26 - Die Sklavenkarawane
ich vermeiden.“
„Hm! Daran habe ich freilich noch nicht g'dacht.“
„Und noch eins. Auf dem Fluß haben wir ihn so, daß er uns nicht entkommen kann. Lassen wir ihn aber landen, so herrscht bei uns zwar gar kein Zweifel darüber, daß wir ihn besiegen, aber es ist mit größter Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß er flieht, sobald er seine Sache verloren sieht. Was nur dann? Ich will ihn fangen; ich muß ihn persönlich haben, um ihn dem Mudir von Faschodah zu schicken.“
„Sehr richtig! Hören S' mal, Sie sind doch aan andrer Kerl als ich! Auf meine Fachwissenschaft versteh' ich mich schon gut, aber mit dera Strategie, da tat' es wohl g'waltig hapern. Sie hätten Off'zier werden sollen. Vielleicht wären S' jetzt schon Oberst oder gar noch mehr!“
„Danke! Ich habe meine Pflicht als Soldat getan; im übrigen bin ich mit meinem Zivilberuf ganz zufrieden.“
„So! Also Soldat sind S' gewesen? Ich nit.“
„Doch nicht als untermäßig oder zu schwach? Sie haben über die erforderliche Länge und sind wohl auch gesund gewesen.“
„Gesund wie der Fisch im Wasser, und auch lang g'nug. Ich hab' ganz g'wiß glaubt, daß man mich nehmen wird, und doch bin ich loskommen.“
„Aus welchem Grund denn?“
„Das fragen S' mich? Sehen S' das denn nit?“
„Nein“, antwortete Schwarz ganz aufrichtig, indem er die Gestalt Pfotenhauers mit einem prüfenden Blick überflog.
„Sie haben halt keine Augen. Freilich, der Grund, um den sich's g'handelt hat, ist auch mir sehr sonderbar vorkommen, aber meine Verwunderung hat nix dran ändern können. Nämlich als ich bei dera Militärkommission erschienen bin, so haben die Herren erst mich ang'schaut, dann sich ang'schaut, nachher wiederum mich und wiederum sich, und endlich sind s' in a Gelächter ausg'brochen, welches gar nicht hat enden wollen. Ich hab' dag'standen wie der Milchbub', der den Topf zerbrochen hat, und mein G'sicht wird wohl nit allzu klug' dreing'schaut haben, denn sie haben immer wieder von neuem g'lacht, bis endlich der Vorsitzende, welcher Major g'wesen ist, aufstand, zu mir herankam, mich im G'sicht gestreichelt und freundlich zu mir g'sagt hat, daß ich gehen kann und für immer frei bin.“
„Aber den Grund, den Grund! Hat er Ihnen den nicht genannt?“
„Freilich hat er ihn mir g'nannt. Er hat den Zollstab vom Tisch genommen und drei Viertelstunden lang mit demselben an meiner Nas' herumg'arbeitet. Dann hat er g'sagt: ‚Es geht nit; es geht wirklich nit; es geht beim besten Willen nit! Dieser Rekrut tät' seinem Vordermann mit dera Nas' das G'nick einstoßen! Und doppelten Abstand nehmen wegen ihm, das kann man auch nicht tun; er brächt' das ganze Regiment aus dem ‚Augen rechts, richt't euch!‘ heraus. Und wann er rechtsumkehrt machen muß, so dauert es drei volle Stunden, eh' er die Nas' herumbringt. Wir müssen ihn laufen lassen.‘ So hat der Major g'sagt, und folglich hab ich's nur meiner Nas' zu verdanken, daß ich Anno Sechsundsechzig oder siebzig nit mit derschossen worden bin.“
Er erzählte das mit einem so vergnügten Lachen, daß Schwarz in dasselbe einstimmte.
„Da lachen S' auch?“ fuhr er fort. „Damals ist mir's freilich nit wie lachen g'wesen, denn ich hab' mich für einen Mordskerl und Adonis g'halten. Heute laß ich's gelten. Ich hab' meine Nas' und bin mit ihr zufrieden, zumal ich überzeugt bin, daß aus mir kein großer Kriegsheld g'worden wär'. Das seh' ich eben jetzt grad ein, wo Ihr Plan zehnmal klüger ist, als der meinige war. Ja, wir müssen Abu el Mot zu Schiff angreifen. Er wird sich wundern, wenn er die Kanone donnern hört. Aber haben S' denn jemand, der sie zu behandeln versteht?“
„Ja. Er ist ein Mann, auf den ich mich in dieser Beziehung verlassen kann.“
„Wer?“
„Ich selbst.“
„Sie? Auch mit Kanonen können S' schießen? Sie scheinen geradezu alles g'lernt zu haben!“
„Wenn auch das nicht, aber ein Geschütz weiß ich zu laden, zu richten und auch abzufeuern. Ich war Einjähriger bei der Artillerie.“
„So! Dann will ich's glauben. Ich aber versteh' von dera Artillerie soviel wie nix. Ich glaub', ich stellt' mich vor den Lauf, wenn ich abdrücken sollt'. Doch weiter jetzt mit unserm Plan! Was werden S' denn tun, wann wir Abu el Mot und auch den Feldwebel haben?“
„Die Antwort ist sehr leicht zu geben. Wir erwarten am Maijeh, wo jetzt der Feldwebel lagert, welchen Ausgang die Ghasuah nach Ombula nimmt. Mag dieser Zug gelingen oder nicht, so muß Abd el Mot
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