vor mentale Impulse der Superintelligenz. Sie sind nicht mehr als normale ... Gedanken zu interpretieren. Bestenfalls als Bilder, deren Sinn mir verschlossen bleibt. Es sind kaleidoskopische Eindrücke, wirr

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