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26 - Die Sklavenkarawane

26 - Die Sklavenkarawane

Titel: 26 - Die Sklavenkarawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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prächtigen Hörnern mitnehmen; das kann ich aber jetzt nicht, da wir uns auf einem nichts weniger als wissenschaftlichen Ausflug befinden. Also lassen wir diesen ‚Vater der Hörner‘ liegen, wie er ist, und begnügen uns mit dem Bewußtsein, den Plan, den er gegen uns hegte, zuschanden gemacht zu haben.“
    „Effendi, du bist gerade so ein mutiger und zugleich ruhiger Mann wie Emin Pascha. Ich bewundere und achte dich. Darf ich deinen Namen erfahren, damit ich weiß, wie ich dich nennen soll?“
    „Du würdest ihn nicht richtig aussprechen können; darum will ich ihn dir in arabischer Übersetzung sagen. Nenne mich Aswad; das wird genügen.“
    „Ist er nicht länger?“
    „Nein. In meiner Heimat führt man nicht so lange Namen wie bei euch. Ein Mann mit dem kürzesten Namen kann bei uns ein berühmter Held oder Gelehrter sein. Nun darf ich wohl auch deinen Namen erfahren?“
    „Noch nicht, Effendi. Als ich Dar Runga verließ, schwor ich bei Allah, meinen Namen abzulegen, bis ich die Spur meines Sohnes finden würde. Da dies noch nicht geschehen ist, darf ich ihn nicht über die Lippen bringen. Man nennt mich überall den Elefantenjäger. Willst du das nicht auch tun, sondern mir einen Namen geben, so nenne mich Bala-Ibn (ohne Sohn); das ist ein Wort, welches auf mich paßt.“
    „Ich werde mich dieses Namens bedienen, wenn ich von oder mit dir spreche. Aber hast du auch geschworen, darüber zu schweigen, unter welchen Umständen du deinen Sohn verloren hast?“
    „Nein, Effendi. Wie könnte ich jemals hoffen, ihn wiederzufinden, wenn ich nicht davon sprechen dürfte. Ich habe schon Hunderten mein Unglück erzählt, doch keiner hat vermocht, mir einen Fingerzeig zu geben. Ich glaube nun, daß mein Sohn gestorben ist, aber ich bleibe dennoch meinem Schwur getreu und werde nach ihm und seinem Entführer suchen, bis Allah mich aus dem Leben nimmt.“
    Er legte die Hand über die Augen, wie um die tiefe Trauer, welche in seinem Blick lag, zu verbergen, und fuhr dann fort: „Ich war der reichste und angesehenste Mann meines Stammes, der Anführer unsrer Krieger und der Oberste im Rat der Weisen; ich pries mich glücklicher als alle, die ich kannte, und ich war es auch, bis derjenige kam, welcher mein Unglück verschuldete. Ich liebte mein Weib und mein einziges Kind, einen Sohn, dem wir den Namen Mesuf et Tmeni Sawabi-Ilidschr gaben. Da sandte – – –“
    „Wie hieß dieser Knabe?“ unterbrach der Deutsche ihn. „Mesuf et Tmeni Sawabi-Ilidschr? Warum hast du ihm diesen Namen gegeben?“
    „Weil er nur vier Zehen an jedem Fuße hatte. Ich weiß nicht, ob das bei euch auch vorkommt; bei uns ist es selten.“
    „Bei uns auch. Aber ich habe Personen gekannt, welchen Finger oder Zehen von der Geburt an fehlten, und auch einen Mann, der sechs Finger, also einen zuviel an jeder Hand hatte.“
    „Die Finger meines Sohnes waren vollzählig, doch fehlte ihm die kleine Zehe an jedem Fuß; dafür aber hatte Allah ihm eine um so reichere Seele gegeben, denn er war das klügste Kind im ganzen Stamm. Als er noch nicht drei Jahre zählte, begab es sich, daß ein Baija'l abid in unser Duar kam, um Sklaven zu verkaufen. Es waren Knaben und Mädchen, auch Frauen, lauter Neger, außer einem Knaben, welcher helle Haut, auch schlichtes Haar und keine Negerzüge besaß. Der Händler errichtete einen Markt bei uns, um seine Waren zu verkaufen, und aus der ganzen Gegend kamen die Beni el Arab herbei, mit ihm zu handeln. Der helle Knabe weinte stets, aber sprechen konnte er nicht, denn man hatte ihm die Zunge herausgeschnitten.“
    „Entsetzlich! Wie alt war er?“
    „Vielleicht vierzehn Jahre. Als der Händler eine Woche bei uns gewesen war, kam plötzlich ein Mann mit mehreren Begleitern aus Birket Fatma zu uns und klagte den Händler an, ihm seinen Sohn gestohlen zu haben. Der Vater war der Spur des Schurken gefolgt und so zu uns gekommen. Der Händler leugnete; er schwor bei Allah, den Mann gar nicht zu kennen. Da er unser Gast war, mußten wir ihn in Schutz nehmen; aber die Erzählung der Männer aus Birket Fatma klang so wahrhaftig, daß wir sie glauben mußten. Es wurde eine Beratung abgehalten, in welcher ich bestimmte, daß der Knabe, welcher eingesperrt gehalten wurde, dem Fremden vorgeführt werden solle. Dieser letztere erhielt den strengen Befehl, dabei ganz ruhig zu erscheinen und kein Wort zu sagen. Der Knabe wurde gebracht. Als er den Fremden erblickte, stieß er Jubeltöne aus und sprang auf ihn zu, ihn

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