26 - Die Sklavenkarawane
zu nehmen. Dort ließ er ihn allein, überzeugt, daß der Schwarze von dem ihm ungewohnten und sehr starken Traubenbranntwein schnell einen tüchtigen Rausch bekommen und dann in tiefen Schlaf versinken werde.
„Dieser Besitzer der Filaria wird den Feldwebel heute nit warnen“, sagte Pfotenhauer, welcher zugehört und zugesehen hatte. „Er wird schlafen bis in den späten Tag hinein.“
„Das beabsichtige ich“, antwortete Schwarz. „Ich wollte ihm nicht gern Zwang antun und habe mit dem Araki das gleiche Ziel erreicht.“
„Also ist Abu el Mot da drüben in einem Dorf g'wesen. Nun ist's klar, daß er oberhalb über den Fluß gehen und sich nach Ombula wenden wird. Vielleicht kommen wir dort noch vor ihm an!“
„Ich hoffe es. Zwar werden wir diese Nacht am Maijeh zubringen, aber Abu el Mot muß auch schlafen und kann nicht in der Dunkelheit seinen Weg fortsetzen.“
„Leider müssen wir zu Fuß hinauf. Das wird langsam gehen.“
„Aber doch schneller, als Abu el Mot laufen wird. Er ist, da er mit uns Schritt gehalten hat, von gestern an bis jetzt die ganze Nacht hindurch gegangen, was ungeheuer beschwerlich gewesen sein muß; eine zweite Nacht wird er es nicht versuchen, denn er muß sehr ermüdet sein. Wir aber sind frisch und munter und können also gut marschieren. Mehrere von uns können sich doch auch mit Hilfe der Tiere, welche wir bei dem Feldwebel finden werden, beritten machen.“
„Wann überfallen wir diesen?“
„Nicht eher, als bis es dunkel geworden ist. Er darf uns natürlich nicht kommen sehen.“
„Gehen wir zu Fuß?“
„Nur den halben Weg. Wir rudern in den Booten über den See bis an den Eingang des Maijeh, den der ‚Sohn des Geheimnisses‘ uns zeigen wird. Dann steigen wir aus, und der Onbaschi wird uns am Ufer des Maijeh hin nach dem Lager des Feldwebels führen. Sehen Sie sich einmal diesen Abaka-Neger an!“
Als der Graue in den Winkel blickte, sah er den Schwarzen mit geschlossenen Augen und verklärtem Gesicht lang hingestreckt dort liegen. Er hatte den Araki in einem einzigen Zug hinuntergegossen, und der Rausch war nun viel schneller über ihn gekommen, als Schwarz gedacht hatte.
„Der schläft gut und bis morgen früh“, lachte der Graue. „Es ist g'wiß, daß er uns keinen Schaden tut.“
Während der Schwarze gefangen wurde und der Vorbereitungen zum Aufbruch war der Tag vollends vergangen, und der Abend hatte sich auf den gewaltigen Strom gesenkt. Die Boote lagen klar, und die für den Überfall ausgewählten Männer standen zum Aufbruch bereit.
Kurz nach der Dämmerung leuchten die Sterne noch nicht so hell wie später, und der Mensch, welcher sich in einer wilden Gegend befindet, erwartet einen etwaigen Überfall gewöhnlich erst nach Mitternacht. Darum hatte Schwarz diese frühe Stunde gewählt. Die Leute stiegen in die Boote, und man stieß von den Schiffen ab.
Der ‚Sohn des Geheimnisses‘, welcher den See kannte, steuerte das erste Fahrzeug. Die andern folgten so eng hintereinander, daß sie einander nicht verlieren konnten. Es ging über die breite Wasserfläche hinüber, bis sich die Ufer den Männern in unheimlicher Dunkelheit entgegenstellten.
Das Landen war nicht leicht; es gab dichtes Schilf in Menge, durch welches sich die Boote mühsam arbeiten mußten, ohne allzuviel Geräusch zu verursachen; das nahm sehr viel Zeit weg, wurde aber endlich doch zustande gebracht.
Nun stellte sich Schwarz mit Pfotenhauer an die Spitze, den Onbaschi in der Mitte. Es war allerdings zu vermuten, daß er sich vor dem Feldwebel nicht sehen lassen werde; aber es lag in der Möglichkeit, daß er die stille Absicht hegte, die Flucht zu ergreifen und nach Ombula zu Abu und Abd el Mot zu entkommen. Drum hatten die beiden nicht nur scharfe Augen auf ihn, sondern sie nahmen auch so enge Fühlung mit ihm, daß sie es gemerkt und also Zeit zum schnellen Zugreifen bekommen hätten, wenn er sich mit einer raschen Bewegung hätte entfernen wollen. Doch dieses Mißtrauen war glücklicherweise überflüssig. Er zeigte sich jetzt und auch später als vollständig zuverlässig.
Die Leute hatten jetzt den See hinter sich und standen, von diesem aus gerechnet, am rechten Ufer des Maijeh. Ein nicht allzu breiter Baumschlag, außerhalb von einzelnen Büschen umstanden, zog sich rund um denselben. Der Onbaschi führte die möglichst lautlos sich verhaltende Schar zwischen den Bäumen hindurch zu den Büschen, wo sie den freien Himmel über sich und ein leichteres Fortkommen
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