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26 - Die Sklavenkarawane

26 - Die Sklavenkarawane

Titel: 26 - Die Sklavenkarawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verzichtet, denn er wird seinen Leiden längst erlegen sein. Doch bitte ich Allah täglich um das eine, mich mit Ebrid Ben Lafsa, falls er noch lebt, zusammenzuführen. Sollte ich diesem hundertfachen Teufel begegnen, so siebenmal, siebenmal wehe ihm! Die Hölle wird keine der Qualen haben, die er von meiner Hand erdulden soll!“
    Diese letzten Worte hatte der unglückliche Vater in einer Weise durch die Zähne geknirscht, daß es seinen Nachbar schauderte; dann senkte er den Kopf und legte sein Gesicht in die Hände. Er fuhr fast erschrocken aus seinen düstern Gedanken auf, als Schwarz nach einiger Zeit in mildem Ton sagte: „Allah ist allmächtig und allbarmherzig. Vielleicht hast du einst deine Sklaven hart behandelt, und da hat er dir zeigen wollen, welch ein unbeschreibliches und unendliches Herzeleid das Wort Sklaverei umfaßt.“
    Der Araber stöhnte auf; dann seufzte er schwer: „Ich war ein jähzorniger Gebieter. Mancher Schwarze ist unter meiner Peitsche gestorben; einigen habe ich die Hände abhauen, einem auch die Zunge nehmen lassen, weil er mich mit derselben beleidigte. Nach dem Verschwinden meines Sohnes kam die Reue über mich, und ich gab sie alle frei.“
    „So hat meine Vermutung mich nicht getäuscht. Alle Menschen, die weißen und die schwarzen, sind Gottes Kinder. Allah hielt Gericht über dich; nun er aber deine Reue gesehen und deine Leiden gezählt hat, wird er Gnade walten lassen. Ich bin überzeugt, daß du deinen Sohn wiedersehen wirst, vielleicht schon bald.“
    „Nie, nie!“
    „Sprich nicht so! Warum willst du an Gottes Gnade verzweifeln? Bietet dein Glaube dir keine Versöhnung zwischen der göttlichen Liebe und dem reuigen Sünder? Du glaubst nicht an den großen Erlöser aller Menschen, welcher am Kreuz auch für dich gestorben ist, so sei wenigstens überzeugt, daß Allah alle deine Klagen, auch die jetzigen, vernommen hat und daß seine Hilfe sich vielleicht schon unterwegs zu dir befindet.“
    „Das ist undenkbar“, antwortete Bala Ibn. „Wollte er mir helfen, so hätte er es schon längst getan.“
    „Er allein weiß es, warum er es noch nicht tat. Vielleicht hast du deine frühere Härte noch niemals so erkannt wie heute.“
    Es fiel dem Araber sichtlich schwer, hierauf eine Antwort zu geben. Er sah eine Weile schweigend vor sich nieder und gestand dann: „Niemand wagte es, mich darauf aufmerksam zu machen, und ich selbst war nicht ganz aufrichtig gegen mich. Du bist der erste, der mir in deutlichen Worten sagt, daß ich mich an meinen Sklaven versündigt habe, und gerade, daß du es bist, der Fremde, der Christ, der keine meiner früheren Grausamkeiten kennt und den ich eigentlich als einen Giaur verachten sollte, das zeigt mir die Vergangenheit in ihrer ganzen blutigen Beleuchtung. Ich kann nie wiedergutmachen, was ich tat; ich verdiene es nicht, meinen Sohn wiederzufinden. Und doch würde ich mich im höchsten Himmel Allahs fühlen, wenn es mir vergönnt wäre, ihn noch einmal zu sehen, selbst wenn – – – wenn ihm die Zunge fehlte, so daß er nicht einmal den Vaternamen lallen könnte!“
    Er hatte mit tief ergreifender Innigkeit, mit einer wahren Inbrunst gesprochen. Der Deutsche legte ihm leuchtenden Auges und freudeglänzenden Angesichts die Hand auf die Achsel und sagte: „So ist es recht; so will Allah es hören, und nun darfst du die Überzeugung hegen, daß er den Wunsch deines Herzens erfüllen wird. Schon sehe ich die Erhörung nahen, und vielleicht wird sie dir dadurch zuteil, daß du dich mir so aufrichtig geoffenbart hast.“
    „Durch dich? Welch ein Wunder wäre das! Die Männer meines Stammes und befreundeter Stämme haben vergebens mit mir nach dem Verlorenen gesucht. Dann habe ich fünfzehn Jahre lang fast diesen ganzen Erdteil ohne Resultat durchforscht; tausend Einheimischen habe ich die Geschichte meiner Leiden erzählt, worauf sie ihre Mühe mit der meinigen vereinten, und trotzdem ist mir auch nicht der kleinste Hoffnungsschimmer geworden. Da habe ich dich, den Abendländer, getroffen, der unsre Länder, unsre Völker und unsre Verhältnisse gar nicht kennt und sich erst so kurze Zeit hier befindet. Ich spreche zu dir von meinen Wünschen, weil du dich zufällig nach meinem Namen erkundigt hast, und dennoch solltest gerade du der Auserwählte sein, durch den mir Erhörung beschieden ist? Ich wiederhole, daß dies ein unbegreifliches Wunder wäre.“
    „Es geschehen noch täglich Wunder, doch auf viel einfachere Weise, als sie

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