26 - Die Sklavenkarawane
welchen jetzt die beiden Schiffe segelten. Man konnte die Decks nicht sehen, da dieselben durch die tief herabgehenden Hintersegel verborgen wurden.
„Wir sehen sie nit und sie uns nit“, sagte der ‚Vater des Storches‘, der mit heraufgekommen war. „Nun glaub' ich auch, daß wir ihnen zum Handreichen nahe sein werden, bevor sie uns bemerken. Das wird aan Schreck' für sie, den ich nit haben möcht'!“
Auf den drei Fahrzeugen herrschte lautlose Stille. Wenn ja zwei miteinander sprachen, so taten sie das flüsternd. Es geht jedem Kampf eine solche Stille voran. Desto lauter wird es dann, wenn die Feindseligkeiten begonnen haben.
Schwarz hatte den Befehl gegeben, Abu el Mot womöglich nicht zu töten, und demjenigen, der ihn lebendig fangen und ihm überbringen werde, eine entsprechende Belohnung versprochen. Nun war das Augenmerk jedes darauf gerichtet, sich womöglich diese Prämie zu verdienen.
Jetzt hatten der Sandal und der Noqer den offenen Kanal passiert, und die Dahabiëh fuhr in denselben ein. Sie kam den beiden Fahrzeugen schnell näher. Abu el Mot sah erst jetzt, daß sich ihm nach kurzer, offener Strecke wieder ein neues Schilffeld in den Weg legte. Er befahl infolgedessen, die Segel abermals einzuziehen und die Anker zu werfen. Er saß rauchend bei seinen fünf Homr-Arabern, den Gefährten seiner Untaten, die damals nach dem verunglückten Überfall an der Quelle des Löwen glücklich mit ihm entkommen waren. Sie hatten von ihrem Vorhaben, den Feldwebel zu überfallen und zu züchtigen, gesprochen; es war ihnen jede Minute kostbar, und nun wurde der Lauf ihrer Schiffe schon wieder von dem dichten Schilf aufgehalten! Es gab zwar eine Bahn durch dasselbe, aber diese war nur für einen Kahn, nicht aber für größere Fahrzeuge breit genug. Der Schnabel seines Sandal war gerade auf dieselbe gerichtet gewesen und fuhr, ehe der Anker Grund faßte, ein Stück hinein, rechts und links das Rohr auseinanderdrängend. Der Noqer kam hinterdrein und legte rechts von dem Sandal bei, während die Segel aus dem Wind fielen.
Dadurch wurde der Blick nach hinten wieder frei, und nun hörte Abu el Mot zu seinem Erstaunen den Ruf des Raïs: „Ein Schiff hinter uns! Eine Dahabiëh! Allah 'l Allah, wer kann sich das denken!“
Er sprang auf und seine Homr mit ihm, um das so unerwartet erschienene Schiff zu sehen. Daß hinter demselben zwei Noqers kamen, konnte man nicht bemerken, da die Dahabiëh sie vollständig deckte.
Kaum hatte Abu el Mot sein Auge auf das Fahrzeug geworfen, so entfärbte er sich.
„Kuli mlajiki wa scheïatin – alle Engel und Teufel!“ rief er erschrocken, „das ist eine Dahabiëh des Vizekönigs!“
„Unmöglich!“ antwortete einer der Homr. „Wie kannst du das behaupten?“
„Bist du blind? Siehst du nicht das Wappen vorn am Bug, die Pyramide mit der Sphinx? Und, bei Allah, es sind Soldaten auf derselben!“
„Was wollen sie?“
„Weiß ich es denn? Uns gilt diese Fahrt der Dahabiëh jedenfalls nicht. Wir haben nichts zu befürchten, solange der Offizier nicht weiß, daß ich Abu el Mot bin.“
„Wenn man es ihm nun verrät?“
„Wer sollte das tun? Ihr nicht, die Nuehr nicht, weil sie sonst als Leute von mir ergriffen würden, und die Schiffer, die ich gut bezahle, auch nicht. Und so denke ich, daß – – – Allah akbar! Es kommt noch ein Schiff hinterher und dann gar ein drittes! Zwei Noqer! Das ist ja eine wirkliche Amara!“
„Laß sie! Du sagst ja selbst, daß es nicht uns gilt.“
„Das sagte ich, doch – doch – – – Himmel und Hölle! Ich müßte mich sehr irren, wenn es nicht doch mir gälte! Diese beiden Noqer kenne ich sehr genau. Sie gehören meinem Todfeind Hasab Murat auf der Seribah Madunga. Wie kommt er, der Sklavenjäger, mit einem Regierungsschiff zusammen? Sollten sie ihn auf einer Ghasuah ertappt und ihm die Noqer weggenommen haben! Seine Leute kennen mich; sie werden mich verraten.“
„So versteck dich!“
„Das bringt keinen Nutzen, denn der Offizier wird zu uns kommen und alles untersuchen. Ich leugne, solange es geht, und dann wehren wir uns. Macht euch zum Kampf fertig! Seht, da ist die Dahabiëh. Sie will sich links neben uns legen, und hinter uns werfen die Noqer die Anker. So bleibt im Notfall immer noch Rettung an das linke Ufer, dem wir nahe genug liegen. Ich werde antworten, wenn er fragt. Sagt den Nuehrs, daß sie sich bereithalten sollen! Zum Teufel, daß wir so wenig Feuergewehre und fast gar kein Pulver bei uns
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