26 - Die Sklavenkarawane
fünfzig Fuß Umfang hatte. Dabei war sie kaum zwanzig Ellen hoch, und ihre jetzt kahlen Äste und Zweige senkten sich mit den Spitzen fast wieder bis zur Erde nieder, so daß der Wipfel eine hohle Halbkugel bildete, in deren Mitte sich der ungeheure Stamm befand. Dorthin leiteten die beiden ihre Tiere, um da die Nacht zuzubringen. Hier konnten sie sich durch das Feuer leichter vor den Nachtmücken schützen, deren Plage am Wasser viel ärger gewesen wäre.
Während Schwarz eine Sporengans zum Mahl schoß, holte der Araber Brennmaterial herbei, welches in großer Menge vorhanden war. Dann verrichtete er sein Gebet, nach welchem er vier Feuer anbrannte, zwischen denen sich die Reiter und Kamele lagerten. Dies letztere war notwendig wegen der hier vorhandenen Mücken und weil man aus der Nähe der von Tausenden von Vögeln belebten Maijeh auf das Vorhandensein größerer Raubtiere schließen konnte.
Während der Deutsche die Gans rupfte, sie ausnahm und dann an einen über dem Feuer improvisierten hölzernen Bratspieß steckte, sah ihm der Araber zu, ohne ein Wort zu sprechen. Er schien auch heute noch nicht aus sich herausgehen zu wollen.
Die Kamele waren am Maijeh getränkt worden und hatten dann ihr Futter erhalten. Als die Gans gar war, schritten auch die Reiter zum leckeren Mahl. Der Schein der Feuer drang zwischen den Zweigen der Homrah hinaus ins Freie, doch reichten die Blicke der beiden Männer nicht so weit, da sie von vier Flammen geblendet wurden.
Während sie schweigend aßen, hörten sie vor sich ein Knacken der Äste und darauf ein tiefes, unruhiges Schnaufen. Sie blickten auf und griffen nach ihren Gewehren.
„Allah akbar, dschamus, dschamus – Gott ist groß, ein Büffel, ein Büffel!“ rief der Araber.
Im Nu hatte er den Kolben an der Wange und drückte ab, beide Läufe schnell hintereinander, doch leider ohne den erwarteten Erfolg, da er, in seiner Aufregung und von den Feuern geblendet, nicht genau gezielt hatte.
Der afrikanische Büffel ist noch viel stärker, wilder und unbändiger als der indische. Er liebt die Sümpfe, schwimmt ausgezeichnet und bricht sich durch das dichteste Unterholz im schnellen Lauf Bahn. Erfahrene Jäger halten seine Jagd für noch gefährlicher als diejenige des Elefanten, Nilpferds und Nashorns. Selbst auf den Tod verwundet, kämpft er fort. Besonders gefährlich sind die einzelnen Umherstreicher, welche wegen ihrer wahnsinnigen Wildheit von ihresgleichen nicht geduldet und aus den Herden ausgestoßen werden. Von ihnen sagt der Sudanese: „Wenn du eine Herde Büffel erblickst, so flieht sie vor dir; findest du mehrere Büffel, so brauchst du sie nicht zu fürchten; begegnest du aber einem einzelnen, so sei Gott dir gnädig!“
Und ein solcher einzelner, ein solcher Umherstreicher war es, der so plötzlich seinen dicken Kopf mit den mächtigen Hörnern und niederhängenden Ohren durch die Zweige steckte. Die Feuer hatten, anstatt ihn zu verscheuchen, ihn vielmehr herbeigelockt. Sie erregten seinen Grimm. Er sah die Männer und die Kamele und wollte sich auf sie stürzen, gerade als der Elefantenjäger ihm die beiden Kugeln entgegenschickte. Sie trafen ihn zwar, aber nur leicht. Er stand einen Augenblick unbeweglich, wie erstaunt, daß man es gewagt habe, an Gegenwehr zu denken, dann senkte er den Kopf und warf sich unter wütendem Gebrüll vorwärts.
„Rette dich hinter den Baumstamm!“ rief Schwarz dem Araber zu.
Es bedurfte dieser Aufforderung gar nicht, denn der Jäger war bereits hinter der Homrah verschwunden. Der Deutsche aber blieb kaltblütig stehen, das Gewehr in der Hand. Schon senkte das Tier den Kopf, um ihn mit den Hörnern zu fassen, da sprang Schwarz blitzschnell zur Seite, seine Schüsse krachten – der Büffel stand wie vom Schlag getroffen, unbeweglich; ein Zittern ging durch seine mächtigen Glieder, seine kolossale Gestalt, dann brach er auf demselben Fleck zusammen, auf welchem die Kugeln des Deutschen ihm Halt geboten hatten.
Dieser letztere war nicht von der Stelle gewichen. Um das zu wagen, mußte er seines Schusses außerordentlich sicher gewesen sein. Er griff in die Patronentasche, lud von neuem und sagte dabei zu dem Araber in so ruhigem Ton, als ob es sich nur um die Tötung einer Fliege gehandelt habe: „Du kannst nun wiederkommen, denn er ist tot.“
„Tot?“ fragte der andere, indem er sehr vorsichtig nur die Nase sehen ließ. „Das ist nicht möglich!“
„Überzeuge dich!“
„So habe ich ihn also doch gut
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