26 - Die Sklavenkarawane
bringen.
Kaum wurde das von den Noqers bemerkt, so ertönte die Stimme des Schnarchers durch die Nacht: „Ja radschal, flajik linahr – auf, Ihr Männer, die Boote ins Wasser! Arbeitet, macht, macht! Soll die Dahabiëh uns zum Gelächter machen? Schnell, eilt, ihr Söhne, ihr Gelobten, ihr Fleißigen! Oder wollt ihr schlafen, ihr Söhne von Hunden, ihr Taugenichtse!“
Bald hatten sich die Boote auch vor die beiden Noqer gespannt, und nun gingen die Schiffe schneller vorwärts, wenn auch nicht so, als wenn sie von einem guten und günstigen Wind getrieben worden wären. Die Ruderer, deren Arbeit eine sehr anstrengende war, wurden in zwei Wachen geteilt, welche einander stündlich ablösten.
Im vorderen Boot saß der Ungar, dessen hochroter Frack im Schein des Bugfeuers leuchtete. Seine Stimme war stets zu hören; seine bewegliche Zunge ruhte keinen Augenblick, und es klang gar sonderbar, wenn er wieder und immer wieder kommandierte: „Tabor, lakuddam! Kuli el ordi, biladschel, mudschtahid, mudschtahid – Bataillon vorwärts, vorwärts! Ganzes Armeekorps, schnell, fleißig, fleißig!“
So ging es durch die ganze Nacht. Als Schwarz nach kurzem Schlaf früh aufstand, meldete ihm der Raïs, daß man mit den Ruderern zufrieden sein könne. Sie befanden sich jetzt wieder an Bord, denn mit der Sonne hatte sich ein neuer Wind erhoben, welcher die Segel prächtig schwellte und die bisherige Nachhilfe unnötig machte. Die Leute, welche sich während der Nacht so angestrengt hatten, lagen jetzt unter ihren Decken, um die versäumte Ruhe nachzuholen.
VIERZEHNTES KAPITEL
Kanonendonner
Während Schwarz mit dem ‚Vater des Storches‘ beim Kaffee saß, kam der ‚Sohn des Geheimnisses‘ zu ihnen und bat in bescheidenem Ton: „Effendi, erlaube mir, dich auf etwas, was du vielleicht vergessen könntest, aufmerksam zumachen!“
„Nun?“ fragte Schwarz.
„Du hast in den letzten Stunden geschlafen und weißt also nicht, wie weit wir vorwärts gekommen sind. Auch kennst du den Fluß noch nicht, und so muß ich dir sagen, daß wir gleich die Schilffelder erreichen werden, von denen gestern abend der Scheik der Dschur sprach. Vor diesem Omm Sufah hat Abu el Mot ganz sicher liegenbleiben müssen. Er konnte erst mit Aufgang der Sonne weiter, und auch das nur sehr langsam, da er seinen Schiffen das Schilf aus dem Weg räumen muß; darum ist es gewiß, daß wir ihm nahe sind.“
„Dieser Ansicht bin ich auch.“
„Soll da nicht vielleicht ein kleines Boot vorangehen, um nach ihm auszuschauen?“
„Ja. Dieser Vorschlag ist gut. Willst du das übernehmen?“
„Ich und mein Freund sind bereit dazu.“
„So nehmt das kleinste Boot, welches nicht leicht bemerkt werden kann!“
Wenige Minuten später schoß der leichte Kahn vom Schiff ab, um die ihm gestellte Aufgabe zu erfüllen. Dann kam der Beweis, daß der ‚Sohn des Geheimnisses‘ den Nil genau kannte. Mächtige Omm-Sufah-Felder bedeckten seine ganze Breite, ursprünglich kaum so viel Raum lassend, daß ein kleines Boot sich hindurchwinden konnte; jetzt aber war eine breite Bahn frei geworden, auf welcher man den Kahn der beiden Freunde um die nächste Krümmung verschwinden sah. Der Raïs deutete auf diese offene Bahn und sagte: „Gestern noch ist sie zu gewesen. Abu el Mot hat sie brechen müssen. Wir folgen ohne Arbeit hinterdrein, und ich denke, daß wir ihn bald zu sehen bekommen werden.“
Seine Voraussetzung bewahrheitete sich schneller, als er vielleicht selbst gedacht hatte, denn als kaum eine Viertelstunde vergangen und man aus der Omm Sufah herausgekommen war, kehrte der Kahn zurück, und der ‚Sohn des Geheimnisses‘ rief herauf: „Laß die Segel fallen, Effendi! Wir haben die Schiffe gesehen. Wenn du weiterfährst, wirst du von ihnen bemerkt.“
„Sind sie im freien Wasser?“ fragte Schwarz.
„Nein. Sie befinden sich abermals an einem Rohrfeld, durch welches sie müssen. Es können drei Stunden vergehen, bevor sie sich Bahn gebrochen haben.“
„Gut! So lassen wir die Segel und Anker fallen und sehen uns die Schiffe einmal an.“
Die drei Fahrzeuge manövrierten so, daß sie dicht nebeneinander zu liegen kamen, was den Verkehr und die Verständigung bedeutend erleichterte. Dann bestiegen Schwarz, Pfotenhauer, Hasab Murat, Abd es Sirr und Ben Wafa ein Boot, um zu rekognoszieren.
Sie ruderten zwischen so hohem Schilf dahin, daß sie in demselben vollständige Deckung fanden; die offene Mitte des Flusses aber mußten sie vermeiden, wenn
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