26 - Die Sklavenkarawane
zwingen. Sein Blick fiel ganz zufälligerweise nach einer anderen Seite, als wohin er den Lauf zu richten hatte, und da sah er das Boot, welches soeben hinter der Spitze des Sandals hervor- und in den zwischen dem Schilf liegenden engen Wasserweg hineinschoß. Sofort die Situation erkennend, beeilte er sich, zu laden. Und ebenso schnell kam ihm der Gedanke, daß er, falls seine Kugel nicht treffe, das Boot mit der zweiten kaum mehr erreichen werde. Darum rief er mit lautester Stimme zum Ufer hinüber: „Hasab Murat, hallo! Dort entflieht Abu el Mot mit einem Boot. Spring mit deinen Leuten aufwärts, und gib ihm und den Homr die Kugeln. Schone ihn ja nicht mehr!“
Der Genannte hatte die Worte gehört und verstanden. Man sah ihn mit allen seinen Leuten fortrennen.
Aber das war für Schwarz nicht genug. Er rief dem ‚Sohn der Treue‘ zu: „Abd es Sirr, schnell mit deinen Leuten in euer Boot! Hier am Sandal vorüber, den Flüchtigen nach! Stephan Uszkar, nimm fünf gute Schützen und steig mit ins Boot. Holt ihr Abu el Mot ein, so bringt ihn lebendig oder tot. Müßt ihr ihn aber entkommen lassen, so treibt ihn wenigstens an das rechte Ufer hinüber, und sucht sein Boot zu erwischen. Schnell vorwärts, schnell!“
Das Boot der Niam-niam hing seitschiff s an der Dahabiëh. Die Schwarzen sprangen hinein, der ‚Sohn des Geheimnisses‘ voran. Der Slowak folgte schnell mit der angegebenen Zahl von Soldaten, die er aufgerufen hatte.
Inzwischen war die Drehbasse geladen. Schwarz richtete sie in gerader Linie nach dem fliehenden Boot, schätzte mit sicherem Blick die Geschwindigkeit desselben ab, zielte ein wenig darüber hinaus und zog ab. Der Schuß krachte. Den Blick auf das Boot gerichtet, erwartete er die Wirkung. Er hatte vortrefflich gezielt; aber er kannte das Geschütz und die Munition nicht genau, und das Zielobjekt war zu klein. Die Kugel schlug hart neben dem Boot, kaum sechs Fuß von demselben entfernt, in das Wasser, welches man hoch aufspritzen sah.
Zugleich war zu sehen, daß die Homr erschraken und ihre Anstrengungen verdoppelten. Schwarz lud schnell wieder, zielte und schoß. Die Kugel schlug hinter den Fliehenden ein, rikoschettierte nahe an ihnen vorüber und sank nach dem dritten Sprung unter. Der Deutsche versuchte noch einen dritten Schuß, erreichte aber das Boot nicht mehr.
Unterdessen hatten die Niam-niam ihr Boot an dem Bug das Sandal vorübergeschoben. Es war so schnell bemannt und in Fahrt gesetzt worden, daß es schon bei dem zweiten Schuß Schwarzens den Kanal erreicht hatte, und die Jagd begann. Die Niam-niam waren bessere Ruderer als die Araber. Wie unter dem Druck ihrer Riemen das Boot davonflog, war vorauszusehen, daß sie Abu el Mot einholen würden, falls er nicht rechtzeitig sich nach dem Ufer wendete.
Der alte Sklavenräuber war, als die Kugel neben dem Boot einschlug, in keine geringe Angst geraten.
„Rudert, rudert!“ schrie er auf. „Der Hund schießt mit der Kanone auf uns. Er zielt wie ein Teufel. Macht, macht, sonst sind wir verloren! Wenn er uns trifft, so bekommt das Boot ein Loch, und die Krokodile fressen uns!“
Als die nächste Kugel an ihnen vorüberflog und das Wasser zweimal aufspritzen machte, wiederholte er diesen Ruf, aber als die dritte das Boot nicht erreichte, jubelte er auf: „Hamdullillah! Wir sind gerettet; er kann uns nicht mehr erreichen.“
Bald hatten sie das Schilffeld durchfahren, und der Strom lag frei und offen vor ihnen.
„Rechts hinüber!“ gebot er den Homr. „Drückt die Ruder links tiefer ein! Wir landen dort und machen, daß wir schnell zu Abd el Mot kommen. Mit seinen fünfhundert Mann sind wir diesem fremden Hund überlegen.“
Aber kaum hatte er dem Boot die angegebene Richtung erteilt, so tauchte drüben Hasab Murat mit seinen Leuten auf. Dieser Mann hätte sich verbergen und Abu el Mot herankommen und aussteigen lassen sollen, um ihn dann lebendig zu ergreifen, was ihm bei der großen Anzahl Asaker, die er bei sich hatte, unbedingt gelingen mußte. Aber er war zu eifrig, ließ sich sehen und schoß auf das Boot.
„Allah!“ rief der Alte. „Da hat der Fremde diese Hunde auf uns gehetzt. Wir können nicht landen. Aber bald wird der Wald so dicht, daß sie uns nicht folgen können. Arbeitet, daß wir einen Vorsprung bekommen! Dann gehen wir ans Ufer, und sie mögen hinter uns hersehen.“
Er hielt wieder auf die Mitte des Stroms zu, wo ihn die Kugeln der Asaker nicht erreichen konnten. Dadurch erhielten die rückwärts
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