2595 - Wanderer am Scheideweg
fordern.
»Piet Rawland hat einen weiteren Zwischenbericht abgeliefert«, meldete sich Mikru erneut. »Er nimmt an, dass der Beginn des Abtransports des PARALOX-ARSENALS noch etwa fünfundzwanzig Minuten in Anspruch nehmen wird.
Zeit ist etwas Seltsames, Ungreifbares, kam es Rhodan nicht zum ersten Mal in seinem Leben zu Bewusstsein. Auf der einen Seite kriechen die Sekunden dahin. Unseren Gegnern hingegen kann es wohl gar nicht schnell genug gehen.
Er hatte oft genug mit Zeitphänomenen zu kämpfen gehabt, um zu wissen, dass es ein Fehler war, allein auf objektive Messwerte zu vertrauen. Dilatationsphänomene bei zunehmender Fluggeschwindigkeit in Raumschiffen waren ein Thema; Reisen über schier unüberbrückbare Zeit-Abgründe ein anderes. Technische Hilfsmittel wie die Zellaktivatoren wiederum ließen ihn den Lauf der Dinge ganz anders wahrnehmen als Sterbliche.
»Die hehre Wissenschaft ist ein weites Feld voll Irrtümern und Lügen«, murmelte er.
»Wie bitte?« Mondra blickte ihn verwirrt an.
»Ich stelle neue Theorien auf. Und ich hoffe, dass ich eines Tages die Gelegenheit erhalte, sie an der Waringer-Akademie zum Besten zu geben. Auch auf die Gefahr hin, mich lächerlich zu machen und von einer Schar erzürnter Wissenschaftler vom Campus gejagt zu werden.«
Mondra blickte ihm tief in die Augen. Sie versuchte wohl zu verstehen, warum er in diesen Minuten alles unternahm, um sich selbst von den Geschehnissen rings um das PARALOX-ARSENAL abzulenken.
»Es ist passiert«, meldete Mikru. Der Avatar des Obeliskraumers zeigte einen betretenen Gesichtsausdruck. »Die ersten Ortungsimpulse der Jaranoc haben das ARSENAL erfasst und vermessen. Die Daten werden eben weitergegeben.«
»Was ist mit dem Störfeuer?«, fragte Rhodan knapp, nun wieder ganz bei der Sache.
»Die Piloten der Silberkugeln unternehmen ihr Möglichstes. Doch unsere Gegner wissen, dass da etwas ist, was ihre Kreise stört. Sie schicken die Nachrichten breitflächig und in möglichst kleinen, kaum zu ortenden Datenpaketen weiter. Die Möglichkeit, dass uns eines oder mehrere entwischen, ist groß. Sehr groß.«
Weitere Sekunden vergingen. Gespannt saßen sie in der Kommandozentrale von MIKRU-JON und warteten. Untätig. Nicht in der Lage, irgendetwas zu unternehmen.
20 Minuten noch. Rhodan beobachtete, wie eine Einheit der Jaranoc nach der anderen mithilfe von Paralysestrahlen aus dem Verkehr gezogen wurde.
Drei Schiffe explodierten knapp nacheinander, ein viertes trudelte haltlos dahin. Allesamt waren sie zu tief in das hyperenergetische Chaos vorgedrungen; ihre Positroniken hatten versagt.
Zwei Minuten verstrichen ereignislos. Schon schöpfte der Terraner leise Hoffnung, dass alle Datenpakete aufgefangen worden waren. Vielleicht wurde ihnen ein weiterer Aufschub gegönnt, bevor die Jaranoc ernst machten und auf breiter Front in das für sie so unübersichtliche Gelände vordrangen ...
»Generalalarm!«, sagte Mikru nüchtern. »Es werden per Funk zusätzliche Einheiten angefordert. Das ARSENAL ist entdeckt. Die Aufregung aufseiten der Gegner ist entsprechend groß.«
Es war so weit. Nun gab es nur noch den mit offenem Visier geführten Kampf, wollten sie verhindern, dass das ARSENAL aufgebracht wurde.
Seltsam.
Rhodan fühlte kein Bedauern, keine Angst. Da war bloß noch ... Erleichterung. Das Versteckspielen hatte ein Ende.
8.
Pral
»Du weißt über die psi-materiellen Artefakte Bescheid?«, hakte Sichu Dorksteiger nach.
Winzige grüne Pünktchen trieben in den bernsteinfarbenen Pupillen, und je nach Einfallswinkel des von der Seite kommenden Lichts veränderte sich das Bild, das Pral von der Ator hatte.
»Ja, ich weiß über die Schneekristalle Bescheid«, antwortete er im selben Tonfall, wie sie ihre Frage gestellt hatte. »Sie weisen einen Durchmesser von bis zu vier Metern auf. Kein Objekt gleicht dem nächsten, wie es auch bei Schneeflocken der Fall ist. Die Verästelungen in Seitenarmen setzen sich bis in den MikrometerBereich fort. Sie zeigen mitunter bizarre Ausformungen ... «
»Richtig. Die Artefakte können überall in Anthuresta gefunden werden. Schätzungen zufolge gibt es bis zu fünfzig Milliarden von ihnen.« Sichu Dorksteiger tastete hinter sich und zog einen jener Schmuckringe fest, die ihr Silberhaar bändigten. »Die Schneeflocken bestehen aus Psi-Materie. Winzige Mengen werden - kaum messbar - gewissermaßen ausgeschwitzt. Sie verpuffen, sobald sie sich vom Hauptkörper gelöst haben.«
Die Ator
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